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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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näherten, desto kleiner und ärmlicher schienen die Gebäude zu werden, nicht einfach nur älter und einfacher, sondern verwahrloster. Mehr als eines stand leer, wie man auf den ersten Blick erkannte, und alles hier wirkte … schmuddeliger. Seltsam.
    Dann traten sie zwischen den letzten Häusern heraus, und der Grund wurde ihr klar, ohne dass sie ihn zunächst wirklich in Worte fassen konnte oder es auch nur gewollt hätte. Vor ihnen lag der Turm des Hochkönigs. Der schwarze Koloss reckte sich noch deutlich höher über die Dächer der Stadt, als es von Weitem den Anschein gehabt hatte, und auch aus der Nähe betrachtet verlor der Anblick nichts von seiner unheimlichen Wirkung. Der Stein seiner Wände war vollkommen schwarz; ein Schwarz von einer Tiefe, wie sie es selten zu Gesicht bekommen hatte, fast als sauge es das Sonnenlicht auf, um ihm alles Warme und Lebendige zu nehmen. Dieses Bauwerk schien nur Kälte auszustrahlen. Es war beinahe unmöglich, seine genaue Form zu bestimmen, denn es schien kein wirklich zentrales Gebäude zu geben, sondern nur eine wie zusammengedrückt wirkende Ansammlung unterschiedlich hoher und starker Türme und Türmchen, Erker und Vorsprünge, zinnengesäumter Dächer und Wehrgänge.
    »Wer immer das Ding gebaut hat, muss gehörig einen an der Klatsche gehabt haben«, sagte Alica.
    Pia lächelte flüchtig, auch wenn ihr wirklich nicht nach Lachen zumute war. Sie hätte es anders ausgedrückt, aber Alica hatte es auf den Punkt gebracht. Das Gebäude sah aus, als wäre es einem Fiebertraum entsprungen oder auf dem Reißbrett eines Architekten entstanden, der tatsächlich gehörig einen an der Klatsche gehabt hatte.
    »Jetzt weiß ich auch, warum hier niemand lebt«, fuhr Alica fort. »Mir würde die Nachbarschaft auch nicht gefallen.«
    Pia nickte auch dazu nur wortlos und musste sich überwinden weiterzugehen. Im ersten Moment glaubte sie, es wären wieder ihre magischen Stiefel, die ihr mitteilen wollten, dass es keine wirklich gute Idee war, diese Richtung einzuschlagen, doch das war nicht der Fall. Etwas in ihr sträubte sich. Dieser Turm flößte ihr Angst ein. Sie zwang sich trotzdem, nicht nur weiterzugehen, sondern ihre Schritte sogar noch zu beschleunigen; und sei es bloß, um nicht vor sich selbst als Feigling dazustehen.
    Der Turm überragte sämtliche Gebäude WeißWalds um ein Vielfaches, und die anderen Häuser hielten respektvollen Abstand zu ihm, als hätten es die Menschen hier angstvoll vermieden, auch nur im Schatten dieses zyklopischen Dinges zu siedeln. Es gab einen gut hundert Meter messenden, vollkommen freien Streifen ringsum, und zwischen ihm und dem eigentlichen Turm klaffte ein nahezu halb so breiter und erschreckend tiefer Graben, über den eine schmale steinerne Brücke mit einem kaum hüfthohen gemauerten Geländer führte. Pia gab ihrer inneren Stimme gar nicht erst die Gelegenheit, gegen ihr weiteres Vorhaben zu protestieren, sondern ging im Gegenteil noch schneller über die Brücke und hielt erst an, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten und das Tor vor ihnen lag. Es war ebenso gigantisch und größenwahnsinnig wie das gesamte Gebäude, ein zweiflügeliges Monstrum aus gewaltigen Balken, die ebenso schwarz und lichtschluckend waren wie der Stein, der sie umgab, und mit uralten, zum größten Teil bis zur Unkenntlichkeit verwitterten Schnitzereien verziert. Pia konnte keine Möglichkeit entdecken, es zu öffnen, worüber sie tief in sich beinahe erleichtert war. So musste sie wenigstens keine Ausrede suchen, um es nicht zu tun.
    »Gut, jetzt haben wir ihn uns angesehen«, sagte Alica nervös. »Können wir dann wieder gehen?« Das Wir hätten gar nicht herkommen sollen sparte sie sich, aber Pia hörte es trotzdem.
    Statt zu antworten, trat sie zwei Schritte zurück und schlang während der Bewegung ihren Umhang enger um die Schultern. Sie versuchte sich einzureden, ihr plötzliches Frösteln läge nur an der Kälte, die ganz WeißWald in ihrem eisigen Griff hatte, wusste aber, dass das nicht stimmte. Es war dieses Tor. Der schwarze Stein, der eine Kälte ganz anderer Art ausstrahlte, gegen die keine noch so warme Kleidung Schutz bot.
    Dann erfasste ihr Blick etwas über dem Tor, und sie vergaß die Kälte, den schwarzen Basalt und selbst Alica neben sich. Pia glaubte zu spüren, wie ihr Herz stockte und dann schneller und hektischer weiterschlug.
    In den tonnenschweren Firststein des Torgewölbes war das Porträt eines Mannes

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