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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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der Bäume auf der anderen Uferseite saß und sang. Er war ein Meister seines Fachs, sein Lied war wunderschön. Melancholisch, aber auch beruhigend wie ein Schlaflied. Zunehmend entspannt lauschte Mageli den Tönen, die rein und klar aufeinanderfolgten und sich immer wiederholten in einer endlosen Melodie.
    Plötzlich wusste sie es! Warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Dabei hatte sie stundenlang mit Rosann darüber diskutiert: Erin war nur ein Traum. Ein sehr realistischer Traum, aber eben nicht mehr als das. Wenn sie ihn sehen wollte, musste sie träumen. Und dazu musste sie schlafen!
    Mageli legte sich neben dem Stein ins weiche Gras und schloss die Augen. Erneut lauschte sie dem Schlaflied des Vogels, der plötzlich sanfte Worte an sie zu richten schien: Schlaf ruhig ein, ich sitze hier und gebe acht. Schlaf und träum süß. Mein Lied begleitet dich. Schlaf ein …
    Und Mageli schlief ein.
    Als sie das Gefühl hatte zu erwachen, war um sie herum nichts als Dunkelheit. Nein, keine Dunkelheit. Grauer Dunst, ein Nebel, den ihre Augen nicht durchdringen konnten. Panisch rollte Mageli sich auf den Bauch, tastete mit den Händen nach dem weichen Gras. Da war kein Gras unter ihr, sondern kalter Steinboden. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust. Die Arme ausgestreckt, versuchte sie, mit den Fingern etwas zu ertasten, woran sie sich festhalten und orientieren konnte. Doch den runden Stein, auf dem sie eben noch gesessen hatte, konnte sie nicht finden. Ihre Finger fühlten nur den kalten, glatten Boden. Sie hörte auch nichts! Kein Laut drang an ihre Ohren.
    Keine Panik! Ruhig bleiben!
    Sie atmete tief durch. Einmal, zweimal, dreimal. Bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass ihr Gehirn seinen Dienst wieder aufnahm. Dann versuchte sie, die Situation zu analysieren.
    Ich bin nicht auf der Lichtung, so viel steht fest. Aber wo bin ich dann? Wie bin ich hierhergekommen? Und vor allem: Wie komme ich wieder weg?
    Auf keine der Fragen wusste sie eine Antwort. Dann kam ihr ein beruhigender Gedanke.
    Es ist nur ein Traum. Das hier passiert nicht wirklich.
    Aber wie wachte man willentlich aus einem Traum auf? Noch eine Frage, auf die ihr keine Antwort einfiel. Und wo war Erin? Seinetwegen war sie überhaupt nur hierhergekommen. Vielleicht war sie einfach in einem falschen Traum? In einem, in dem Erin gar nicht vorkam! Doch Mageli hatte das unerklärliche, aber sichere Gefühl, dass sie hier genau am richtigen Ort gelandet war, auch wenn dieser Ort nicht sonderlich einladend war. Und dann hörte sie Erins Stimme. So leise, dass Mageli sie zunächst nicht verstehen konnte. Sie klang wie durch Watte gedämpft. Ganz weit weg und doch nah. Aber nicht greifbar!
    »Erin, bist du das?« Mageli flüsterte, eingeschüchtert davon, dass sie nichts sehen konnte, nicht wusste, wo sie sich befand und was um sie herum war.
    »Erin!« Sie überwand sich, etwas lauter zu sprechen. »Falls du hier bist, dann sag etwas.« Wenn sie Erins Stimme hörte, könnte sie sich vielleicht besser orientieren. Dann wüsste sie wenigstens, in welche Richtung sie sich bewegen musste, um zu ihm zu gelangen. Aber als Erin schließlich wieder etwas sagte, verteilte sich seine Stimme im Nebel um Mageli herum, sodass sie unmöglich hätte sagen können, woher die Worte kamen.
    »Mageli.« Es klang, als müsste Erin sich enorm anstrengen, um dieses eine Wort zu sagen, um überhaupt etwas zu sagen. Was war mit ihm? Ging es ihm nicht gut? War er krank? Verletzt? Die Sorge um ihn schnürte Mageli die Brust zusammen.
    »Ich bin hier.« Ihre Stimme sollte sich fest anhören. Beruhigend. Ganz anders, als sie sich fühlte. »Ich versuche, zu dir zu kommen«, versprach sie. Aber alles, was sie tun konnte, war, auf dem kalten Boden zu liegen und in den Nebel zu horchen.
    »Hilf mir.« Seine Stimme erschien ihr hohl. Und so unendlich weit weg.
    »Das möchte ich ja. Aber ich weiß nicht, wo du bist. Du musst weitersprechen, damit ich die Richtung finden kann.« Verzweiflung packte ihren ganzen Körper. Was sollte sie bloß machen? Sie konnte rein gar nichts tun!
    »Du musst mir helfen.« Erins Stimme war nun noch schwächer. »Du bist die Einzige, die das kann …«
    »Ich will dir ja helfen. Aber wie?« Mageli war den Tränen nah.
    »Mageli.« Ihr Name. Sonst nichts. Mageli horchte angestrengt, aber Erin schwieg.
    »Wo bist du? Verdammt noch mal. Wie soll ich dir helfen, wenn du mir nicht hilfst?«
    Plötzlich lichtete sich der Nebel. Mageli blinzelte und hoffte, Erin zu

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