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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Alica. »Was ist denn das für ein klebriges Zeugs?«
    »Still!«, sagte Pia erschrocken. »Und rühr dich nicht!«
    Alica sah schon wieder ein bisschen beleidigt aus, aber sie gehorchte immerhin. Nebeneinander flach auf dem Bauch liegend, sahen sie in die Dunkelheit hinunter.
    Sie mussten nicht lange warten. Es verging weniger als eine Minute, bis eine Gestalt unter ihnen im Innenhof auftauchte. Sie war nur als flacher Schatten zu erkennen, aber an ihrer Hüfte schimmerte Metall, und Pia meinte so etwas wie einen schwachen Geruch nach Blut aufzufangen. Das musste der Bursche sein, dem sie in die Schulter geschossen hatte. So wie er sich bewegte, schien ihm die Verletzung nicht allzu viel auszumachen und ihn schon gar nicht zu behindern. Er stand einen Moment lang vollkommen reglos da, dann drehte er sich um, legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihnen hoch.
    Das ist vollkommen unmöglich! , dachte Pia hysterisch. Er hatte nicht einmal nach ihnen gesucht , sondern sah so direkt zu Alica und ihr hoch, als hätte er ganz genau gewusst, wo sie waren!
    »Weg hier!«, sagte sie. »Schnell!« Es hatte keinen Sinn mehr, leise zu sein oder sich verstecken zu wollen. Begleitet von einem schmatzenden Laut sprang sie auf die Füße, riss Alica grob mit sich in die Höhe und fuhr herum. Hinter ihnen polterte es, dann hörten sie das Geräusch von zerbrechenden Dachschindeln, als der Kerl einfach an der Wand heraufsprang, die sie gerade so mühsam erstiegen hatten.
    Pia rannte das erste Dutzend Schritte in die Nacht hinein, ohne auch nur einen Gedanken an die Richtung zu verschwenden, in die sie liefen. Jede Richtung war recht, solange sie in direkter Linie von ihrem Verfolger wegführte. Das Dach ging nach zehn oder zwölf Metern in ein zweites, teergedecktes Flachdach über, das zu einer einfachen Sonnenterrasse umgebaut worden war. Alica und sie pflügten wie ein lebender Wirbelsturm durch die billigen Plastikmöbel, sprangen auf ein weiteres, etwas tiefer gelegenes Flachdach hinab und jagten die Schräge eines der seltenen schiefergedeckten Dächer hinauf, um auf der anderen Seite kurzerhand herunterzurutschen. Pia wagte nicht, einen einzigen Blick über die Schulter zurückzuwerfen, aber das war auch nicht nötig. Ihr Verfolger war immer noch da und er fiel keineswegs zurück, sondern holte langsam, aber stetig auf, wie das rhythmische Stampfen seiner Schritte hinter ihnen verriet. Allmählich begann sich so etwas wie echte Verzweiflung in Pia breitzumachen. Sie konnten dem Kerl nicht davonlaufen, und er und sein Begleiter hatten ihr zur Genüge bewiesen, wie unmöglich es war, sich vor ihnen zu verstecken. Ihre Hand glitt fast ohne ihr Zutun zu der Waffe in ihrem Hosenbund und prallte dann so heftig zurück, als hätte sie glühendes Eisen berührt. Nein. So weit war sie noch lange nicht.
    Wenn sie weder vor dem Burschen davonlaufen noch sich vor ihm verstecken konnten, mussten sie eben jeden anderen Vorteil nutzen, der sich ihnen bot. Immerhin kannten sie sich in dieser Gegend (oder zumindest in einer Gegend wie dieser) aus und er nicht – das wusste sie mit einer Sicherheit, die einen zweifelnden Gedanken erst gar nicht aufkommen ließ. Vielleicht konnten sie ihre Ortskenntnisse in die Waagschale werfen und ihn einfach austricksen.
    Sie setzten nebeneinander und mit einem gewagten Sprung über eine gut zwei Meter breite Lücke zwischen zwei Gebäuden hinweg (die schmalen Gassen, die sie vorhin vergeblich gesucht hatte, waren jetzt selbstverständlich da und taten ihr Möglichstes, um sie zu behindern), rasten über ein weiteres Dach und bogen im letzten Moment nach links ab, als vor ihnen ein schwarzer Abgrund aufklaffte; ein weiterer Innenhof, gerade groß genug, um eben nicht über ihn hinwegspringen zu können.
    Aber der Anblick brachte Pia auf eine Idee. Ihre Lungen brannten bereits wie Feuer, und ihre Beine schienen mit jedem Schritt schwerer zu werden. Sie hatten allerhöchstens noch zwei oder drei Minuten, bis ihr entweder die Puste ausging oder ihre Verfolger sie einholten. Wahrscheinlich beides zugleich. Der Verzweiflung nahe, sah sie sich um, gewahrte einen hoffnungsvollen Umriss nur zwei oder drei Dächer vor ihnen und ein Stück links und deutete heftig gestikulierend in die entsprechende Richtung, während sie gleichzeitig versuchte, all ihre verbliebenen Kräfte zu mobilisieren und noch einmal schneller zu laufen. Alica ließ sich nicht anmerken, ob sie begriffen hatte oder nicht, aber sie folgte ihr

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