Elfenbann
lieber für sich behalten, zumal auch David zuhörte. Andererseits
würde es noch sonderbarer erscheinen, wenn er sich verweigerte, so sehr wie Chelsea in Fahrt war. »Laurel hat dir von den Unseligen erzählt, nicht wahr?«
»Oh ja«, antwortete Chelsea andächtig.
»Du weißt also, dass der Selige Hof mit König Artus verbündet war?«
»Königin Titania hat das in die Wege geleitet.«
»Genau. Und nach menschlichem Brauch wurde das Bündnis mit einer Hochzeit besiegelt.«
»Wie, ein Mensch hat eine Elfe geheiratet?«
»Richtig!« Tamani musste schmunzeln. »Guinevere war auch eine Frühlingselfe.«
Chelsea machte große Augen. »Aber ich dachte, wenn ein Bund durch eine Ehe besiegelt wurde, dann damit ein Erbe später über beide Königreiche herrschen konnte …«
»Es ist nicht bekannt, ob man am Seligen Hof wusste, dass Guinevere keine Kinder von Artus bekommen konnte. Damals war man noch nicht so schlau wie heute – doch es ist möglich, dass die Elfen es wussten und … vergaßen, es Artus gegenüber zu erwähnen.«
Chelsea sperrte Mund und Augen auf.
»In Artus Gefolge gab es viele Elfen, unter anderem Nimue und ihren Sohn Lancelot. Lancelot war Artus’ Freund, aber er war auch Guineveres Fear-gleidhidh. «
»Ihr was?«
Tamani war auf einmal stolz, weil Laurel mit ihren Freunden nicht über diesen Ausdruck gesprochen hatte. »Das bedeutet Wächter, Beschützer.« Tatsächlich lag noch sehr viel mehr in diesem Wort, aber Tamani hatte das Gefühl, ohnehin schon zu viel zu verraten.
»Guinevere heiratete also Artus, und als ihr Elfenwächter seine Nase in alles steckte und sie entführte, war es mit Camelot aus und vorbei?« Alle schauten auf, als David das Wort ergriff.
»Du kannst es noch so sehr verdrehen«, sagte Tamani mit fester Stimme, »aber Lancelot war Artus’ geringste Sorge. Als herauskam, dass König Artus und Guinevere keine Kinder bekommen konnten, tippten viele Menschenritter auf Hexerei. Guinevere bat Lancelot um seinen Schutz und seine Liebe. Doch in Camelot war bereits der Teufel los. Machen wir es kurz: Guinevere stand schon fast auf dem Scheiterhaufen und Lancelot konnte sie gerade noch retten und nach Avalon zurückbringen.«
»Und wenn Lancelot nun nicht dagewesen wäre?«, fragte David. »Und wenn Guinevere eine echte Chance gehabt hätte, mit Artus glücklich zu werden? Für mich hört es sich immer noch so an, als wäre Lancelot an allem schuld.«
Tamani sah, dass Chelsea und Laurel einen Blick wechselten. Jedem im Raum war klar, dass es nicht mehr um Lancelot und Guinevere ging. Da er Laurel nicht in Schwierigkeiten bringen wollte, tat Tamani so, als würde er auf sein Handy sehen, und stand auf. »Kann schon sein«, sagte er. »Aber Artus war ein großer König, erst recht für einen Menschen, und wenn ihr mich fragt, verlor er lieber im Kampf, als dass er sich einen leichten Sieg schenken ließe.« Nach einem langen Blick zu David lächelte er. »Bin gleich wieder da«, sagte er und ließ die Schlüssel um seinen Zeigefinger kreisen. Dann ging er und schloss die Tür, ohne sich noch einmal umzusehen.
Siebzehn
L aurel wollte eine Pause einlegen und ging kurz von der Tanzfläche auf die etwas kühlere, dafür schwer parfümierte Toilette. Sie sah unter den Türen der Kabinen nach, aber es war niemand da. Sie genoss den kurzen Moment des Alleinseins und reckte und streckte sich. Dann richtete sie ihr T-Shirt über der Blüte – die ein wenig schmerzte, weil sie so viele Tage hintereinander festgebunden war – und lehnte seufzend den Kopf an den kühlen Spiegel.
Sie ging wirklich gerne tanzen, jedenfalls eine Stunde lang. Doch danach wurde ihr immer mehr bewusst, wie dunkel der Raum war. Es gab nicht einmal Fenster, durch die der einfallende Sonnenschein sie erfrischen könnte. Außerdem kam ihr die Musik heute Abend besonders laut vor und sie hatte wieder schreckliche Kopfschmerzen.
Das kommt davon, wenn ich so lange nach Sonnenuntergang noch auf bin.
Doch das Ganze sollte sowieso nur noch eine halbe Stunde dauern. Laurel beugte sich über das Waschbecken und spritzte sich eiskaltes Wasser ins Gesicht. Als sie sich mit einem Papiertuch abtrocknete, betrachtete sie ihren hellen Teint prüfend im Spiegel und fand – auch wenn es vielleicht reines Wunschdenken war –, dass ihr Kopf nicht
mehr ganz so wehtat. Zum Glück war es kein steifer Tanzabend, alle trugen T-Shirts. Zu mehr hätte sie sich heute Abend auch nicht aufraffen können.
Die drei
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