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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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Sie war ziemlich enttäuscht, dass sie in Neuenburg so wenig erfahren hatte. Außerdem war sie keineswegs scharf darauf, Linda unter die Augen zu treten.
    Als sie zur Wegkreuzung im Wald kam, bremste sie deshalb ab, stieg vom Rad, ließ es am Rand des Weges fallen und setzte sich auf die Bank, die dort für fußmüde Wanderer aufgestellt worden war. Es war eine gestiftete Bank, eine kleine, glänzende Metallplakette erinnerte an die Spender. Für alle, die den Wald so lieben wie wir, stand darauf.
    Mageli hatte sich angesprochen gefühlt, als sie die Plakette zum ersten Mal entdeckt hatte. Nun lehnte sie sich zurück und spürte die harte hölzerne Lehne gegen ihre Wirbelsäule drücken. Sie schloss die Augen und horchte auf die Geräusche des Waldes: das Rauschen der Blätter, das Rascheln der kleinen Tiere im Unterholz, das Zwitschern der Vögel in den Bäumen, das Summen der Insekten.
    Mageli spürte, wie der vertraute Klangteppich sie beruhigte. Die Bedrohung der vergangenen Nacht erschien ihr im wärmenden abendlichen Sonnenlicht plötzlich unwirklich. Und all die verwirrenden Informationen, die sie heute gesammelt hatte, vermischten sich in ihrem Kopf zu einem unbedeutenden Gedankenbrei. Sie merkte, wie ihr Körper schwerer wurde und ihr Kopf nach vorne sackte.
    »Ist hier noch ein Platz frei?«
    Ruckartig fuhr Mageli hoch und starrte Erin an wie eine Erscheinung. Hatte er letzte Nacht auch schon so gut ausgesehen? Wie er da mit seinem schiefen Lächeln stand, die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf zur Seite geneigt, hatte Mageli den Eindruck, ein Filmstar wäre von der Leinwand gestiegen und geradewegs in ihren Wald spaziert. Filmstar, Leinwand, Wald … so ein Quatsch!
    »H… hi«, brachte sie hervor, als das Schweigen gerade peinlich zu werden begann. »Wie kommst du denn hierher?«
    Na super, sehr geistreich!
    Aber Erin nahm die Frage ernst.
    »Ich weiß es wirklich nicht, ich würde es dir gern erklären, aber ich kann nicht. Es tut mir leid.«
    Das war doch verrückt! Warum wollte er ihr nicht sagen, woher er kam? Und warum er neuerdings ständig in ihrem Wald auftauchte? Wieso machte er daraus bloß so ein großes Geheimnis?
    »Darf ich mich trotzdem setzen?« Erin deutete auf die Bank.
    »Äh, ja klar«, stotterte Mageli.
    Als Erin neben ihr Platz nahm, atmete sie tief ein, um ihre Gedanken davon abzuhalten, weiter in ihrem Kopf Walzer zu tanzen. Ein Fehler, wie sie sofort feststellte. Erin sah nicht nur toll aus, er roch auch toll. Nach Wald und Erde und sprudelndem Wasser. Ein Duft, der schwer zu beschreiben war und die Gedanken in ihrem Kopf nur noch schnellere Kreisel drehen ließ.
    »Schön, dich wiederzusehen«, sagte Erin.
    »Äh, ja«, antwortete Mageli. Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen.
    Reiß dich zusammen, du bist peinlich!
    »Ich freu mich auch«, zwang sie sich zu sagen. Nervös strich sie die Haare hinters Ohr und schob sie wieder ins Gesicht.
    »Geht es dir gut?« Erin musterte sie schon wieder mit diesem besorgten Ausdruck. Sie musste wohl ziemlich durcheinander wirken.
    »Sicher«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich bin nur überrascht, dich zu sehen.«
    »Ich meinte eigentlich nach letzter Nacht«, erwiderte Erin mit einem kleinen spöttischen Lächeln.
    Ja, natürlich! Peinlich, peinlich, peinlich!
    »Ach so, ja, mir geht es wirklich gut. Und danke noch mal.«
    »Du musst dich nicht bedanken.«
    Erin drehte sich ihr zu und betrachtete sie so intensiv, dass es Mageli ganz flau im Magen wurde. Sein Blick versank in ihrem, und in diesem Moment spürte sie etwas, das sie noch nie empfunden hatte. Es war, als würde sie Erin schon ewig kennen, schon immer, obgleich sie sich gerade erst zum zweiten Mal begegnet waren. Und als gäbe es zwischen ihnen eine Verbindung wie ein unsichtbares Band, das sie zusammenhielt, auch wenn sie gar nicht zusammen waren. Und als könnte Erin mit seinen Zauberaugen direkt in ihr tiefstes Inneres sehen.
    Erschrocken schnappte Mageli nach Luft und wandte schnell den Blick ab, bevor sie knallrot anlief.
    »Soll ich lieber gehen?« Erin rückte vorsichtig ein Stück von ihr weg.
    »Nein, nein.« Mageli stotterte schon wieder. »Wie kommst du darauf?«
    »Du wirkst so unglücklich. Und ich hatte Sorge, das könnte etwas mit meiner Anwesenheit zu tun haben.«
    Er konnte wirklich direkt in sie hineinsehen! Aber wenn es um ihn selbst ging, versagte sein Einfühlungsvermögen.
    »Es hat nichts mit dir zu tun!« Dank des Schrecks hatte Mageli

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