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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte?«, fragte Pia und bedauerte ihre eigenen Worte schon, noch bevor sie sie ganz ausgesprochen hatte. Sie glaubte das unheimliche Wispern noch einmal zu hören, und sie erinnerte sich schaudernd an das triumphierende Kreischen tief in sich, diese schreckliche Gier, die sie in diesem Moment gespürt, und den unstillbaren Blutdurst, der Besitz von ihr ergriffen hatte. Hätte Alica sie nicht aufgehalten und einer von Istvans Männern diese winzige Ablenkung ausgenutzt, um sie niederzuschlagen, dann hätte wahrscheinlich niemand auf dieser Lichtung überlebt.
    »Niemand«, antwortete Istvan. Er stand auf, hob das Schwert und machte ein paar spielerische Ausfälle, Finten und Paraden. Dann hielt er unversehens inne, blickte das Schwert mit einer Mischung aus Überraschung und verwirrtem Erschrecken an und schien es plötzlich sehr eilig zu haben, sich wieder zu setzen und das Schwert behutsam auf den Boden zu legen.
    »Gleichwie«, sagte er, nachdem er sich ebenso ausgiebig wie unecht geräuspert und seine Fassung irgendwie zurückgewonnen hatte. »Ich weiß, wer Ihr seid, Gaylen. Vielleicht wisst Ihr es nicht einmal selbst oder weigert Euch, dieses Wissen anzuerkennen, aber ich weiß es.«
    Und sie wusste es auch. Es war gewiss nicht der erste Moment, in dem ihr klar wurde, dass Istvan und all die anderen recht hatten und sie tatsächlich ein uraltes Erbe in sich trug, das ihr vielleicht von allen am rätselhaftesten war und sie noch immer maßlos erschreckte, aber einfach da war, doch es war der erste Moment, in dem sie dieses Begreifen auch akzeptierte. Der Gedanke erfüllte sie mit Ehrfurcht und Zorn zugleich – Ehrfurcht vor der uralten, unvorstellbaren Kraft, die sie tief in sich spürte, aber auch Zorn auf das Schicksal, das ihr dieses Geschenk gemacht hatte, ohne sie auch nur zu fragen, ob sie es überhaupt haben wollte.
    »Wenn Ihr das wirklich glaubt, Istvan, wieso bin ich dann hier angekettet?«, fragte sie.
    »Weil ich meine Befehle habe, Erhabene«, antwortete er. »Dass ich weiß, wer Ihr seid und woraus Eure Aufgabe besteht, bedeutet nicht, dass ich meine wahren Herren verleugne oder meinen Auftrag verrate.«
    Nun, was hatte sie erwartet? Es gab wirklich eine Menge, was man gegen Istvan sagen konnte, aber auf seine ganz spezielle Art war er zweifellos ein Mann von Ehre, der niemals einen Verrat begehen würde.
    »Und woraus besteht dieser Auftrag?«, fragte sie – obwohl sie die Antwort ganz genau kannte.
    Istvan musste das auch wissen, aber er antwortete trotzdem. »Es sind Männer auf dem Weg hierher, um Euch in die Hauptstadt zu bringen, Erhabene. Ich habe Befehl, dafür zu sorgen, dass Ihr ihnen sicher und unversehrt übergeben werdet.«
    »Und was geschieht dann mit mir?«, fragte Pia.
    Istvan sah sie fast traurig an. »Das weiß ich nicht, Erhabene«, sagte er. Es klang ehrlich, aber zugleich auch so, als erwarte er ganz und gar nichts Gutes; so wenig wie Pia selbst.
    Sie hätte ihn fragen können warum er es dann tat, hätte an sein Gewissen appellieren können oder an seine Vernunft oder ihn einfach um Gnade anflehen, aber sie tat nichts von alledem, weil auch nichts von alledem Sinn gehabt hätte.
    Auf seine krude Art war Istvan tatsächlich ein Mann von Ehre, und mit solchen Leuten konnte man nicht reden. Sie versuchte es trotzdem. »Es könnte mein Todesurteil sein.«
    »Nein, keine Angst«, antwortete er. »Sie werden Euch nicht töten, Erhabene.« So viel Glück wirst du nicht haben , fügte sein Blick hinzu.
    Ja natürlich, was auch sonst? Irgendetwas hätte ja auch einmal einfach sein können.
    Theoretisch.
    »Aber Ihr verehrt mich«, sagte sie vorsichtig. »Oder das, wofür ich …« Sie unterbrach sich, suchte einen Moment nach den richtigen Worten und hob dann ein wenig hilflos die Schultern. »Ihr versteht schon, was ich meine.«
    »Ja.«
    »Würdet Ihr mir dann … eine Bitte erfüllen? Nicht die, mich freizulassen, keine Sorge.«
    »Wenn es in meiner Macht steht.«
    »Was geschieht mit Alica? Sie ist nur ein einfaches Mädchen und nicht von Interesse für Eure Herren aus der Hauptstadt, und …« Sie unterbrach sich, als ihr sein Blick auffiel. Ihr Herz begann zu klopfen. »Sie ist nicht hier.«
    »Nein«, antwortete Istvan.
    »Ist sie …« Es kostete sie ihre ganze Kraft, das Wort auszusprechen. »Tot?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Istvan. »Nachdem meine Männer Euch überwältigt hatten, war sie verschwunden.«
    »Verschwunden? Das glaube ich nicht!«, sagte Pia

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