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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Meter herangekommen waren, sah Pia, dass es falsch war; nicht gefärbt, sondern Perücken, und absolut miese noch dazu. Gebleichtes Pferdehaar, schätzte sie. Kein Wunder, dass Malu so begeistert von ihr gewesen war.
    Und alle drei sahen aus wie sie.
    Natürlich nicht wirklich wie sie. Zwei von ihnen sahen ihr nicht einmal ähnlich, und auch die dritte allerhöchstens vage. Sie war deutlich kleiner, aber von kräftigerem Wuchs (eine war ein richtiges kleines Pummelchen). Alle drei trugen so schlecht sitzende Perücken, dass man ihren eigenen, dunklen Haaransatz darunter deutlich erkennen konnte. Sie wirkten wie schlechte Kopien.
    »Was … bedeutet das?«, murmelte Pia.
    »Gaylen?«, sagte Malu strahlend. »Das sind meine Gaylens. Mädchen? Seht sie euch gut an. So muss ein Mädchen aussehen, um die Männer zu verzaubern!«
    Pia hatte genug und stand auf. »Das …«
    »Würdest du den Mantel öffnen und dich einmal drehen?«, bat Malu.
    »Wenn ich mich begaffen lassen möchte«, antwortete Pia eisig, »dann verkaufe ich Eintrittskarten. Ich denke, wir gehen jetzt besser.«
    Die drei Aushilfs-Gaylens starrten sie weiter an, und Malu wirkte wieder enttäuscht. Vielleicht hatte sie insgeheim gehofft, dass sie es sich noch einmal anders überlegte, wenn sie sah, wie groß der Unterschied zwischen ihr und diesen Möchtegerns war.
    »Nur falls du es dir doch noch anders überlegen solltest«, sagte sie, »kannst du jederzeit herkommen. Für dich habe ich hier immer Platz. Und hör nicht auf das, was dieser alte Dummkopf Brack dir vielleicht erzählt. Meine Mädchen werden hier gut behandelt.«
    Pia sagte gar nichts mehr, sondern drehte sich mit einem Ruck um und stürmte regelrecht nach draußen. Sie war nicht nur wütend, sie war … schockiert, aufgewühlt und bis auf den Grund ihrer Seele vollkommen verunsichert. Was zum Teufel ging hier vor?
    Es verging noch eine geraume Weile, bis Alica und Brack ihr folgten; zwei Minuten mindestens, wenn nicht mehr. Alicas Grinsen war immer noch so breit und unverschämt schadenfroh wie gerade eben, und Brack sah ein bisschen mitgenommen aus. Vermutlich hatte er bis jetzt gebraucht, um Malu wieder zu beruhigen.
    »Du hast das gewusst!«, fuhr sie ihn an, bevor er auch nur den Mund aufbekam, um etwas zu sagen.
    »Natürlich habe ich das gewusst«, antwortete Brack. »Warum sonst hätte ich dich wohl herbringen sollen?«
    »Und was sollte das?«, fauchte Pia.
    »Ich dachte mir, es wäre der einfachste Weg, es dir zu zeigen.«
    »Mir was zu zeigen?«
    Brack wollte antworten, sah dann aber zur anderen Straßenseite hinüber und wirkte plötzlich wieder leicht besorgt. Pia folgte seinem Blick und gewahrte zwei Männer in den albernen Operettenuniformen der Stadtwache, die dort patrouillierten. Sie konnte nicht sagen, ob es dieselben waren wie vergangene Nacht, doch sie hatten im Schritt innegehalten und schauten jetzt so direkt zu ihnen her, dass es unmöglich ein Zufall sein konnte.
    »Deine Kapuze«, sagte Brack.
    Pia schlug rasch die Kapuze hoch, senkte den Blick und versuchte auch, die Schultern ein wenig hängen zu lassen, um etwas kleiner zu erscheinen. Das konnte die beiden Männer unmöglich täuschen – schließlich hatten sie sie ja bereits gesehen –, aber nach einem Moment setzten sie ihren Weg dennoch fort.
    »Und was hatte das jetzt zu bedeuten?«, fragte Alica.
    Pia stellte dieselbe Frage Brack, und er antwortete mit einem humorlosen Verziehen der Lippen: »Man sieht es hier nicht gerne, wenn jemand wie du offen auf der Straße herumläuft.«
    »Jemand wie ich?«
    »Gaylen.«
    »Verdammt noch mal, ich heiße nicht Gaylen!«, fauchte Pia. »Ich heiße Gaylen!« Vor lauter Hilflosigkeit schossen ihr beinahe die Tränen in die Augen.
    »Sie meint natürlich, Pia«, sagte Alica. Brack sah sie verstört an, und Alica legte die flache Hand auf ihre Brust. »Ich Alica«, sagte sie betont, berührte Pia am Arm und sagte: »Sie Pia.« Dann berührte sie Bracks Arm. »Du Freitag.«
    Brack blinzelte nur noch verwirrter, und Alicas Grinsen wurde so breit, dass sie eigentlich schon Gefahr lief, ihre eigenen Ohrläppchen zu verschlucken.
    »Ich glaube, es gibt ein paar Dinge, über die wir uns unterhalten sollten«, seufzte Brack.

XI
    D as Feuer im Kamin war schon fast heruntergebrannt, als sie in den Weißen Eber zurückkehrten. Zu Hause in Rio de Janeiro hätte sie die Temperaturen hier drinnen als unangenehm kühl empfunden, wenn nicht kalt, doch als sie aus dem eisigen Wind ins

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