Elfenblick
dabei zugeschaut, wie es sich erst heftig stritt, um sich dann heftig knutschend wieder zu vertragen, und einen dick vermummten Schneemann bemitleidet, der bei den tropischen Temperaturen in seinem wahnsinnig originellen Kostüm Werbebroschüren für eine Sommerrodelbahn verteilen musste. Ungeduldig drehte sie den Pappbecher mit dem mittlerweile kalten Chai Latte zwischen ihren Händen hin und her.
Silas winkte dem Mädchen an der Theke und schob sich auf einen freien Hocker neben Mageli. Er schien in dem Laden bekannt zu sein. Zwei Minuten später stellte die Bedienung, auf deren hautengem Shirt der hilfreiche Spruch Augen siehe oben zu lesen war, einen Becher vor ihn hin, aus dem es nach einem aromatischen Tee duftete.
»Was weißt du über Elfen?« Silas musterte Mageli mit einem langen Blick aus seinen türkis leuchtenden Augen. Nervös zupfte sie an ihren Haaren. Wollte er sie testen? Immerhin hatte er sich entschlossen, überhaupt mit ihr zu reden.
»Ich habe vom Elfenreich gehört«, sagte sie vorsichtig. »Und ich habe einen Freund, der ein Elf ist.«
»Soso.« Silas ließ nicht durchblicken, was er davon hielt.
»Dieser Freund ist in Gefahr. Und ich will ihm helfen. Aber ich weiß nicht, wie«, fuhr Mageli fort. Sie schaute Silas herausfordernd an.
»Soso«, sagte Silas nur wieder. »Und wieso glaubst du, dass ich dir helfen kann? Und vor allem, wie kommst du darauf, dass ich dir helfen will?«
Eine berechtigte Frage, fand Mageli.
»Weil ich kaum glaube, dass du scharf darauf bist, dass ich aller Welt erzähle, dass du ein Elf bist.« Mageli wusste, dass sie mit diesem Druckmittel nicht sehr viel gegen Silas in der Hand hatte. Wenn er sie jetzt einfach auslachte, aufstand und ging, konnte sie nichts unternehmen. Denn wer würde ihr schon glauben und vor allem wen würde es interessieren, wenn sie erzählte, dass Silas ihrer Meinung nach ein Wesen war, das eigentlich nur in Fantasy-Romanen vorkam.
»Na gut.« Silas seufzte. »Aber glaube nicht, ich ließe mich erpressen. Ich denke bloß, die wenigen, die es von uns hier oben noch gibt, sollten zusammenhalten.«
Mageli verstand zwar nicht, was Silas damit meinte, war aber hocherfreut, dass er nachzugeben schien. »Kannst du mir sagen, wie ich ins Elfenreich komme?«, fragte sie begeistert.
Silas lachte. »Dein Elfenprinz hat es dir wohl ganz schön angetan. Tja, das kann ich mir vorstellen. So etwas Leckeres wie die Elfenjungs kriegt man hier oben selten geboten.«
Mageli wurde rot bis unter den Haaransatz. Schnell senkte sie den Kopf, sodass ihre Haare über die Schultern fielen und ihr Gesicht verdeckten.
»Nein, Süße, ich kann dir nicht sagen, wie du ins Elfenreich kommst«, fuhr Silas fort, als hätte er nichts bemerkt. »Denn erstens will ich es gar nicht wissen. Und zweitens würde es mir wohl auch nicht besonders gut bekommen, wenn ich mich dort blicken ließe.«
Mageli schaute ihn mit großen Augen fragend an.
»Du hast wirklich keine Ahnung, nicht wahr, Süße?« Silas schüttelte bekümmert den Kopf. »Gut, dann pass mal schön auf. Jetzt erhältst du deine erste Lektion in Elfenkunde.« Silas trank einen Schluck Tee aus seinem Pappbecher, rümpfte die Nase, nahm einen Zuckerstreuer und schüttete eine doppelte Portion Zucker hinein. Er schwenkte den Becher, bis der Zucker sich verteilt hatte, und trank noch einen Schluck. Mageli hätte ihm am liebsten den Becher aus der Hand gerissen, so kribbelig fühlte sie sich.
»Früher lebten die Elfen Seite an Seite mit den Menschen«, fing Silas schließlich an zu erzählen.
»Das weiß ich schon«, unterbrach Mageli ihn ungeduldig.
Silas bedachte sie mit einem giftigen Blick. »Willst du jetzt etwas über die Elfen erfahren oder nicht?«, fragte er säuerlich.
»Ja, aber die Kurzversion, bitte!«
Silas schmunzelte. »Du hast es wirklich eilig, Süße. Na gut, die Kurzversion. Du weißt vielleicht auch, dass die Elfen sich vor langer Zeit in die verborgene Welt zurückgezogen haben. Von da an waren sie für die Menschen unsichtbar, lebten aber im Grunde noch immer in der gleichen Welt.«
Mageli nickte heftig und hoffte, Silas würde das als Aufforderung verstehen, zur Sache zu kommen.
»Okay, also, das Ganze ging gut bis vor etwa hundert Jahren. Da überzeugten einige Berater, allen voran Fürst Ferocius, den König davon, dass die Menschen kurz davorstünden, die Welt zu zerstören. Deshalb sei es das Beste, das Elfenvolk ins Dunkle Reich umzusiedeln.«
»Stopp, ein bisschen
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