Elfenkrieg
diese Feinde nun die Nebelpriester oder die Sonnentaler Machthaber waren.
Mearas Lächeln ließ darauf schließen, dass sie diesen Wink durchaus verstanden hatte. »Und Vinae?«, fragte sie dann. »Wieso ist sie hier?«
»Meine Schwester ließ nach ihr schicken, um ...«
»Ohne mein Wissen und meine Erlaubnis?«
»Vinae ist alt genug und nicht dein Eigentum. Meine Schwester ließ nach ihr schicken, um die Priesterin medizinisch zu versorgen. Vinae wusste anfangs nichts vom Grogon und war genauso wenig begeistert von dieser Zusammenarbeit wie du.« Die Lüge ging ihm verblüffend leicht über die Lippen.
Eine Zeitlang sagte keiner von ihnen etwas. Stattdessen legte sich Meara zurück und rekelte sich auf der zerschlissenen Decke wie eine zufriedene Katze kurz vorm Einschlafen. Ein aberwitziges Bild! Eamon wusste nicht, ob er einfach gehen oder bleiben sollte.
»Sie scheint diesem Plan ... und dem Grogon ja zu trauen«, sagte Meara dann plötzlich, während sie zu den Holzbalken über sich blickte. »Wenn man bedenkt, dass sie ihren Kristall einfach hergegeben hat. Sie – als eine Thesalis.«
»Als ihre Mutter müsstest du sie eigentlich kennen oder etwa nicht? Vinae sah einen Weg, die Priesterin ohne Blutvergießen gefangen zu nehmen, und du weißt selbst, dass ihr das wichtiger ist als alles andere. Wichtiger als ihr eigenes Leben, wenn es denn das von anderen rettet.«
Meara richtete sich im Bett auf und sah ihm in die Augen. »Du hast dir diese Geschichte gut zurechtgelegt«, sagte sie mit einem Lächeln, das ihre Überlegenheit zum Ausdruck brachte. »Aber, Eamon, ich finde heraus, wenn du mich anlügst.«
»Das bestreite ich nicht.« Es fiel ihm immer schwerer, Ruhe zu bewahren und sich nicht im Netz dieser hinterhältigen Spinne zu verfangen. Das war es, was sie wollte. Dass er in Panik geriet wie ein Insekt, das sich immer mehr verhedderte.
Seine Geschichte klang plausibel, fand er, und doch wusste er genauso wie Meara, dass sie einfach an den Haaren herbeigezogen war. Solange es dafür jedoch keine Beweise gab, konnte Vinae nichts geschehen – zumindest hoffte Eamon das.
»Was soll dieser kalte Blick, Eamon?«, riss ihn Mearas süße Stimme wieder aus den Gedanken. »Bist du mir wegen der alten Geschichten immer noch böse?« Sie breitete die Arme aus. »Es war Krieg. Da gibt es keine Regeln, und jeder tut das, was einem den Sieg erbringen kann.«
»Wolltest du noch irgendetwas, oder war’s das?«
Meara schob ihre Unterlippe vor. »Wohin denn so eilig? Man könnte fast glauben, du läufst mir davon.«
»Ich kann mir bessere Gesellschaft als dich vorstellen.«
»Ach ja?« Geschwind sprang sie vom Bett auf und trat auf ihn zu. »Das heißt also, wir gehen zur Priesterin?«
Eamon verharrte mit der Hand auf der Klinke. »Wir?«, fragte er und konnte nur schwer ein Seufzen unterdrücken. Er hatte keineswegs vorgehabt, zur Priesterin zu gehen. Seit sie hierhergebracht worden war, war er noch kein einziges Mal zu ihr gegangen. Er fühlte sich weder dazu verpflichtet, noch spürte er das geringste Bedürfnis danach, an ihrem Krankenbett zu sitzen und ihr Händchen zu halten. Diese Frau war eine Mörderin. Er musste sich zwar hin und wieder an diese Tatsache erinnern und so schmerzhaft es auch war, das Bild dertoten Vanora heraufbeschwören, auf diese Weise konnte er jedoch zumindest in der Realität bleiben. Anders als vermutlich Nevliin.
»Was willst du bei ihr?«, fragte er, ohne Anstalten zu machen, die Tür zu öffnen. »Einen Bericht für die Fürsten?«
Meara hob lächelnd die Schultern. »Vielleicht kann ich ihr helfen, wo es unsere Tochter nicht kann?« Sie legte ihre Hand auf seine. »Vielleicht kann ich in ihren Geist eindringen und sie zurückführen, wo auch immer sie im Moment ist. Das wäre doch einen Versuch wert, meinst du nicht?«
Sein Griff um die Türklinke verstärkte sich. Er wusste nicht, welch grausamer Scherz seines Körpers es war, dass er ständig mit jeder Faser seines Seins auf sie reagierte. Er hasste sie, und doch wanderte sein Blick immer wieder zu ihren vollen Lippen, die so voller Sinnlichkeit waren und eine direkte Einladung darzustellen schienen. In ihren Augen stand das triumphierende Wissen über seinen inneren Aufruhr, und es ließ ihn nur noch heißer brennen. Er wusste immer noch, wie ihr Mund geschmeckt hatte, ihre Haut. Er wusste, wie sich ihr Körper angefühlt hatte, welche Gefühle sie in ihm hervorgerufen hatte und immer noch hervorrief. Und er sehnte
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