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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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nicht wissen, wie ernst sie diese Vorhersage nahm.
    Zu Aliénors Erleichterung erwiderte er ihr Lächeln und fragte nicht weiter nach.

32
    Alles war irgendwie so ... unwirklich. Ihre Tage waren nicht ausgefüllt. Sie sehnte sich danach, morgens vom Wecker aus dem Bett gescheucht zu werden, mit ihrer Mutter zu frühstücken, in die Uni zu gehen. Sie sehnte sich sogar nach diesen endlosen Stunden des Paukens, nur um dann in einer viel zu knapp bemessenen Zeit dazu eine Klausur zu schreiben oder die Abende und Nächte mit dem Verfassen irgendeiner Semesterarbeit zu verbringen. Das war alles tausendmal besser, als den ganzen Tag mit Nichtstun zu verbringen, mit Spaziergängen, dazwischen sich zu langweilen und zu grübeln. Sie hätte sogar lieber mit den Arbeiterinnen getauscht, die für die Verarbeitung des Nektars zuständig waren, aber Nelrin hatte sie ausgelacht.
    Plötzlich ertrug sie es nicht mehr, in ihrem Zimmer zu sein. Es war fast wie ein Gefängnis. Sie musste irgendetwas unternehmen, wenn sie auch nicht wusste, was. Unruhig begann sie im Zimmer herumzulaufen. Alle waren oberflächlich, mit sich selbst beschäftigt und doch mit nichts. Nicht einmal das Essen bot Abwechslung. Morgens, mittags, abends – es gab immer dasselbe zu den Mahlzeiten. Pollen, Nektar und Honig.
    Obwohl Aliénor wusste, dass es nicht mehr viele Speisen gab, die ihr schmeckten und die sie vertrug, so fand sie diesen Speiseplan doch ziemlich eintönig. Es war geradezu fürstlich gewesen, wie sich Roxanne und Bertrand um eine abwechslungsreiche und zugleich schmackhafte Kost für sie bemüht hatten. Sie vermisste die beiden, obwohl viel zu wenig Zeit geblieben war, sich genauer kennenzulernen. Zugleich wusste Aliénor, dass sie niemanden von den Elfen vermissen würde, wenn sie von hier fort ginge. Vielleicht nicht einmal Nelrin.
    Nach dem Abendessen war Aliénor allein in ihrem Zimmer.
    Sie setzte sich auf das Fensterbrett und betrachtete wie so oft in letzter Zeit den nächtlichen Himmel. Er schien unendlich weit zu sein, unerreichbar, so wie ihr Weg frei und glücklich zu sein. Milliarden und Abermilliarden Sterne glitzerten dort droben, je länger sie hinauf sah, umso mehr schienen es zu sein. In der Stadt hatte sie das niemals so beobachtet. Um wie viel schöner musste es sein, auf einer Wiese zu liegen und Arm in Arm mit jemandem, den man liebte, die Sterne zu zählen. Bestimmt verloren dabei alle Probleme an Bedeutung.
    Ob Frédéric wohl auch gerade zum Himmel empor schaut?
    Frédéric. Er hatte sie nicht belogen. In der kurzen Zeit, die sie sich kannten, hatte er immer die Wahrheit gesagt. Genau genommen hatte er sie sogar gewarnt, dass es im Elfenreich nicht einfach für sie werden würde. Aber er hatte gewiss nicht geahnt, was man von ihr verlangen würde.
    Sie holte den schwarzen Beutel mit Frédérics Kristall, den sie unter einem losen Brett im Fußboden versteckt hielt. Nachdenklich betrachtete Aliénor den edlen Stein auf ihrer flachen Hand. Sie hatte sich angewöhnt, ihre Gedanken laut auszusprechen, als wäre der Stein in der Lage ihr zu antworten. So wurde ihr ein wenig leichter ums Herz und ihre Gedanken klärten sich.
    Es war ihr, als wolle ihr der Kristall Zuversicht spenden und so erschrak sie diesmal kaum, als er auf einmal auch ohne Berührung des Mondlichts anfing zu leuchten. Aus seiner Mitte heraus gab er ein schwaches pulsierendes Licht von sich. In demselben Maße, wie Aliénor ruhiger wurde, nahm das Pulsieren und Leuchten wieder ab, bis es völlig erlosch und der Raum im Dunkel versank, als hätte er ihre Unruhe in sich aufgenommen und gebannt.
    Sorgfältig schlug sie den Kristall wieder in den Stoff ein und versteckte ihn unter dem Brett. Sie schlüpfte unter die Bettdecke und rollte sich zusammen.
    Allein der Gedanke an diese eine intensive Nacht, voll sinnlicher Berührungen, voller Leidenschaft und heißer Küsse, weckte in ihrem Körper ein verzehrendes Verlangen. Langsam fielen ihre Augen zu. Sie würde einfach ein wenig von Frédéric träumen, dann fühlte sie sich bestimmt besser.
    «Aliénor … wach auf.»
    Überrascht schlug sie die Lider auf. «Frédéric!»
    Sein Gesicht war tief über sie gebeugt und sie schlang impulsiv ihre Arme um seinen Hals, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn stürmisch. Konnten Gedanken wahr werden? Ihr Herz wollte überlaufen vor Glück.
    Er küsste sie zärtlich, behutsam und sinnlich, als fürchtete er, sie zu erschrecken. Aber bei der Berührung ihrer Zungen

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