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Elfen wie Stahl

Elfen wie Stahl

Titel: Elfen wie Stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Evans
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stand. Sie war eigentlich sehr geschickt darin, die Gegenwart von anderen zu registrieren, doch die alte Frau
war neben sie getreten, so substanzlos wie ein Schatten in einer mondlosen Nacht.
    Â»Hart mit wem?«, erkundigte sich Visyna und zuckte zusammen, als der zweite Schlag einen roten Striemen quer über dem Rücken des Soldaten hinterließ. Er hob kurz die Schultern, und sein Kopf ruckte vor und zurück, aber kein Laut kam über seine Lippen. Der Auspeitscher wirkte weit mehr erschüttert; er schwankte und sah aus, als würde ihm gleich schlecht.
    Â»Mit ihnen allen«, erwiderte Rallie und deutete auf das Regiment. »Das Leben als Soldat ist hart. Die meisten von ihnen sind ungebildete Plünderer, Diebe, Säufer und Schlimmeres. Und das sind nur die Offiziere, wohlgemerkt!«
    Visyna stieß unwillkürlich ein kurzes Lachen aus. Einige der Muraphantentreiber ihres Vaters sahen sie schockiert an.
    Â»Das ist nicht lustig!«, erwiderte Visyna und starrte erst die Treiber und dann Rallie böse an.
    Die alte Frau hatte ihre Kapuze heruntergezogen, sodass ihr ungebärdiges graues Haar ihren Kopf wie eine Wolke umgab und ein wettergegerbtes Gesicht enthüllte, das so zäh war wie Baumrinde. In der einen Hand hielt sie ein kleines geöffnetes Buch, das in Leder gebunden war, und in der anderen Hand einen Federkiel. Sie lächelte nicht, aber die Belustigung in ihrer Stimme war unüberhörbar.
    Â»Das ist es nie, und dennoch ist es einer der absurdesten Widersprüche in der heutigen Welt. Sehen Sie sich die Leute an«, sagte Rallie und deutete mit ihrem Federkiel auf das Regiment. »Die meisten von ihnen sind noch jung, und ich möchte wetten, dass die meisten von ihnen öfter gespaltene Schädel als das Innere eines Boudoirs gesehen haben. Sie wurden dafür ausgebildet zu töten, zu hacken und zu zerfetzen, und manchmal bedarf es rauer Maßnahmen, sie unter
Kontrolle zu halten. Wir schaffen mit ihnen in gewisser Weise Monster, aber wir brauchen sie; und manchmal brauchen wir sie auch gemein und herzlos, Jungs und abgebrühte Schläger, die zwischen uns und den Monstern stehen, die wir nicht geschaffen haben.« Rallie nickte, angetan von ihren Worten, und begann zu schreiben.
    Â»Also verzeihen Sie ihnen das?«, erkundigte sich Visyna ernsthaft überrascht. Sie kannte viele Berichte von Rallie und hatte immer gedacht, dass ihr mehr an dem Wohlergehen der Soldaten läge.
    Rallie blickte von ihrem Notizbuch hoch und zuckte mit den Schultern. »Es spielt keine Rolle, ob ich das tue oder nicht. Meine Aufgabe ist es aufzuzeichnen, was ich sehe, damit meine Leser und Hörer verstehen, was hier draußen vorgeht.« Sie betrachtete Visyna unter ihrem zerzausten Haarschopf. Ihre blauen Augen waren klar und starr. »Letztlich ist die Feder stärker als die Muskete. Es könnte sein, dass meine Leser irgendwann entscheiden, dass es bessere Wege gibt als den hier«, meinte sie und kehrte dem Spektakel des Auspeitschens den Rücken. »Ich wäre nicht enttäuscht, wenn sie es täten«, fuhr sie fort, als sie langsam die Lichtung verließ.
    Â»Schließt das auch ein, ihnen ein Licht aufzustecken, wie ungerecht es ist, andere Völker zu unterdrücken?«, erkundigte sich Visyna, als es zum dritten Mal klatschte. Der Schmerz des ausgepeitschten Elfs war fühlbar, selbst ohne ihre Fähigkeiten. Sie empfand den Drang, auch den nächsten Streich zu beobachten, zwang sich jedoch dazu, stattdessen der alten Frau zu folgen.
    Â»Es ist das geringere von zwei Übeln, denke ich«, erwiderte Rallie, die sich immer weiter von dem Regiment entfernte. »Das Imperium ist trotz seiner Arroganz und Gier im Grunde am Wohlergehen aller Rassen interessiert.« Sie hob die Hand,
bevor Visyna widersprechen konnte. »Ja, Liebes, das rechtfertigt sein Verhalten nicht, ich weiß, und hätten wir eine einfachere Zeit, würde ich Sie in Ihrem Bemühen von ganzem Herzen unterstützen. Aber wir haben keine einfache Zeit.«
    Â»Sie würden mich in meinen Bemühungen unterstützen?«, erkundigte sich Visyna, der plötzlich kalt wurde. Sie sah sich um, ob jemand etwas gehört hatte, aber natürlich schlenderten sie allein an den Schlingpflanzen entlang.
    Jetzt lächelte Rallie und rieb sich mit dem Federkiel die Nase. »Meine kleine Hexe, Sie haben ein gutes Herz und einen starken Verstand, aber Sie

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