Elfenkrieg
Meinst du, er wird uns hier finden, sollten die Nebelleute einen Angriff planen? Er denkt doch, wir sind in Lurness.«
Vinae hob die Schultern. »Gregoran findet mich überall«, meinte sie und musste sich umdrehen, da Ardemir plötzlich stehen geblieben war. »Was ist?«, fragte sie. »Noch ein Vortrag?«
Ardemirs Miene verhärtete sich. »Du musst wissen, was du tust«, sagte er, »egal, ob ich es für verrückt oder widerwärtig halte.«
»Widerwärtig?« Vinae riss die Augen auf. Hitze stieg von ihrem Magen hoch in die Brust bis in den Hals. Was wusste er? Wie konnte er etwas wissen? Das war unmöglich. Er dachte, siehätte Gregoran von ihrer Energie gegeben, genauso wie Aurün, nichts sonst. Es konnte gar nicht anders sein. Niemals durfte er wissen, auf welche Weise Gregoran an ihre Kraft gekommen war. Sie selbst wollte noch nicht einmal mehr daran denken.
Am Tag danach war sie von Enras wahnsinnigem Klopfen an der Tür aufgeweckt worden, denn sie hatte beinahe bis zum Abend geschlafen. Das war der erste Moment des Erschreckens gewesen. Nicht nur die Erkenntnis, was sie getan hatte, sondern auch, was es mit ihrem Körper gemacht, wie sehr es sie mitgenommen hatte. Panische Angst hatte sie befallen, ihre Erinnerung war immer noch verschwommen, doch dann war Gregoran auch schon wieder da gewesen. Er hatte ihr seinen großartigen Plan erklärt, sie mit seinen goldenen Augen angesehen, und die Wärme und der Schwindel hatten sie erneut von den Beinen gerissen, sie davontreiben lassen, so leicht und unbeschwert. Verloren in seiner Umarmung, aufgelöst.
Aus diesem Grund hatte Vinae auch ihren eigenen Schattenkristall in den Halsring für die Priesterin einarbeiten lassen. Ohne die Kette konnte er sie nicht mehr berühren, und so wunderschön die Zeit mit ihm auch gewesen war – sie machte ihr furchtbare Angst. Keine Kontrolle zu haben, nicht zu wissen, was mit ihr geschah, sich nicht wehren zu können, sollte wirklich etwas mit ihr geschehen. Sie hatte es beenden müssen, nicht nur wegen des Gefühls, in einen gefährlichen Sog geraten zu sein, sondern auch weil ihr Herz nicht dabei war. Ihr Herz war verschenkt, und dagegen konnte niemand etwas unternehmen. Das hatte auch Gregoran erkannt.
Nachdem sie vom Schmied zurückgekehrt war, ohne Kristall und mit dem Halsring für die Priesterin, hatte er sie nur angesehen, lange und eindringlich, und war schließlich wortlos davongegangen.
Dieses Zeichen hatte ihm wohl alles gesagt, doch eigentlichhatte er die Wahrheit immer schon spüren müssen. Er konnte doch in ihre Seele blicken und wusste, dass ihr Herz immer nur den einen sah.
Trotzdem würde sie nie vergessen, was ihr Gregoran gegeben hatte, und auch nicht, wie verletzt er ausgesehen hatte. Ein Dämon mit gebrochenem Herzen? Vermutlich bildete sie sich das auch nur ein, denn schließlich hatte er weiterhin zu ihr gestanden und seinen Plan mit ihr gemeinsam durchgeführt, ohne sie wegen ihrer Entscheidung anzusprechen oder zu behelligen. Er war einfach weitergegangen, als wäre niemals etwas geschehen. Vinae war, um ehrlich zu sein, auch froh, dass er sich im Moment nicht in ihrer Nähe aufhielt. Die Idee mit der Verfolgung der Nebelpriester hätte nicht besser sein können, denn so konnte sie etwas Abstand von ihm gewinnen.
»Vinae?«
Verblüfft, ihren Namen zu hören, blickte sie auf und erinnerte sich daran, nicht allein zu sein.
»Es tut mir leid«, sagte Ardemir plötzlich und erstaunte sie damit nur noch weiter. »Ich wollte dich nicht verletzen. Du weißt, was du tust.«
Beinahe hätte sie aufgeschrien. Wie konnte er sie nur so ansehen? So müde und völlig am Ende und zugleich so zuversichtlich, so vertraut. Wie hatte sie nur diesen Fehler begehen können? Egal, was mit ihm war, er war doch immer noch ihr Ardemir. Hatte sie es denn nicht gespürt, als sich ihre Lippen gefunden hatten? Als alles von ihm abgefallen war, jede Grenze, die ihn in letzter Zeit so zerstörte? Was machte es dann so schwer zwischen ihnen, wo es doch so einfach sein konnte? Waren sie nicht immer schon Freunde gewesen, völlig unkompliziert und ohne begleitenden Schmerz? Woher kam dieser Schmerz dann plötzlich? Wie kam er in seine Augen?
» Du tust mir weh «, hatte er damals zu ihr gesagt, und nochimmer verstand sie diese Worte nicht. In einem war sie jedoch sicher: Er hatte unrecht.
»Ardemir«, sagte sie, und ihre Stimme brach, als er ihr in die Augen sah. »Ich weiß eben nicht, was ich tue. Ich habe einen furchtbaren
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