Elfenblick
und hatten sich in der Mitte vereint, sodass sie an meterhohe Sanduhren erinnerten. Farbiges Licht legte sich auf die glatten Oberflächen der Steine wie ein glänzender Anstrich von Zauberhand.
Ganz langsam näherte sich Mageli den ersten Tropfsteinen, andächtig blieb sie davor stehen und betrachtete das Spiel der Farben auf dem herrlichen Material. Staunend ging sie zwischen den steinernen Kunstwerken hindurch, drehte sich nach hier und nach da, um jede Einzelheit zu erfassen. Ein besonders schön geformter Tropfstein fiel ihr wegen seiner ausgefallenen Verzierungen ins Auge. Der Stein rankte sich in Form vieler schmaler Äste nach oben. Drum herum hingen einige Lagen aus so feinem Material, dass sie wirkten wie Tücher, die gerade noch vom Wind bewegt worden und dann in der Bewegung erstarrt waren.
Mageli hob den Arm, um über eins dieser hauchdünnen Blätter aus Stein zu streichen. Sie wollte unbedingt fühlen, ob die Gebilde wirklich so zart waren, wie sie aussahen.
Finger weg!, warnte die Stimme in ihrem Kopf im selben Moment.
Magelis Arm blieb in der Luft hängen, in der Bewegung erstarrt wie die Tropfsteine. Unwillig schüttelte sie den Kopf. Warum sollte sie den Stein nicht anfassen? Hier gab es keine Absperrungen, keine Verbotsschilder und auch kein Aufsichtspersonal. Ärgerlich schob Mageli alle Bedenken beiseite und streckte den Arm zu dem ungewöhnlich geformten Stein empor. Ganz vorsichtig, fast zärtlich berührte sie mit den Fingerspitzen die glatte Oberfläche und strich darüber.
Nichts passierte. Was sollte denn auch passieren?
Mageli bückte sich, um unter den herabhängenden Steintüchern hindurch zu dem Gewirr aus glänzenden Ästen zu gelangen. Selbstbewusster berührte sie die erstarrten Verzweigungen und fuhr mit der Hand um die armdicken Tropfsteinsäulen.
In diesem Moment begann der Stein zu bröseln. Erst spürte Mageli noch einzelne Brocken zwischen ihren Händen. Als sie die Hand schloss, rieselten sie ihr wie feiner Sand durch die Finger. Mageli kam kaum dazu, sich darüber zu wundern, als bereits die anderen Äste einer nach dem anderen vor ihren Augen zu Staub zerfielen.
Erschrocken starrte Mageli auf den zerstörten Tropfstein. Da hörte sie hinter sich lautes Knirschen. Sie wirbelte herum und sah gerade noch, wie die steinernen Tücher abbrachen und zu Boden stürzten und Teile der Deckenverkleidung mit sich herabrissen. Ein Hagel kleiner Steinstücke ging auf Mageli nieder. Schützend schlang sie die Arme um ihren Kopf und sah aus dem Augenwinkel, dass nun auch die Steine am Eingang der Höhle herabstürzten und am Boden in tausend Stücke zerbarsten.
Ein eiskalter Schauer überlief Mageli, als ihr klar wurde: Die Höhle stürzt ein!
Blitzschnell blickte sie sich nach einem Fluchtweg um. Zurück zu dem Tunnel, aus dem sie gekommen war, konnte sie nicht. Dort brach bereits alles zusammen. Ihr blieb nur die andere Richtung und die Hoffnung, schnell einen Ausgang zu finden. Mageli rannte los.
Sie hastete zwischen den Tropfsteinen hindurch. Hinter ihr näherte sich das Krachen der brechenden Brocken. Panisch schaute sie über die Schulter. Riesige Zapfen zerschellten am Boden, Kaskaden aus Stein fielen in einem Nebel aus glitzerndem Staub zusammen. Magelis Herz begann zu rasen. Wie bei einem Dominoeffekt breitete sich die Zerstörung aus. Ja, sie schien ihr Tempo immer weiter zu beschleunigen!
Lauf! Lauf um dein Leben!
Mageli stürmte vorwärts, prallte gegen eine Steinsäule, taumelte zur Seite und rannte weiter. Sie umrundete zwei weitere Säulen und sprang mit einem Satz über einige Tropfsteine hinweg, die wie Stacheln aus dem Boden ragten. Einem scharfen Felsvorsprung wich sie zu knapp aus. Das Gestein riss ihren Oberarm auf. Ein spitzer Steinzacken ragte vor ihr aus der Wand. Sie duckte sich. Hechtete weiter.
Einen Weg konnte sie nicht mehr erkennen. Egal! Sie musste rennen. Schneller rennen als je zuvor, um diesem Chaos lebend zu entkommen.
Grollen! Knirschen! Donnern! Eine Armee von Abbruchmaschinen schien ihr direkt auf den Fersen zu sein. Noch ein gehetzter Blick über die Schulter: Die Steine schlugen nieder, wo sie gerade erst entlanggelaufen war.
Ohne auf ihre Füße zu achten, stolperte Mageli voran, trat in eine Pfütze und rutschte weg, strauchelte und taumelte, konnte sich aber im letzten Moment fangen und verhindern, dass sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.
Krachen von rechts! Von links! Nun brachen auch seitlich von ihr die
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