Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
möglicherweise ein Fehler, denn plötzlich las sie nichts anderes als Misstrauen und Erschrecken auf seinen Zügen. »Ein Freund?«, vergewisserte er sich.
    »Das war ironisch gemeint«, antwortete sie. »Er hat schon früher versucht, mich gefangen zu nehmen. Oder Schlimmeres.«
    »Nandes?«, wiederholte Istvan. Sein Misstrauen schien zuzunehmen. »Nandes war hier? In der Stadt? Warum habt Ihr mir das nicht gesagt? Ich hätte ihn auf der Stelle festnehmen lassen!«
    Irgendwie bezweifelte Pia, dass ihm das gelungen wäre. Einige Sekunden lang sah sie ihm fest in die Augen, dann fragte sie: »Ihr kennt Hernandez nicht?«
    »Jedermann kennt Nandes!«, schnaubte Istvan. »Er ist der Anführer der südlichen Barbarenstämme. Der Schlimmste von allen!«
    »Aber Ihr wisst nicht, wie er aussieht.«
    »Niemand weiß das. Wäre sein Aussehen bekannt, wäre er längst tot. Auf seinen Kopf ist eine hohe Belohnung ausgesetzt.«
    »Wenn das stimmt«, sagte Pia, ohne dass ihr Blick seine Augen losgelassen hätte, »dann ist Euch eine Menge Geld durch die Lappen gegangen, Istvan.«
    »Wieso?« Seine Augen wurden schmal,
    »Erinnert Ihr Euch an den Abend, an dem Ihr zum letzten Mal im Weißen Eber wart, Kommandant? An den Fremden mit dem Lederhelm? Er hat gleich neben der Tür gesessen, und ich habe mich eine Weile mit ihm unterhalten.«
    Istvan wurde noch ein bisschen blasser. »Das war … Nan-des?«, krächzte er.
    »Ich kenne ihn als Hernandez, aber diesen Namen hat er genannt, ja.«
    »Er war … in der Stadt?«, wiederholte Istvan. »Ich … habe praktisch neben ihm gestanden und es nicht einmal gewusst? Warum bei Kronn habt Ihr nichts gesagt?«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«, fragte Pia. »Ich wusste nicht, dass Ihr ihn kennt. Und sucht.«
    »Das ganze Land sucht ihn«, antwortete er finster. »Er ist der Teufel in Person! Seit er aufgetaucht ist, hat sich die Gefahr durch die Barbarensstämme verzehnfacht!«
    »Ja«, seufzte Pia, »das passt irgendwie zu ihm. Eigentlich hätte es mich gewundert, wenn es anders gewesen wäre.«
    »Woher kennt Ihr Nandes?«
    Pia gemahnte sich innerlich zur Vorsicht. »Aus meiner Heimat, wie ich bereits gesagt habe«, antwortete sie. »Er war …auch da schon nicht unbedingt mein größter Fan, um es einmal vorsichtig auszudrücken.«
    Istvan sah nicht so aus, als könne er mit dieser Antwort etwas anfangen. Vielleicht war der Begriff Ironie in diesem Land ja gänzlich unbekannt. »Ihr behauptet, ihn aus Eurer Heimat zu kennen?«
    »Behauptet?«
    Istvan fuhr sich nervös mit dem Handrücken über das Kinn. »Verzeiht, Erhabene, aber Nandes hat bereits vor zehn Jahren damit begonnen, die südlichen Stämme zu vereinen, und Ihr …also ich …«
    »Ich verstehe, was Ihr meint, Kommandant«, nickte Pia. »Aber vielleicht bin ich ja älter, als es den Anschein hat.«
    Istvan sah jetzt ein bisschen verwirrt aus. Pia wusste selbst, wie wenig überzeugend diese Antwort klang … aber vielleicht immer noch überzeugender als die, dass die Zeit in ihrer Heimat offensichtlich anderen Gesetzen gehorchte als hier. »Und jetzt bringt uns beide nicht in eine peinliche Lage«, fügte sie lächelnd hinzu. »Da, wo ich herkomme, fragt man eine Dame nicht nach ihrem Alter.
    Istvan blieb ernst. »Was habt Ihr mit Nandes zu tun?«, beharrte er.
    »Nicht mehr als das, was ich Euch schon erzählt habe«, antwortete sie, jetzt eindeutig um mehrere Grade kühler. »Er war auch früher schon ein schlechter Mensch, ein Räuber und Dieb.«
    »Warum wurde er dann nicht festgenommen und bestraft?«, fragte Istvan.
    Pia hob die Schultern. »Er war … Polizist.«
    »Polizist?« Das Wort sagte ihm nichts.
    »Eigentlich sollte er in der Stadt für Ordnung sorgen«, antwortete sie. »Er und seine Männer wurden dafür bezahlt, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten und die Menschen zu beschützen, aber in Wahrheit waren sie die Schlimmsten. Ich glaube, es hat in unserem Viertel nicht viele krumme Dinger gegeben, in denen er nicht seine Finger mit im Spiel hatte – oder von denen er nicht wenigstens wusste und für ein kleines Bakschisch in eine andere Richtung gesehen hat.«
    Istvan starrte sie an, und einen Moment lang glaubte sie, es läge nur daran, dass auch in diesem Satz ein paar Worte gewesen waren, die er nicht verstand. Dann begriff sie, dass das genaue Gegenteil der Fall war. Istvan hatte sie nur zu gut verstanden. Und sie begriff noch etwas anderes: Sie hatte gerade nicht nur Hernandez beschrieben,

Weitere Kostenlose Bücher