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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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streckte einen Daumen in die Höhe. Mageli musste grinsen. Die Geste passte so gar nicht zu der alten Dame und war gerade deshalb ausgesprochen tröstlich.
    Mageli hatte keine Ahnung, wie sie schaffen sollte, was sie sich vorgenommen hatte. Sie hatte nur eine vage Idee, was sie als Nächstes tun würde. Sie wollte wieder zur Lichtung fahren, denn dort hatte alles angefangen. Vielleicht würde sie dort auch eine Lösung für das Geheimnis um den Eingang ins Elfenreich finden.

»Ferocius?«
    »Ja, mein König?«
    »Mein Sohn ist krank. Schwer krank.«
    »Ich hörte davon.«
    »Die herkömmlichen Tränke zeigen keine Wirkung. Und selbst mit den speziellen Rezepturen meines persönlichen Heilers konnte keine Besserung erzielt werden. Was sollen wir tun? Was sollen wir bloß tun?«
    Mit seiner schmalen Hand umklammerte Livian die Armlehne des reich mit Ornamenten verzierten hölzernen Thrones. Seine Hand zitterte, jedoch so leicht, dass es nur jemandem auffiel, der den König genau beobachtete.
    Erwartungsvoll blickte er seinen ersten Berater an. Der zog sich umständlich einen Sessel heran, der fast ebenso schön verziert war wie der Thron des Königs. Ferocius strich sich eine Strähne seiner schwarzen Haare aus der Stirn, schlang seinen dunklen Umhang um sich und setzte sich neben den König.
    »Manche Krankheiten heilt eben nur die Zeit, mein König.«
    Livian schüttelte müde seinen Kopf. Sein langes Haar war silbrig weiß und seine Haut durchzogen von Falten, die nicht von seinem Alter, sondern von Sorge und Kummer herrührten.
    »Das kann ich nicht glauben. Es muss ein Mittel geben. Ich habe mir schon gedacht …« Der König brach ab und ließ das Ende des Satzes ungesagt in der Luft hängen.
    »Was, mein König? Was habt Ihr Euch gedacht?«, hakte Ferocius nach.
    »Sollten wir nach Alawin schicken? Sie könnte uns vielleicht helfen.« Der König sprach zögerlich, als fürchtete er, sein Vorschlag könnte auf Ablehnung stoßen. Und tatsächlich fuhr Ferocius auf.
    »Alawin? Mein König! Niemals! Dieser alten Schwarzseherin wollt Ihr Euer Vertrauen schenken und das Schicksal Eures einzigen Sohnes in ihre Hände legen? Dieser Verräterin, die sich von ihrem eigenen Volk abgewandt und sich in die Einsiedelei zurückgezogen hat? Ich sage: Niemals, mein König.«
    »Schon gut, schon gut.« Der König zuckte zusammen wie ein gescholtenes Kind. »Ich dachte ja nur, dass sie einst für ihre Kräfte mehr als berühmt war.«
    »Das war einmal.« Ferocius hatte sich wieder im Griff und sprach mit beruhigender Stimme auf den König ein. »Ich werde mich persönlich des Prinzen annehmen. Sicherlich finden wir eine Lösung.« Ferocius lehnte sich zu Livian und sagte fast beschwörend: »Vertraut mir, mein König. Oder habe ich Euch jemals enttäuscht?«
    »Nein, natürlich nicht.« Die sorgenvolle Miene des Königs glättete sich ein wenig und um seinen Mund lag ein müdes Lächeln. »Aber wenn es um meinen eigenen Sohn geht, müsst Ihr verstehen, dass ich sichergehen möchte, dass alles in Ordnung kommt.«
    »Natürlich verstehe ich Euch, mein König. Natürlich.«

Mageli starrte auf die Steine. Vor ihr lagen riesige Steinquader, die den Eingang zur Höhle versperrten. Sie starrte darauf, bis die Umrisse vor ihren Augen verschwammen.
    Im hellen Schein des Mondlichts hatte sie jeden Baum, jeden Busch und sogar den Bach auf der Lichtung genau untersucht. Ohne Erfolg! Da gab es nicht einmal einen Kaninchenbau, geschweige denn einen geheimen Einstieg ins Elfenreich. Nur die Höhle mit ihrem verschütteten Eingang bot Platz für eine entsprechende Fantasie. Doch die riesigen Steine lagen unbeweglich aufgestapelt, nicht einmal der kleinste Spalt war dazwischen zu erkennen.
    Versuch’s mal mit Musik!
    Immer wieder sagte sie sich den Satz vor wie einen Zauberspruch, der das Problem lösen würde. Auch wenn es ihr abwegig erschien, packte sie schließlich ihre Flöte aus dem Rucksack. Etwas Besseres fiel ihr einfach nicht ein. Sie spielte die ersten zaghaften Töne – und brach sofort wieder ab. Bescheuert! Mitten in der Nacht stand sie hier auf einer Lichtung im Wald mit ihrer Flöte. Immerhin hatte das Ganze auch eine gute Seite: Sie konnte sich ziemlich sicher sein, dass um diese Tageszeit außer ein paar Fledermäusen niemand unterwegs war, der sie hörte.
    Mageli hob die Flöte wieder an ihre Lippen. Dann spielte sie die Fantasie, die sie für das Konzert im Seniorenheim gelernt hatte. Als die letzten Töne verklungen waren,

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