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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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Elfen erfuhren nichts über die Umstände ihrer Flucht.
    «Meine Pflegeeltern wollten es mir nicht sagen. Ich …»
    Der König unterbrach sie mit ungeduldiger Geste und beugte sich vor. «Wer sind deine Pflegeeltern?»
    «Menschen. Ihre Namen sind Chantal und Geoffrey Boux.»
    Erneut flackerte ein Zucken über des Königs Gesicht. Diese Namen hörte er scheinbar nicht zum ersten Mal. Aliénor war sich ziemlich sicher, dass in seinem Kopf ein Film der Erinnerungen ablief.
    «Hm, und wer sollen deine wahren Eltern sein … Elfenkind?»
    Aus seinem Mund klang es verächtlich. Sie musste aufpassen. Der König verfolgte ein Ziel. Sie durfte nicht leichtsinnig in irgendeine Falle tappen, wie auch immer diese aussehen mochte.
    «Meine Mutter war die Schwester meines Pflegevaters. Sie hieß Marie Boux und starb wenige Tage nach meiner Geburt. Wie mein leiblicher Vater hieß, weiß ich leider nicht. Aber er war ein Elf aus Eurem Volk, Majestät. Das ist alles, was man mir sagte.»
    Der König lehnte sich zurück und nickte. Diese Antwort schien ihm zu Aliénors Erleichterung vorerst zu genügen. Er machte eine allumfassende Geste der Großzügigkeit.
    «Du bist Uns in Unserem Reich willkommen. Wir unterhalten uns später über deine Herkunft. Du bist bestimmt müde von der Reise.» Er klatschte zweimal in die Hände. «Nele! Kümmere dich um unseren Gast. Gib Aliénor unser schönstes Gästezimmer und …», er musterte Aliénor von oben bis unten, «sorge für passende Garderobe.»
    «Aber Majestät, ich habe diesen weiten Weg gemacht, um …»
    «Morgen. Morgen sprechen wir über alles.»
    Bevor Aliénor noch etwas erwidern konnte, löste sich eine der Elfen, die abseits des Thrones gestanden hatte, aus der Reihe, warf Aliénor einen missbilligenden Blick zu und forderte sie mit einer Kopfbewegung auf, ihr zu folgen.

28
    Wie meistens, wenn Frédéric zum Hüter gerufen wurde, geschah dies kurzfristig, und es blieb ihm nur wenig Zeit, sich über dieses Treffen vorher noch Gedanken zu machen. Eine virgo sanguinis überbrachte ihm die Nachricht, dass der Hüter ihn sehen wolle und nannte ihm den Zeitpunkt. Normalerweise war dies kein Problem, ging es doch einfach darum, den aktuellen Stand der Forschungen zu besprechen.
    Trotzdem hatte Frédéric kein gutes Gefühl, hatte er selbst doch in letzter Zeit seine Aufgaben ziemlich vernachlässigt, um Aliénor zu helfen. Und was sollte er sagen, wenn der Hüter ihn nach Emanuele fragte? Von Valentine wusste er, dass der Spanier sich fast jede Nacht aus dem Schloss davonmachte, und keiner wusste, wo er sich herumtrieb.
    Frédéric betrachtete sich in dem alten Spiegel, der in der Eingangshalle hing. Seit der Hüter ihn zum Sucher ernannt hatte, trug er bei diesen Audienzen anstelle von Kampfkleidung stets einen eleganten Anzug, ganz einem Schreibtischtäter angemessen, dachte er mit einem Hauch von Sarkasmus. Die Feder mochte ja mächtiger sein als das Schwert, aber ihm würde der geschliffene Stahl einer Klinge immer näher sein als alte Folianten und Pergamente. Vielleicht war es aber auch mehr das Gefühl zu versagen, seinem Auftrag nicht gerecht zu werden. Bei einem Kampf stand die Chance zu gewinnen sehr hoch, bei der Suche nach den Rettern aber …
    Seine langen Haare hatte er sorgfältig zurückgekämmt und mit einem schwarzen Tuch gebändigt, ein schneeweißes Hemd und dazu eine dezente auberginefarbene Seidenkrawatte gewählt, sowie elegante auf Hochglanz polierte Schuhe. Und obwohl er sich sonst durchaus gerne gut kleidete, erschien ihm sein Stil heute besonders steif. Aber auch das war wohl vor allem auf seine innere Anspannung zurückzuführen.
    Frédéric gab sich einen Ruck und materialisierte sich in dem heiligen Hain, der den Tempel des Hüters umgab. Das Gezwitscher der Vögel, die in silbrig glänzendem Gefieder das Geäst der Büsche und Bäume bevölkerten, hielt für Sekunden inne. Sie schauten ihn alle an. Dann hatten sie ihn erkannt und fuhren ebenso plötzlich fort, die Luft mit ihren quirligen Melodien zu erfüllen.
    Gemessenen Schrittes folgte er dem Weg, der schnurgerade auf die Tür zuführte, die wie gewohnt von alleine aufschwang, kurz bevor er sie erreichte, und sich hinter ihm lautlos wieder schloss. Er ging ein paar Schritte in den von einer Kuppel überwölbten, von Fackeln an der Wand nur spärlich beleuchteten Raum hinein, dann ließ er sich, wie es die Etikette forderte, auf dem linken Knie nieder, schloss die Augen und wartete.
    Der Raum war

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