Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
während sie sich weit nach vorne beugte und keuchend nach Luft rang. Sie hatte das Gefühl, Feuer zu atmen. Gleichzeitig war ihr entsetzlich kalt.
    »Donnerwetter«, keuchte Alica. »Das war … saubere Arbeit. Das mit … Supergirl nehme ich … zurück. Die hätte wahrscheinlich Angst vor … dir.«
    Pia vergeudete nicht einmal einen Atemzug, um ihr zu antworten, sondern richtete sich mühsam auf und sah hinter sich. Der Kerl lag noch immer am Boden und krümmte sich. Augenscheinlich machte ihm der Tritt deutlich mehr zu schaffen als die Kugel, die sie ihm vorhin verpasst hatte. Ihr Knie jedenfalls fühlte sich an, als hätte sie gegen Beton geschlagen. Auch von dem zweiten Verfolger war im Moment nichts zu sehen. Pia hoffte inständig, dass er immer noch fünf Meter tiefer im Hof lag und seine Knochen sortierte.
    »Bleibt nur noch einer«, stieß sie kurzatmig hervor.
    Alica blinzelte. »Wie?«
    »Sie waren zu dritt, schon vergessen?« Pia wollte in diesem Moment nichts mehr, als sich irgendwohin zu setzen und auszuruhen, und sei es nur einige wenige Sekunden, doch stattdessen machte sie eine müde Geste in die Dunkelheit hinein. »Los! Weiter! Vielleicht können wir sie ja irgendwie abschütteln.«
    »So ganz allmählich wirst du mir unheimlich«, murmelte Alica, »weißt du das?« Trotzdem drehte sie sich gehorsam um und ging los, und auf den ersten Schritten war es Pia, die ihr folgte, und nicht umgekehrt. Ihr war immer noch kalt.
    Offensichtlich war sie nicht die Einzige, die fror. Alica hatte eine deutliche Gänsehaut, und ihr Atem wehte als grauer Dampf vor ihrem Gesicht.
    Und dann fiel Pia etwas auf, das noch sehr viel merkwürdiger war: Es war viel zu hell.
    Die Nacht war nach wie vor mondlos, und der Himmel verbarg sich hinter einer geschlossenen Wolkendecke, aber die Dächer reflektierten das blasse Licht, als wären sie weiß lackiert, und diese Dächer selbst …
    Es ging viel zu schnell, als dass sie auch nur eine Chance gehabt hätte zu reagieren. Alica war plötzlich weg, ebenso lautlos und jäh verschwunden wie der Barbar gerade, und im nächsten Moment gab der Boden unter Pias Füßen nach. Ganz instinktiv streckte sie die Hände aus und bekam auch tatsächlich irgendetwas zu fassen, aber es war nicht annähernd stabil genug, um sich daran festzuhalten.
    Sie fiel, wenn auch nicht sehr tief. Dunkelheit hüllte sie ein, die seltsamerweise nach Stroh roch; sie hörte Alica schreien, dann schlug sie irgendwo auf.
    Der Aufprall war unerwartet weich. Nicht so kalt wie das letzte Mal, als sie etwas ganz Ähnliches erlebt hatte, und deutlich sanfter, als wäre sie auf einen Heuboden gestürzt. Passend dazu kribbelte etwas in ihrer Nase und in ihrem Gesicht, und sie musste niesen.
    Erst danach öffnete Pia die Augen, sah nichts als Schatten rings um sich und legte den Kopf in den Nacken. Über ihnen (unangenehm weit über ihnen, mindestens drei oder vier Meter, schätzte sie) gähnte ein unregelmäßig geformtes Loch im Dach, über dem der seltsamste Nachthimmel zu sehen war, den sie jemals erblickt hatte. Eigentlich war er nicht wirklich zu sehen, denn er war zur Gänze mit bauchigen Wolken zugezogen, die niedrig genug zu hängen schienen, um sie mit dem ausgestreckten Arm zu berühren. Und sie waren weiß . Nicht schmutzig grau, als Wolken verkleideter Smog, wie sie es gewohnt war, solange sie sich zurückerinnern konnte, sondern weiß; von einer so strahlenden, reinen Farbe, wie Pia sie noch nie zuvor am Himmel gesehen hatte.
    Neben ihr erscholl ein halb ersticktes Husten, dann raschelte es und dann hörte sie Alicas zornige Stimme: »Na, wunderbar! Das hast du wirklich sauber hingekriegt! Vielen herzlichen Dank auch!«
    Statt zu antworten, was ohnehin völlig sinnlos gewesen wäre, richtete sich Pia weiter auf, versuchte sich das kribbelnde Zeug aus dem Gesicht zu wischen (es war tatsächlich Stroh) und schloss für ein paar Sekunden die Augen, um sich an die fast vollkommene Dunkelheit zu gewöhnen, die sie umgab.
    Es funktionierte. Sie konnte jetzt immerhin erkennen, dass sie sich in einem sehr großen Raum befanden, der tatsächlich verblüffende Ähnlichkeit mit einem Heuboden hatte. Über ihnen ragte ein spitzer, aus schweren Balken gezimmerter Dachstuhl in die Höhe, und was ihrem Sturz die möglicherweise tödliche Wucht genommen hatte, das war wirklich eine dicke Schicht aus würzig riechendem Stroh, bestimmt einen Meter hoch. Irgendetwas raschelte, und als Pia erschrocken den Kopf drehte, sah

Weitere Kostenlose Bücher