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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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verschwand durch den Vorhang aus Zweigen, doch schon nach wenigen Minuten kehrte er zurück, Magelis Rucksack in der einen Hand, ihre dreckigen Turnschuhe in der anderen. Dankbar nahm sie beides entgegen und fing sofort an, in dem Rucksack nach frischen Klamotten zu suchen. Sie zog ihre Ersatzjeans heraus und die weiße Bluse. Die war zwar zerknittert, passte aber von all ihren Sachen am ehesten zu der Kleidung, in der die Elfen normalerweise herumzulaufen schienen. Ondulas schaute ihr interessiert zu.
    »Das willst du anziehen?«, fragte der Elf gedehnt.
    »Was dagegen?«, erwiderte Mageli gereizt. Sie war froh, überhaupt frische Kleidung mitgenommen zu haben. Was hatte Ondulas daran auszusetzen?
    »Es könnte … unpassend wirken«, erklärte dieser nur.
    Unpassend, soso.
    »Und wen sollte das stören?«
    »Ich dachte nur, dass du vielleicht nicht gleich unangenehm auffallen möchtest.« Trotz der kritischen Worte klang Ondulas’ Stimme freundlich, fast besorgt. Nun war Mageli verunsichert.
    »Ich habe aber nichts anderes dabei.«
    »Oh, kein Problem. Ich werde Rikjana fragen, ob sie dir etwas borgt.« Wieder verschwand Ondulas durch den Vorhang und kehrte ebenso schnell zurück wie zuvor. Dieses Mal hielt er einen kleinen Stapel gefalteter Kleidung in der Hand, darauf lag ein Paar lederner Schuhe, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Turnschlappen hatten.
    »Bitte.« Ondulas streckte ihr die Kleider mit einem Augenzwinkern entgegen und beobachtete Mageli aufmerksam.
    »Würdest du dich kurz umdrehen?«, fragte sie. Nicht, dass das Hemdchen viele Fragen offen ließ, aber einen kompletten Striptease wollte sie vor dem Elfen lieber nicht hinlegen. Ondulas wandte sich ohne Kommentar ab, und Mageli schlüpfte schnell in die Sachen, die Ondulas ihr gegeben hatte: ein weites, weißes Hemd, nicht unähnlich der Bluse, die Mageli mitgebracht hatte, sowie eine ebenfalls weite, grüne Hose, die an den Fußknöcheln mit langen Bändern umwickelt wurde. Zu Magelis Überraschung saß die Kleidung wie angegossen und fühlte sich ausgesprochen angenehm auf der Haut an – weich wie Seide. Selbst die Schuhe passten, als wären sie für ihre Füße gemacht, und bei näherer Betrachtung stellte Mageli fest, dass sie nicht aus normalem Leder, sondern einem feinschuppigen, grünlich schimmernden Material hergestellt waren, das sie noch nie zuvor gesehen hatte und das sie an die Haut einer Eidechse erinnerte.
    »Okay, du kannst dich wieder umdrehen.«
    Ondulas betrachtete sie prüfend.
    »Nicht schlecht«, stellte er sachlich fest.
    »Was?«, fragte Mageli gereizt. Unter seinem Blick kam sie sich wieder fast nackt vor.
    »Du kommst also aus der Menschenwelt«, bemerkte Ondulas, ohne auf ihre Frage oder ihren Tonfall einzugehen.
    »Woher weißt du das?«
    »Rikjana hat mir eben das Wichtigste berichtet. Sie ist verunsichert. Wir glaubten unsere alte Welt all die Jahre verloren. Ebenso wie einige unserer Freunde.«
    Mageli wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Also wechselte sie das Thema. »Wie lange habe ich hier gelegen?«
    »Einen Tag und eine Nacht«, gab der Elf zur Antwort.
    Nur vierundzwanzig Stunden? Mageli staunte. In dieser kurzen Zeit sollten alle ihre Verletzungen geheilt sein? »Wie ist das möglich?«, hakte sie nach.
    »Rikjana ist eine gute Heilerin«, erklärte Ondulas. »Ihre Tränke können wahre Wunder bewirken.«
    Ja, offensichtlich, dachte Mageli. Und trotzdem: Auch vierundzwanzig Stunden waren eine lange Zeit. Was mochte inzwischen mit Erin geschehen sein? Hoffentlich kam sie nicht zu spät!
    »Könntest du mich zu Rikjana bringen, damit ich mich verabschieden kann?«, bat sie. »Ich muss dringend los.«
    Ondulas schwieg wieder und allmählich wurde Mageli ungeduldig. Sie wollte an ihm vorbei zu der Türöffnung, da legte Ondulas ihr die Hand auf die Schulter, sanft, aber bestimmt.
    »Daraus wird erst mal nichts, Mageli«, sagte er. »Es gibt hier einige Freunde, die dich kennenlernen möchten.«

»Erhebt euch.«
    Waldur und Brigan schauten sich unsicher an. Sie wären lieber auf den Knien geblieben, den Kopf zum Boden geneigt, um sich dem Blick des Meisters nicht stellen zu müssen.
    »Aufstehen, habe ich gesagt«, forderte der Mann mit der schwarzen Kapuze sie auf, nun schon etwas ungeduldig.
    Umständlich kamen Waldur und Brigan auf die Füße und scharrten verlegen im Staub. Den Blick hielten sie zum Boden gesenkt.
    »Wo ist das Mädchen?«
    »Es ist uns …«, begann Waldur und verstummte dann.
    »…

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