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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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umfiel.
    »Aber was will er denn noch von mir? Ich habe seit damals all seinen Anweisungen gehorcht. Ich habe mich aus meinem Beruf zurückgezogen und mich hier verschanzt. Ich habe seit Monaten mit kaum einem Menschen gesprochen. Ich habe all die Jahre kein Sterbenswort zu niemandem gesagt. Er kann mir vertrauen.«
    Monika hörte selbst, wie ihre Stimme immer hektischer wurde und wie die Worte anfingen, sich zu überschlagen. Aber Damorian zog nur eine angewiderte Grimasse.
    »Meinetwegen leiste ich einen neuen Schwur. Ja, das könnte ich machen.« Monika wich immer weiter zurück, obgleich Damorian sich gar nicht bewegt hatte. Er verzog auch keine Miene mehr. Also stotterte sie weiter und wurde immer lauter.
    »Ihr müsst mir nur sagen, was er will. Ich mache das. Auf jeden Fall! Los, sag es mir schon!«
    Monika war mittlerweile so weit zurückgewichen, dass sie die Küchentür in ihrem Rücken spüren konnte. Vielleicht, dachte sie, kann ich fliehen. Vielleicht habe ich eine Chance zu entkommen, wenn ich schnell genug bin. Dann könnte ich mich irgendwo verstecken, wo sie mich nicht finden. Ich könnte auswandern. Geld genug habe ich ja. Es muss doch einen Platz auf dieser Welt geben, an den sie mich nicht verfolgen werden.
    Während sie das dachte, griff Monika hinter ihren Rücken und tastete nach der Türklinke. Als sie das kalte Metall auf ihrer Haut spürte, atmete sie tief ein, drückte den Griff nach unten, drehte sich zur Seite und riss in derselben Bewegung die Tür auf. Sie warf sich durch den Spalt in den Flur und schmiss die Küchentür wieder zu.
    Ich muss es bis zur Straße schaffen, dachte sie. Da steht mein Auto. Mit dem Auto wird mir die Flucht gelingen. So schnell kann er unmöglich sein. Ich werde direkt zum Flughafen fahren und das erstbeste Flugzeug nehmen, das mich weit weg bringt. So weit weg wie möglich. Und dann werde ich ganz neu anfangen. Ich muss es nur bis zur Straße schaffen.
    Doch sie schaffte es nicht einmal bis zur Haustür.
    Als Damorian sein Schwert aus ihrem Körper zog, hatte sie noch genug Luft für eine letzte Frage. »Warum?«, presste sie mühsam zwischen ihren Lippen hervor.
    »Er hätte dich schon viel früher getötet. Du bist nur am Leben geblieben, um ihn zu warnen, falls die Kleine Kontakt zu dir aufnimmt«, antwortete Damorian. Mit unbewegtem Gesichtsausdruck fügte er hinzu: »Und jetzt braucht er dich nicht mehr.«

Das Glockenspiel über der Tür gab ein vielstimmiges Bimmeln von sich, als Mageli den Laden betrat.
    »Komme gleich«, rief Susa aus dem Hinterzimmer.
    In Susas Blumenladen, den sie in Erinnerung an alte Zeiten »Flower Power« genannt hatte, herrschte das perfekt arrangierte Chaos. Blumenkübel aus glänzendem Blech standen dicht an dicht auf dem Boden und auf langen Holzbänken an den Seitenwänden. Selbst von der Decke hingen Sträuße und Gebinde aus Trockenblumen, Metallschilder, Kerzenhalter und vieles mehr.
    Mageli atmete tief ein. Hunderte von Blumen verströmten ihren Duft, Hunderte verschiedener Noten, die sich in dem kleinen, engen Laden zu einer berauschenden Geruchssymphonie vereinigten. Mageli schloss die Augen und versuchte, die Rosen zu riechen. Bei den Rosen war es am einfachsten, weil sie ihr Aroma am intensivsten preisgaben. Sie standen gleich links neben der Tür in Blecheimern, dicke rosa Blütenköpfe, kleinere in Hellgelb und natürlich die stolzen roten mit den langen Stielen. Mageli griff sich eine der roten Rosen, nahm sie vorsichtig in die linke Hand und drückte mit dem Zeigefinger der rechten Hand sanft gegen eine der spitzen Dornen. Ein Blutstropfen bildete sich auf ihrer Fingerkuppe. Sie stellte die Rose zurück in den Eimer und lutschte an ihrem Finger.
    »Hi, Mageli, hast du dir wehgetan?« Susa trat aus dem hinteren Zimmer in den Verkaufsraum und wischte ihre nassen Hände an der grünen Schürze ab, die sie über ihrer Jeans trug. Die Jeans hatte einen breiten Schlag, wahrscheinlich ebenfalls eine Erinnerung an Susas bewegte Hippiezeit.
    »Ich mag es, dass Rosen nicht perfekt sind. So wunderschön, aber gleichzeitig auch gefährlich. Obwohl, vielleicht sind sie ja gerade deshalb perfekt.«
    »Hast du heute deinen philosophischen Tag?« Susa zog ihre etwas zu breiten Augenbrauen zusammen und musterte Mageli. »Falls du Unterstützung von unserer Diplomphilosophin brauchst, die ist hinten.«
    Mageli schob sich an Susa vorbei. Im Hinterzimmer hockte Rosann mit gekrümmtem Rücken auf dem Boden. Vor ihr stapelten sich

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