Elfenbann
sollten wir die ganze Zeit zusammen bleiben. Die Orks haben Laurel schon früher über den Duft ihrer Blüte aufgespürt und wir werden nach Sonnenuntergang draußen sein. Höchste Vorsicht ist geboten. Die Hoffnung auf einen ereignislosen Abend müssen wir dennoch nicht aufgeben.«
»Na toll.« Chelsea verdrehte die Augen.
»Angenehm ereignislos«, sagte Tamani und lächelte. Das Menschenmädchen gefiel ihm immer besser. Er
holte sein Handy heraus, um auf die Uhr zu sehen. »In einer Viertelstunde hole ich Yuki ab.«
»Und meine Mutter kann jeden Moment hier sein, um mit mir ein paar elfenfreundliche Vorspeisen zuzubereiten«, sagte Laurel.
»Dann wären wir alle so weit«, sagte David, legte den Arm über das Sofa und um Laurels Schultern.
»Wir könnten doch Was bin ich? spielen«, schlug Chelsea vor.
Alle sahen sie verblüfft an.
»Doch nicht mit euch«, sagte Chelsea. »Mit ihm. «
Tamani starrte sie schweigend an. »Das Spiel kenne ich leider nicht.«
»Ach, es ist ganz einfach«, erwiderte Chelsea. »Das spielst du mit Laurel schon die ganze Zeit, aber sie fragt dich nie irgendwelche witzigen Sachen. Doch, sie hat mir erzählt, ein paar Stücke von Shakespeare wären eigentlich Elfensagen. Ich warte schon eine reine Ewigkeit darauf, dir die wirklich interessanten Fragen zu stellen!«
»Äh, okay«, sagte Tamani, der nicht recht wusste, was er sich darunter vorstellen sollte.
»Gut, beschränkt sich das auf Shakespeare oder haben unsere beiden Kulturen noch mehr Geschichten gemeinsam?«
»Oh!« Tamani lachte und setzte sich auf einen Sessel neben Chelsea. »Doch, es gibt eine ganze Menge. Märchen und Sagen sind in Avalon sehr beliebt. Die Sommerelfen widmen dem Erzählen von Geschichten ihr ganzes Leben, ob sie nun tanzen, musizieren oder malen. Doch die Menschen sind so unglaublich erfinderisch und lassen
sich immer neue Dinge einfallen, um eine Geschichte interessant, aber falsch zu interpretieren. Dennoch stammen viele Menschenmärchen ursprünglich aus dem Elfenreich.«
Chelsea ließ sich nicht beirren. »Aschenputtel.«
»Nein«, widersprach Tamani. »Elfen tragen sowieso nur selten Schuhe. Und jemanden gut zu finden, nur weil er die richtige Schuhgröße hat? Das ergibt doch weder für Elfen noch für Menschen einen Sinn.«
»Und was ist mit der guten Fee?«, fragte Chelsea unverzagt weiter.
»Völlig überflüssig. Unsere Kürbisse werden auch ohne Magie so groß. Und selbst eine Winterelfe könnte Mäuse nicht in Pferde verwandeln.«
»Die Schöne und das Biest. «
»Die Geschichte einer Elfe, die sich in einen Ork verliebt. Die Gruselgeschichte für die meisten Setzlinge. Allerdings wird aus dem Ork niemals ein schöner Prinz.«
»Rapunzel. «
»Ein total misslungener Dünger.«
Chelsea quiekte. »Däumelinchen. «
»Das ist eine falsche Deutung anatomischer Grundlagen. Wir werden wirklich aus Pflanzen geboren, aber so klein sind wir nie. Allerdings soll es schelmische Funkler gegeben haben, die zu Missgeburten winziger Elfen beigetragen haben.«
»Nenn mir eine Geschichte, bei der ich überrascht wäre.«
»Kennst du den Rattenfänger von Hamelin ?«, fragte Tamani nach kurzem Nachdenken.
Chelsea verstand ihn nicht auf Anhieb. »Meinst du Hameln?«
»Stimmt, das hört sich richtiger an. Das ist nämlich kein Märchen, das ist wirklich passiert«, sagte Tamani todernst. »Und die Geschichte wurde auch kaum verstümmelt. Der Rattenfänger war ein äußerst mächtiger Frühlingself. Die meisten von uns können höchstens ein oder zwei Tiere auf einmal verzaubern, aber der Rattenfänger hatte eine ganze Stadt im Zaubergriff. Für dieses Kunststück wurde er am Ende hingerichtet.«
»Und was hat er mit den Kindern gemacht?«, fragte Chelsea.
»Das ist eine ziemlich lange Geschichte. Ganz am Schluss hat er sie über eine Klippe springen lassen. Bis sie alle tot waren.«
Chelsea und Laurel starrten Tamani erschrocken an. Keiner sagte etwas.
»Vielleicht nicht unser schönstes Märchen«, stöhnte Tamani schließlich.
»Und was ist mit den Camelotsagen?«, fragte Chelsea, die sich als Erste erholte, weiter. Ihre Augen glänzten so, dass Tamani glaubte, nach diesen Geschichten hätte sie schon die ganze Zeit fragen wollen.
»Was soll damit sein?«
»Laurel hat mir den Teil erzählt, den du ihr verraten hast, und dass König Artus wirklich gelebt hat. Aber was ist mit dem Rest? Mit Lancelot? Und Guinevere? Und der Tafelrunde?«
Tamani zögerte – diese Geschichte würde er
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