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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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knüpfte sie ein wenig unbeholfen an ihre eigene Frage an. »Ter … Es bedeutet Anführer?«
    »Fast«, antwortete er. »Lasst das ›An‹ weg … auch wenn es nicht einmal ganz falsch ist. Wir haben keinen Anführer. Der Ter kennt die Wege und geheimen Pfade. Er weiß, wo die Wasserstellen sind und die Furten über die Flüsse, und er gibt Ratschläge oder warnt. Aber niemand sagt der Herde, wo sie hingehen soll. Wir folgen den Tieren, nicht sie uns, und es wäre auch fatal, wäre es andersherum.«
    »Wieso?«
    Lion lächelte, als hätte sie eine ziemlich dumme, wenngleich auch verständliche Frage gestellt. »Diese Tiere leben hier, seit sich die Sonne das erste Mal über die Berge erhoben hat«, sagte er. »Wie könnten wir uns anmaßen, dieses Land besser zu kennen als sie?«
    »Aber ihr führt sie von Stadt zu Stadt«, gab Pia zu bedenken. »Und dort werden sie geschlachtet.«
    »Nur manche«, antwortete er. »Und die anderen wissen es schließlich nicht. Wir nehmen nie mehr, als die Herde verkraften kann, und wir beschützen sie im Gegenzug vor Raubtieren und bringen ihnen Futter, wenn die Winter zu hart sind. Und Ihr täuscht Euch. Wir führen sie nicht zu den Städten. Die Städte sind zu ihnen gekommen.«
    Auch jetzt verging wieder eine kleine Weile, bis Pia der Sinn dieser scheinbar albernen Behauptung aufging. »Du meinst, die Menschen haben sich entlang ihrer Wanderwege angesiedelt?«
    »Wer weiß? Ich war nicht dabei.« Lion lachte leise. »Aber Ihr werdet wohl recht haben. Ehrlich gesagt, ich habe noch niemals darüber nachgedacht. Eine interessante Frage.« Er maß sie mit einem Blick, als dächte er gerade über etwas ganz anderes nach, das ihm bisher auch noch nicht in den Sinn gekommen war. »Ihr stellt überhaupt eine Menge Fragen.«
    »Das war schon immer mein größter Fehler«, bekannte sie seufzend.
    »Zu viele Fragen zu stellen?«
    »Zu neugierig zu sein. Manchmal hilft es, aber manchmal handelt man sich auch schnell eine Menge Ärger ein, wenn man seine Nase in Dinge steckt, die einen nichts angehen.« Wie zum Beispiel jetzt, dachte sie. Vielleicht wäre nichts von alledem hier passiert, wenn sie ihre Nase nicht in ein gewisses Drogengeschäft gesteckt hätte, dessen eigentliche Betreiber ziemlich humorlos auf diese Einmischung reagiert hatten. O ja, und wenn der Comandante nicht gewesen wäre …
    »Eine ziemlich hübsche Nase, wenn ich das bemerken darf«, sagte Lion. Pia blinzelte verwirrt, und er fuhr mit einem Lächeln fort, in dem sie vergebens nach der auch nur winzigsten Spur von Verlegenheit suchte: »Ihr seid eine sehr schöne Frau, Gaylen, und Eure Freundin scheint genauso schön zu sein …soweit man das unter all dem Schmutz auf ihrem Gesicht beurteilen kann, heißt das. Sind alle Frauen dort so schön, wo Ihr herkommt?«
    Pia war nun vollkommen perplex. Konnte es sein, dass dieser Kerl sie anbaggerte?
    Und was hast du erwartet?, fuhr die lautlose Stimme in ihrem Kopf fort. Sie klang nun unüberhörbar spöttisch. Du sendest keine Signale aus, du lässt gerade Feuerwerksraketen steigen, und davon jede Menge.
    »Habe ich … etwas Falsches gesagt?«, fragte Lion. »Ich wollte nicht anmaßend sein.«
    »Nein, ganz im Gegenteil«, antwortete Pia hastig. »Ich war nur … ein wenig überrascht, dass es dir aufgefallen ist, das ist alles.«
    Und außerdem hatte er recht. Zumindest im Vergleich zu allen Frauen, die sie bisher in WeißWald gesehen hatte, brauchten Alica und sie nicht einmal für die Wahl zur Miss Universum zu kandidieren. Sie könnten sich den Preis auf der Stelle abholen.
    »Ich müsste schon mit Blindheit geschlagen sein, um das nicht zu sehen«, antwortete Lion. »Aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.«
    »Die meisten«, sagte Pia – auch wenn das nicht unbedingt der Wahrheit entsprach. Gut, im direkten Vergleich mit den Schönheiten von WeißWald vielleicht schon. »Und viele sind noch sehr viel schöner.«
    »Dann ist das eine Welt, die ich gerne einmal kennenlernen möchte«, feixte Lion.
    Pia stimmte ganz automatisch in sein Grinsen ein, schüttelte aber nach einer Sekunde den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Weil die Männer dort auch so viel besser aussehen als hier?«
    Pia dachte flüchtig an Esteban. »Kaum. Aber ich bin sicher, dass es dir dort nicht gefallen würde.« Sie war gar nicht einmal mehr sicher, ob es ihr dort noch gefallen würde. Es war seltsam, aber eines wurde ihr genau in diesem Augenblick mit vollkommener Gewissheit klar: Sie

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