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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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uns und hast es immer noch nicht kapiert.« Silas wurde schon wieder ungeduldig. »Guck einfach mal in den Spiegel! Ich muss los. Viel Erfolg, Süße.« Er nahm seinen Becher und wandte sich zum Gehen. Als er bereits an der Tür stand, schien er es sich noch einmal anders zu überlegen. Den Griff in der Hand, zögerte er kurz, drehte sich dann um und kam zu Mageli zurück. Mit einer schnellen Bewegung griff er sich an den Hemdkragen und zog ein Lederband hervor, streifte sich dieses über den Kopf und legte es vor Mageli auf den Tisch. »Und solltest du es schaffen, was ich wie gesagt kaum glaube, dann bring das hier bitte Rikjana. Sag ihr … Ach, sag ihr gar nichts. Sie wird es schon verstehen.«
    Und weg war er.
    Verwundert schaute Mageli auf das Lederband, an dem ein kleines ovales Amulett hing. Zwei Hände waren darin eingearbeitet, die sich gegenseitig umfasst hielten und gleichzeitig wirkten, als würden sie sich nach dem Betrachter ausstrecken, um auch diesen in den innigen Griff einzubeziehen. Mageli staunte über die feine Goldschmiedearbeit. Unsicher nahm sie die Kette, streifte sie sich selbst über den Kopf und ließ sie im Ausschnitt ihres T-Shirts versinken.
    Ihre Gedanken irrten wild durcheinander. Gesprächsfetzen und Bilder, Gelesenes und Gehörtes – so vieles war in den vergangenen Tagen passiert! Doch je schneller sich der Kreisel in ihrem Kopf drehte, desto sicherer war sich Mageli in einem Punkt: Was ihr gerade passierte, überstieg alles, was sie je für möglich gehalten hätte! Konnte denn etwas wirklich sein, was sie selbst noch vor nicht allzu langer Zeit als Spinnerei abgetan hätte?
    Sie schaute aus dem Fenster auf die Kreuzung, ohne zu sehen, was dort passierte, und drehte ihren Becher zwischen den Händen, ohne daraus zu trinken. Um sechs Uhr scheuchte die Kellnerin sie aus dem Café. Mechanisch rutschte Mageli von ihrem Hocker und ging durch die Tür. Auch während der Busfahrt starrte sie geistesabwesend vor sich hin.
    Erst als Mageli auf ihrem Fahrrad durch den Wald nach Hause strampelte, setzte sich in ihrem Kopf ein einzelner klarer Gedanke fest. Ein Wort eigentlich nur, das im Takt ihrer Füße auf den Pedalen immer wieder durch ihr Hirn pulsierte.
    Linker Fuß.
    Elfe.
    Rechter Fuß.
    Elfe.
    Linker Fuß.
    Rechter Fuß.
    Linker Fuß.
    Rechter Fuß.
    Elfe, Elfe, Elfe, Elfe, Elfe …
    Und dann, während sie immer fester in die Pedale trat, bildete sich ein Satz in ihrem Kopf.
    Ich bin eine Elfe.
    Mageli zog so heftig an der Bremse, dass sie fast über den Lenker geschleudert worden wäre. Sie ließ sich vom Sattel gleiten und stellte beide Füße fest auf den Boden. Schwer atmend umklammerte sie den Lenker.
    »Ich bin eine Elfe«, sagte sie ganz leise zu sich selbst.
    Und dann ganz laut, auch wenn niemand außer ihr da war, der es hören konnte: »Ich bin eine Elfe!«
    Ein Vogel keckerte wie zur Bestätigung.
    Den restlichen Heimweg brauchte Mageli, um diese Erkenntnis zu verdauen. Erst als sie das Fahrrad in die Garage schob, kam ihr ein neuer Gedanke, der ihr gar nicht gefiel: Und was jetzt?
    Denn wie sie ins Elfenreich gelangen sollte, wusste sie noch immer nicht!
    »Versuch’s mal mit Musik.« Mageli sagte den Satz vor sich hin, als sie ins Haus ging. Sehr witzig. Elfische Musik! Haha. In ihren Ohren klang das albern. Woher sollte sie wissen, welche Art Musik Elfen machten, wenn sie erst seit etwa einer halben Stunde überhaupt wusste, dass sie eine Elfe war.
    »Hallo Engel.« Ihr Vater lehnte im Türrahmen zur Küche, ein zusammengeklapptes Butterbrot in der Hand. Mageli hatte keine Ahnung, ob das ein verspätetes Mittagessen oder ein vorgezogenes Abendessen war. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.
    »Hi Paps«, sagte sie und ging an ihrem erstaunten Vater vorbei in den Keller. Sie schloss ihre Zimmertür ab, warf den Rucksack in die Ecke neben dem Schreibtisch und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. Nur um sofort wieder aufzuspringen und unruhig im Zimmer auf und ab zu laufen. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    Als sie an ihrem alten Sessel vorbeikam, strich sie abwesend mit der Hand über die Armlehne. Hier hatte Erin gesessen und sich mit ihr unterhalten. Das war erst vor wenigen Nächten gewesen – und seither war so unendlich viel passiert. Was hatte sie über seine Erzählungen in dieser Nacht gestaunt. Wie hatte sie gelacht, als er nicht wusste, was eine CD war.
    Du spielst Flöte? , klang Erins verblüffte Stimme in ihren Ohren. Und dann wieder Silas’

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