Elfenbann
dann die Augen auf. »Mann, hoffentlich ist er nicht besser als ich!«
David verdrehte die Augen, aber er grinste dabei. »Das denken immer alle von dir«, sagte er.
»Hör zu«, sagte Laurel Chelsea ins Ohr. »Ich weiß selbst noch nichts, ich muss erst mit ihm reden, okay?«
»Du erzählst es mir aber, nicht wahr?«, fragte Chelsea.
»Mache ich doch immer, oder nicht?« Laurel schmunzelte.
»Heute Abend?«
»Mal sehen«, antwortete Laurel, drehte Chelsea an den Schultern um und schob sie zu Ryan. »Geh!« Chelsea streckte ihr noch die Zunge heraus, ehe sie sich unter den Arm ihres Freundes duckte.
Laurel schüttelte den Kopf und wandte sich David zu. »Ein gemeinsamer Kurs ist einfach viel zu wenig«, sagte sie gespielt streng. »Wer hat sich das eigentlich ausgedacht?«
»Ich bestimmt nicht«, versicherte ihr David. Dann gingen sie in den Klassenraum und setzten sich nebeneinander nach hinten.
Nach allem, was an diesem Tag bereits passiert war, hätte es Laurel wirklich nicht wundern müssen, als Tamani ebenfalls zum Rhetorik-Kurs erschien. David war alles andere als begeistert, doch als Laurels ehemaliger Bewacher sich ganz nach vorn setzte, mehrere Reihen entfernt, entspannte er sich wieder.
Es sah nach einem langen Schuljahr aus.
Zwei
M it einem heftigen Seufzer warf Laurel ihren Rucksack auf den Küchentresen. Vor dem Kühlschrank blieb sie stehen und betrachtete den Inhalt, ehe sie wegen ihrer offensichtlichen Verzögerungstaktik mit sich selbst schimpfte. Schließlich nahm sie eine Nektarine heraus, und wenn es nur dazu diente, den Blick in den Kühlschrank zu rechtfertigen.
Sie ging zur Hintertür und starrte wie so oft auf die Bäume hinter ihrem Haus – auf der Suche nach den Elfen, die dort die ganze Zeit lebten. Manchmal redete sie auch mit ihnen oder versorgte sie mit Zaubertränken und Pulvern, die ihrer Verteidigung dienten. Sie wusste nicht, ob die Wachposten wirklich etwas damit anfangen konnten, doch immerhin lehnten sie sie nicht ab. Es gab ihr ein gutes Gefühl, ihnen helfen zu können, zumal die Bewachung ihres Hauses sie aus ihrem Alltag gerissen hatte.
Andererseits erschien sie ihr kaum noch nötig, da bereits seit einem Jahr kein Ork mehr gesichtet worden war. Am liebsten hätte sie ihnen vorgeschlagen, nach Hause zu gehen, aber das war keine gute Idee, das wusste sie. Jamison hatte sie gewarnt. Orks schlugen mit Vorliebe zu, wenn ihr Opfer am verletzlichsten war, das hatte auch die Vergangenheit mehrmals gezeigt. Ob es ihr nun gefiel
oder nicht, zumindest im Augenblick war es wahrscheinlich am sichersten, wenn die Wachposten blieben.
Laurel ging durch die Hintertür in den Wald. Wo sie Tamani genau treffen sollte, war ihr unklar, aber er würde sie finden, wie immer. Sie blieb ruckartig stehen, als sie um eine Buscheiche herumging und er plötzlich dastand und mit Gewalt einen Schuh vom Fuß schleuderte. Er kehrte ihr den Rücken zu, das T-Shirt hatte er schon ausgezogen. Laurel sah ihn sprachlos an. Die Sonne schien durch das Kronendach und tauchte seine braune Haut – die viel dunkler war als Davids – in ein warmes Licht, als er sich bückte und an dem störrischen Schnürsenkel des zweiten Schuhs zerrte. Mit einem leisen Fluch löste er ihn und kickte ihn an den Stamm einer Zypresse.
Als wäre er von Fußschellen statt von Anziehsachen befreit, entspannte Tamani die Schultern und seufzte laut. Obwohl er nach menschlichem Maßstab eher klein war, hatte er schlanke lange Arme. Er streckte sich und breitete sie weit aus, bis seine breiten Schultern wie der obere Schenkel eines Dreiecks wirkten, das sich zu seiner Taille verjüngte, wo die Jeans locker auf den Hüften saß. Das Sonnenlicht fing sich in den Ecken und Kanten seines Rückens, und einen Augenblick lang hatte Laurel glatt das Gefühl, sie könnte sehen , wie er die nahrhaften Strahlen aufsog. Sie müsste sich langsam bemerkbar machen, doch sie zögerte.
Spätestens als er die Hände auf die Hüften legte und das Gesicht himmelwärts hob, merkte Laurel, dass sie etwas sagen sollte, bevor er sich weiter auszog. Sie räusperte sich leise.
Die Sonne warf goldene Funken auf Tamanis Haare, als er sich blitzschnell umdrehte, auf alles gefasst. »Du bist es«, sagte er erleichtert. Doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck. »Wie lange stehst du schon da?«
»Nicht lange«, antwortete Laurel rasch.
»Eine Minute?« Er wollte es genau wissen. »Zwei?«
»Äh, ungefähr eine, würde ich sagen.«
Tamani
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