Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
Vom Netzwerk:
Stimme. Versuch’s mal mit Musik. Aber wie bitte sollte das Flötenspiel ihr helfen, ins Elfenreich zu gelangen und Erin zu retten? Egal. Einpacken konnte sie das Instrument ja mal.
    Einpacken. Richtig! Sie sollte vielleicht ein paar Sachen mitnehmen. Aber was packte man ein für einen Ausflug ins Elfenreich?
    Mageli drehte ihren Rucksack um, sodass ihre Hefte, Bücher und das Mäppchen ungeordnet auf den Schreibtisch flogen. Dann nahm sie ihren Flötenkasten aus dem Regal und verstaute ihn. Was noch? Sie griff in den Schrank, zog wahllos ein paar Unterhosen und T-Shirts, eine Jeans und eine Bluse heraus und stopfte sie ebenfalls in den Rucksack. Zuletzt ging sie ins Badezimmer und holte ihre Zahnbürste. Das war zwar nur die Basisausstattung, aber mehr fiel ihr nicht ein.
    Sie war schon auf dem Weg zur Tür, als ihr auffiel, dass sie nicht einfach verschwinden konnte, während ihre Familie oben herumlief. Sie musste wohl oder übel warten, bis alle im Bett waren. Zum ersten Mal, seit sie nach Hause gekommen war, guckte Mageli auf die Uhr. Der Wecker zeigte kurz vor acht. Mageli stöhnte. Dann würden ihre Eltern erst mal die Nachrichten anschauen und danach garantiert einen blöden Fernsehfilm. Ihre Eltern … Jost und Linda waren nicht ihre Eltern, wurde Mageli auf einmal klar. Ihre Eltern waren … Elfen.
    Mageli hockte sich im Schneidersitz auf ihr Bett und starrte auf ihren Wecker. Quälend langsam kroch der Sekundenzeiger vorwärts, der Minutenzeiger schien sich gar nicht zu bewegen und der Stundenzeiger hatte vermutlich den Rückwärtsgang eingeschaltet.
    Um halb elf hörte Mageli endlich, wie ihre Eltern … wie Jost und Linda den Fernseher ausschalteten und nach oben gingen. Sie lauschte auf das Rauschen des Wassers, die Klospülung und das Zuschnappen der Schlafzimmertür. In letzter Minute fiel ihr ein, dass sie wenigstens Jost eine Nachricht hinterlassen musste. Sie holte sich einen Block und einen Bleistift vom Schreibtisch, kaute eine Weile darauf herum und schrieb schließlich:
    Lieber Jost, ich muss einem Freund helfen, der in Schwierigkeiten steckt. Ich weiß nicht, wie lange das dauert. Aber bitte, bitte benachrichtige nicht die Polizei oder so was. Vertrau mir. Ich hab dich lieb. Mageli

    Sie riss den Zettel aus dem Block, faltete ihn zweimal und schrieb Josts Namen darauf. Erst hatte sie vorgehabt, den Zettel einfach auf dem Telefontisch im Flur liegen zu lassen, aber sie wollte nicht riskieren, dass einer ihrer Brüder oder gar Linda den Brief fanden. Also stieg sie auf Zehenspitzen die Treppe in den ersten Stock hoch und öffnete leise die Tür zum Schlafzimmer. Einen Moment lang lauschte sie auf Josts leises Schnarchen und Lindas gleichmäßige rasselnde Atemzüge. Dann schob sie die Tür gerade so weit auf, dass sie durch den Spalt schlüpfen konnte, schlich zum Nachttisch auf Josts Bettseite und legte ihren Brief neben sein Wasserglas.
    Die Straßenlaterne vor dem Fenster schickte ihr kaltes Licht durch die Gardinen ins Zimmer und Mageli konnte in dem schwachen Schein die beiden schlafenden Gestalten gut erkennen. Linda war auf der rechten Seite eingeschlafen, ihre dunklen Locken quollen unter der hochgezogenen Bettdecke hervor, ihrem Ehemann drehte sie den Rücken zu. Jost lag entspannt auf dem Rücken, den Mund leicht geöffnet. Mageli hätte ihm gern noch einen Kuss auf die Wange gegeben, aber das hätte ihn sicher geweckt. Schnell verließ sie das Zimmer ebenso leise, wie sie hereingeschlichen war.
    Aus dem Vorratsschrank in der Küche klaute sie drei Schokoriegel, die sie zu den anderen Sachen in ihrem Rucksack steckte. Shakespeare schlief auf seinem Kuschelkissen im Flur. Als Mageli ihm liebevoll durch sein buntes Fell wuschelte, klappte er empört ein gelbes Auge auf.
    »Faules Stück«, flüsterte Mageli. »Solltest du nicht nachtaktiv sein?«
    Shakespeare maunzte verschlafen. »Stör mich nicht und mach, dass du wegkommst«, schien er zu sagen.
    Ich werde wirklich langsam verrückt!, dachte Mageli. Jetzt habe ich auch noch das Gefühl, der Kater würde mit mir reden.
    »Bin ja schon weg«, gab sie leise zurück und zog sanft an Shakespeares rechtem Ohr. Verdammt, wie schwer es sein konnte, sich von einem blöden Kater zu verabschieden!
    Im Nachbarhaus brannte noch hinter einem Fenster Licht, Frau Matuschek hatte die Gardine ein kleines Stück zur Seite gezogen und beobachtete die Straße. Mageli winkte ihr, als sie an Nummer elf vorbeifuhr. Da hob Frau Matuschek ihre Faust und

Weitere Kostenlose Bücher