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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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gestreckt und die Sonnenstrahlen wärmten ihre Glieder. Sanft strichen ihre Fingerspitzen über die Grashalme. Ein Schatten fiel auf ihr Gesicht und sie öffnete die Augen.
    Sie musste blinzeln, weil das helle Sonnenlicht sie blendete, und im ersten Moment sah sie nur eine schemenhafte Gestalt, deren dunkler Umriss sich scharf gegen den strahlend blauen Himmel abzeichnete. Da kniete die Gestalt neben ihr nieder, und Mageli erkannte, dass es Erin war. Sie lächelte träge. Und er erwiderte ihr Lächeln mit seinem unnachahmlichen schiefen Grinsen, das Magelis Herz einen Takt schneller schlagen ließ. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Dieser wunderschöne Sommertag und dann auch noch Erin! Seine Zauberaugen funkelten sie an, und er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr vom Boden aufzuhelfen.
    Mageli wollte gerade nach seiner Hand greifen, als sich plötzlich ein Schatten über die Wiese legte. Gleichzeitig schauten sie und Erin nach oben zum Himmel, der noch immer strahlend blau war, nur vor die Sonne hatte sich eine riesige dunkle Wolke geschoben. Nein, keine Wolke, erkannte Mageli auf den zweiten Blick, sondern ein Vogel oder ein anderes Tier mit breiten schwarzen Schwingen, die es kraftvoll hob und senkte, und das mit einem gellenden Schrei auf die Wiese hinabstürzte. Immer größer wurde der unheilvolle Umriss dieses Wesens, das genau auf sie zusteuerte.
    Erin zerrte an ihrer Hand, doch Mageli war unfähig, sich zu bewegen. Mit dem Rücken drückte sie sich auf den Boden und sah das Wesen auf sich zukommen. Es war kein Vogel, sondern eine menschliche Gestalt mit grässlich verzerrten Zügen. Und was sie zunächst für Schwingen gehalten hatte, war ein schwarzer Mantel, der an den Armen der Gestalt flatterte. In jeder Hand hielt das Wesen einen spitzen Dolch, deren Klingen im Sonnenlicht flackerten. Dann war das Wesen nur noch wenige Meter von Mageli entfernt und sie hörte wieder den schrillen Schrei. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie selbst es war, die so schrie. Da stieß die Gestalt auch schon auf sie hinab und hob die Dolche.
    Aber es war nicht ihr Fleisch, in das sich die scharfen Klingen bohrten, sondern Erins. Er hatte sie im letzten Augenblick zur Seite gerollt und lag nun dort, wo sie gerade noch gewesen war. Sie spürte seinen Schmerz wie ihren eigenen. Aus ihren Augen quollen Tränen, die auf Erins Wangen tropften, dick und rot wie Blut.
    Magelis Sicht verschwamm. Da war nichts mehr vor ihren Augen als gleißend helles Licht, das auf ihrer Netzhaut brannte, sodass sie die Lider zusammenkneifen musste.
    Erins Atem, schwach und gepresst.
    Und seine Stimme, die flüsterte: »Er wird mich töten.«
    Mageli erwachte mit einem stummen Schrei auf den Lippen.
    »Woher hast du das?«
    Im ersten Moment begriff Mageli nicht, dass jemand sie angesprochen hatte. Sie war benommen, ihr Herz raste und ihr Albtraum hielt sie fest im Griff. Doch die Stimme ließ nicht locker.
    »He, ich weiß genau, dass du wach bist. Mach die Augen auf.«
    Alles in Mageli sträubte sich, dem Befehl nachzukommen. Was, wenn sie wieder in dem Felsenverlies gelandet war? Oder, noch schlimmer, wenn ihre Wächter sie tatsächlich zu diesem Meister gebracht hatten? Andererseits: Diese Stimme klang nicht unfreundlich. Höchstens ein bisschen ungeduldig. Und sie gehörte eindeutig einer Frau.
    Vorsichtig öffnete Mageli ihre Augen einen Spaltbreit, aber das Einzige, was sie sehen konnte, war ein kleiner Gegenstand, der vor ihrem Gesicht hin und her pendelte und dabei unregelmäßige Lichtreflexionen aussandte. Neugierig geworden, riss sie die Augen ganz auf und erkannte das Amulett, das Silas ihr gegeben und das sie seither an dem Lederband um ihren Hals getragen hatte. Reflexartig wollte sie danach greifen, war aber nicht schnell genug.
    Das Amulett wurde vor ihren Augen weggezogen und stattdessen kam das blasse Gesicht einer jungen Frau in ihr Blickfeld. Es wurde von kurzen, schwarzen Haaren umrahmt wie von einem dunklen Heiligenschein, und die Züge waren so perfekt, dass es Mageli an die Models in Modemagazinen erinnerte. Nur zwei ausgesprochen spitze Ohren störten das harmonische Gesamtbild ein wenig. Den Ausdruck der Frau konnte Mageli nicht deuten. Sie lächelte nicht, aber sie sah auch nicht grimmig und schon gar nicht gefährlich aus. Wenn überhaupt, dann angespannt. Und ihre Augen wirkten vor allem interessiert. Sie waren strahlend türkis und erinnerten Mageli an jemanden, nur fiel ihr nicht ein, wer das war.
    »Wo bin ich? Und

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