Elfenblut
mit einem knappen Nicken und immerhin der Andeutung eines Lächelns, während Alica ihr Möglichstes tat, um einfach durch ihn hindurchzustarren. Istvan zog kurz die linke Augenbraue hoch, doch sein einziger Kommentar – an Brack gewandt – bestand aus einem angedeuteten Schulterzucken und den Worten: »Ihr wart lange weg, Brack.«
Brack begann unbehaglich mit den Händen zu ringen. Pia sah ihm an, wie viel Überwindung es ihn kostete, Alica und sie nicht mit vorwurfsvollen Blicken zu durchbohren. »Es tut mir leid, Erhabener«, sagte er nervös. »Ich musste erst eine Weile …nach ihnen suchen. Ihr wisst ja – WeißWald ist ein Labyrinth für den, der sich hier nicht auskennt.« Er gestikulierte übertrieben in Pias Richtung. »Das ist …«
»Ja, ich weiß, wer das ist«, unterbrach ihn Istvan. Sein Blick suchte Pias Gesicht und verharrte darauf. »Man kann es sehen.«
»Ich bin Gaylen«, sagte Pia. Eigentlich hatte sie Pia sagen wollen. Istvan starrte sie weiter aus seinen durchdringenden Augen an, und Pia begriff eines mit vollkommener Klarheit: Diesem Mann etwas vorzumachen, würde sehr schwer sein. Sie deutete auf Alica. »Meine Freundin Alica. Sie spricht Eure Sprache nicht. Aber ich kann für sie übersetzen.«
Istvan ließ sich nicht anmerken, was er von diesen Worten hielt, sondern bedeutete ihnen nur mit einer stummen Geste, Platz zu nehmen, und Pia gehorchte. Alica tat unaufgefordert dasselbe. Istvan würdigte sie nicht einmal eines Blickes.
Brack nahm ebenfalls Platz und machte eine herrische Geste in Lasars Richtung, der immer noch mit demselben Holzscheit beschäftigt war und sich so auffällig darum bemühte, unauffällig zu sein, dass es schon fast lächerlich war. »Bring Bier, Faulpelz.«
Der Junge verschwand, und Istvan wartete, bis das Geräusch der Tür hinter der Theke zu hören war, dann wandte er sich erneut und mit misstrauischer Miene direkt an Pia. »Dein Name ist also Gaylen«, sagte er. Pia versuchte vergeblich, sich selbst einzureden, dass ihr die bohrenden Blicke nichts ausmachten.
»Ja«, sagte sie. Istvan schwieg, und sie spürte, dass er von ihr erwartete, von sich aus weiterzusprechen. Brack, der sich so gesetzt hatte, dass Istvan sein Gesicht nicht sehen konnte, versuchte ihr mit Blicken etwas zu signalisieren, doch sie wusste nicht, was. Schließlich fuhr sie fort: »Und mein Name ist wirklich Gaylen. Ich meine … Brack hat mir erzählt, was es damit bei Euch auf sich hat. Das ist … sonderbar. Und ziemlich peinlich.«
»So?«, fragte Istvan.
»Da, wo wir herkommen, ist dieser Name eher eine Auszeichnung«, erklärte Pia.
»Da, wo ihr herkommt«, wiederholte Istvan.
Pia spürte, wie dünn das Eis war, auf dem sie sich bewegte. Sie konnte es knistern hören. »Eine kleine Insel im östlichen Meer«, sagte sie. »Ihr habt bestimmt noch nie davon gehört. Favela.«
»Nein«, antwortete Istvan. »Aber das hat nichts zu bedeuten. Das östliche Meer ist groß und die Küste ist weit. Niemand kennt alle Inseln, die es dort gibt. Wie sollte ich also den Namen einer bestimmten Insel kennen?« Falls es sie überhaupt gibt, fügte sein Blick unübersehbar hinzu. »Und was führt euch her, so weit weg von eurer Heimat?«
»Wir wollten nicht hierher«, antwortete Pia, wie sie selbst spürte, eindeutig zu hastig. Verdammt, warum hatte Brack auch so schnell mit diesem Istvan zurückkommen müssen? Sie hatte nicht einmal ansatzweise Zeit gehabt, sich eine Geschichte zurechtzulegen!
Jetzt würde sie improvisieren müssen.
»Meine Freundin und ich waren auf einer Wallfahrt«, sagte sie. »Wir wollten nach Florida, das ist die heilige Insel unseres Volkes.«
»Von der zweifellos hier auch noch nie jemand etwas gehört hat«, vermutete Istvan. Er runzelte die Stirn.
»Unser Schiff geriet in einen Sturm«, sagte Pia. »Wir haben Schiffbruch erlitten.«
»Wo?«, fragte Istvan. Brack verdrehte die Augen. Der Ausdruck auf seinem Gesicht näherte sich allmählich echter Verzweiflung.
»An der Küste.« Pia lächelte hastig und bemühte sich noch heftiger um ein angemessen verlegenes Gesicht, als sich Istvans Stirnrunzeln vertiefte. »Ich weiß, das klingt … seltsam, aber Alica und ich verstehen nichts von der Seefahrt und noch weniger von Eurem Land. Der Sturm war schrecklich. Viele Tage hat er unser Schiff gebeutelt, und am Ende hat er es gegen die Klippen geworfen. Das Schiff ist gesunken, und Alica und ich waren die einzigen Überlebenden, fürchte ich. Wir sind tagelang
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