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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kein leichtes Leben. Die wenigsten hier haben das. Und dann, als es schon fast vorüber scheint, als sie sich längst damit abgefunden hat, dass es nur noch schlimmer werden kann und das Leben nicht mehr für sie bereithält als noch mehr Schmerz und Leid, dann kommt Ihr. Seit tausend Jahren warten wir auf die Rückkehr der verschollenen Elfenprinzessin … und dann kehrt sie zurück, und Nani ist es, die sie findet. Ihr habt sie glücklich gemacht, Gaylen. Ich weiß nicht, warum Ihr Euch weigert, es zuzugeben, aber Ihr habt dieser alten Frau das größte Geschenk gemacht, das ein Mensch einem anderen machen kann.«
    »Und wenn sich herausstellt, dass ich es nicht bin?«
    »Dann spielt das auch keine Rolle«, antwortete Lion. »Was auch immer geschehen mag und was auch immer irgendjemand zu ihr sagt, für sie werdet Ihr stets Gaylen bleiben. Und für Nani ist es gut so.« Er lachte leise. »Warum wehrt Ihr Euch so sehr gegen den Gedanken, etwas Gutes getan zu haben?«
    »Weil ich nicht sicher bin, ob es wirklich gut ist«, antwortete Pia ernst. »Und weil es vielleicht gelogen ist.«
    »Gelogen?« Lion machte ein gewichtiges Gesicht. »Ein großes Wort. Unsere Welt besteht aus Lügen, Gaylen. Die, aus der Ihr kommt, nicht?«
    »Hm«, machte Pia.
    Lion lächelte knapp. »Ist das ein Wort aus Eurer Muttersprache, das Ja bedeutet?«
    »Und du?«, fragte Pia, statt ihm direkt zu antworten. »Glaubst du auch, dass ich die echte Gaylen bin?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Lion mit unerwarteter Offenheit. »Etwas … ist an Euch anders, so viel ist klar. Ihr seid nicht die Erste, die behauptet, die wiedergeborene Gaylen zu sein.«
    »Das habe ich nie behauptet!«
    »Und auch nicht die Erste, die tatsächlich glaubt, es zu sein. Wir werden herausfinden, ob Ihr es seid oder nicht. Sobald Ihr mit Eirann gesprochen habt …«
    Pia blieb mitten im Schritt stehen und riss die Augen auf. »Eirann?! «
    »Keine Sorge!« Lion hob beruhigend die Hand. »Jedes zweite dahergelaufene Spitzohr nennt sich Eirann. Er wartet auf uns am Ufer des Tränensees. Er war es, der Valoren beauftragt hat, nach Euch zu suchen.«
    »Spitzohr?«, wiederholte Pia. »Du meinst er ist ein … Elf?« Sie versuchte, sich an zwei schmale und sehr ähnliche Gesichter zu erinnern, das eine aus Fleisch und Blut, das andere aus schwarzem Stein gemeißelt. Keines davon hatte spitze Ohren gehabt.
    Sie gingen weiter, im ersten Moment schweigend, und Lion maß sie lange und mit nachdenklichen Blicken.
    »Was?«, fragte sie schließlich.
    »Ihr wisst entweder wirklich nicht, wovon ich rede, oder seid eine ganz außergewöhnlich gute Lügnerin«, sagte er. »Ich bin nicht ganz sicher, welcher Gedanke mir angenehmer ist.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte Pia eingeschnappt. »Aber beantworte mir doch bitte eine Frage: Wenn dieser Eirann, oder wie immer er wirklich heißen mag, doch so besorgt um mein Wohl war, warum ist er dann nicht selbst gekommen, um mich zu retten?«
    Lion lachte leise. »Wie gesagt, Ihr schauspielert entweder ganz ausgezeichnet oder wisst wirklich nichts.«
    »Nimm an, es wäre so.«
    »Wie?«
    »Lion!«
    »Schon gut.« Lions Blick streifte kurz das Schwert, das sie wieder in die Decke eingerollt hatte und unter dem linken Arm trug. »Kein Elf kann sich WeißWald auch nur nähern«, sagte er. »Es gibt einen Schutzzauber, der das verhindert. Die Spitzohren ertragen es nicht, auch nur in Sichtweite vom Turm des Hochkönigs zu gelangen.«
    Pia tat diese Erklärung als genauso lächerlich ab, wie sie sich anhörte, aber dann fiel ihr doch irgendetwas daran auf, und sie dachte einen Moment lang intensiver darüber nach. Sie brauchte nur ein paar Sekunden, um den Fehler darin zu entdecken.
    »Wenn das so ist«, fragte sie, »wie konnte ich dann in WeißWald leben? Und sogar den Turm des Hochkönigs betreten?«
    »Weil dieser Zauber natürlich nicht auf die wirkt, die das alte Blut in sich tragen«, antwortete Lion. »Oder auf Betrüger.«
    »Danke, das habe ich verstanden«, sagte Pia spitz.
    Lion lächelte nur. »Euch habe ich nicht damit gemeint, Gaylen«, sagte er.
    Pia glaubte ihm. Es war nicht nur seine unheimliche Ähnlichkeit mit Jesus, die sie zu der Überzeugung brachte, dass er sie nicht belog. Er strahlte etwas aus, das sie nicht wirklich in Worte kleiden konnte, das aber auch nicht die Spur eines Zweifels aufkommen ließ. Etwas wie … Wahrhaftigkeit. Diese Mann hatte es nicht nötig, zu lügen.
    »Es scheint dir nicht besonders viel

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