Elfenblick
andere Faust nach oben. Wieder trat der Jüngere mit einer blitzschnellen Bewegung zur Seite. Die Faust traf nichts als die Luft. Mit einem Schnauben warf sich der Bullige auf seinen Gegner. Der parierte den Angriff mit einer Abfolge so schneller Bewegungen, dass Mageli kaum unterscheiden konnte, ob gerade Hände oder Füße zum Einsatz kamen.
Der Kampf zwischen den beiden ungleichen Gegnern wirkte wie ein modernes Tanzstück, das einer bizarren Choreografie folgte. Der Bullige legte viel Kraft in seine Bewegungen, und die meisten Gegner hätte er damit wahrscheinlich nach kurzer Zeit schwer verletzt. Doch der Schmale war so unglaublich wendig und schnell, dass die Schläge und Tritte des anderen stets ins Leere gingen. Während ihrem Angreifer langsam die Puste auszugehen schien, bewegte Magelis Retter sich mit einer Leichtigkeit, als würde ein solcher Kampf zu seinen täglichen Übungen gehören.
Nach kurzer Zeit war Mageli sicher, dass er klar im Vorteil war. Die Kontrahenten tänzelten noch eine Weile hin und her. Doch schließlich vollführte der Schmale eine Drehung, die Mageli fast an eine Pirouette erinnerte, bog dem Bulligen den Arm auf den Rücken und zog ihm gleichzeitig mit einem Bein die Füße unter dem Körper weg. Er sackte zu Boden und sein Gegner hockte sich auf ihn.
»Na, hast du jetzt Spaß?« Er lachte. »Also, ich habe eine Menge Spaß.«
Plötzlich begann sich der stöhnende Mann auf dem Boden vor Mageli zu bewegen. Er raffte sich auf, kam auf die Beine und warf sich von hinten auf den Jungen, der ihm den Rücken zugewandt hatte. In seiner Hand sah Mageli etwas metallisch blitzen.
»Vorsicht«, stieß sie hervor. Leise zwar, aber der Schmale hatte sie trotzdem gehört. Geschickt streckte er sein Bein nach hinten aus und trat dem zweiten Angreifer mit voller Wucht gegen das Knie. Der Mann ging neben seinem Kumpel erneut zu Boden. Und plötzlich hatten beide jeweils eine blitzende Klinge vor der Nase. Mageli staunte. Wo hatte ihr Verteidiger so schnell die Messer her?
»Das macht wirklich Spaß, findet ihr nicht auch?« Seine Stimme klang jetzt sehr amüsiert.
»Verflucht, nimm das spitze Ding aus meinem Gesicht«, jammerte der eine der beiden Männer am Boden.
»Wir wollten doch gar nichts Böses«, versicherte der andere in flehendem Ton. »Nur ein bisschen Spaß haben. So wie der Meister es befohlen hat.«
»Der Meister, soso …« Der Junge zögerte. »Und wer soll das sein?«
Die beiden Männer schwiegen beharrlich. Schließlich zuckte der Junge mit den Schultern.
»Nun, dann zeigt ihm meine Botschaft und richtet ihm aus, dass er sich künftig andere Vergnügungen für euch ausdenken soll!« Blitzschnell zog er den beiden die Klingen seiner Messer über die Wangen. Die Männer schrien auf.
»Um eure hässlichen Visagen ist es wirklich nicht schade!«, spottete der Junge. »Und sollte ich euch noch einmal bei einem eurer Späße erwischen, dann setze ich mit dem Messer unterhalb der Gürtellinie an.« Mit diesen Worten sprang er hoch, und die beiden Männer fielen fast übereinander bei dem Versuch, so schnell wie möglich auf die Füße und davonzukommen.
»Alles in Ordnung?« Magelis Retter kam mit langen Schritten zu ihr herüber. Neben ihr ging er in die Hocke und musterte sie mit einem Blick, in dem Besorgnis, aber auch Neugier lag. Und noch etwas, das Mageli nicht deuten konnte.
Sie öffnete den Mund, um zu antworten, brachte aber keinen Ton heraus. Der Typ sah einfach zu gut aus! Er war etwa so alt wie Mageli. Seine Haut war blass, als hätte er in diesem Sommer noch nicht viel Sonne abbekommen. Ein Problem, das sie selbst gut kannte. Doch bei ihm wirkte die helle Haut edel und bildete einen perfekten Kontrast zu seinem kinnlangen, schwarzbraunen Haar, das ihm fransig ins Gesicht fiel. In seinem kantigen Kinn entdeckte Mageli ein tiefes Grübchen. Und seine Augen – seine Augen waren einfach unbeschreiblich: Das eine schimmerte in einem warmen Tiefbraun und das andere war blaugrau wie das Meer an einem stürmischen Tag! Gebannt schaute Mageli zwischen den verschiedenfarbigen Augen hin und her und hatte immer stärker das Gefühl, sich darin zu verlieren. Zauberaugen , dachte sie.
»Alles okay?« Der Junge klang jetzt sehr besorgt.
Mageli klappte den Mund wieder zu und nickte einmal mit dem Kopf. War alles okay? Sie hatte das Gefühl, ihr ganzer Körper stünde plötzlich unter Spannung. Ihre Hände und Füße kribbelten, ihr Magen fühlte sich flau an und ihr Kopf
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