Elfenkrieg
orientieren zu können und jedes Farnblatt wiederzuerkennen. Den Pfad, der im Norden zum Weltentor führte, hatten sie schon früh verlassen, und so waren sie eingeschlossen in dieser friedlichen Idylle des rauschenden Laubs, der zwitschernden Vögel ... und zweier schreiender Elfen.
Nachdem Vinae Daerons Erlaubnis eingeholt hatte, sich vor der Vermählung noch um einige private Dinge zu kümmern und Acre für eine Weile zu verlassen – unbeaufsichtigt, mit der strengen Auflage, pünktlich zur Hochzeit zurück zu sein –, war Ardemir nicht mehr zu bremsen gewesen. Sie hatten kaum die Stadttore hinter sich gelassen, da explodierte er, wie Aurün es noch nie zuvor bei einem Elfen gesehen hatte.
Zuallererst hatte er natürlich nicht geglaubt, dass Daeron Vinae einfach so gehen ließ, ohne sie beschatten zu lassen, und ihr bereits die Schuld für die neuerliche Enthüllung des Versteckes gegeben. Als Vinae ihm daraufhin versicherte, dass Daeron sein Wort halten würde, war jede Form der Vernunft von ihm gewichen.
Aurün übertrug er die Aufgabe, nach Verfolgern Ausschau zu halten, während er Vinae als einfältig, naiv und bodenlos dumm beschimpfte. Das arme Mädchen hatte kaum Gelegenheit, zu erklären, wie es zu dieser sonderbaren Verlobung gekommen war, und nachdem sie es doch irgendwie geschafft hatte, erreichte Ardemir ein neues Stadium des Zorns, obwohl Aurün geschworen hätte, schlimmer könnte es nicht werden.
Ihr eigenes Leben für einen dummen Bengel hinzugeben, der doch ohnehin immer wieder Schwierigkeiten mache, sei so himmelschreiend dämlich, dass Vinae allein dafür schon ein Leben lang eingesperrt werden müsse. Von ihrer freiwilligen Hochzeit mit Daeron ganz zu schweigen. Vinaes Ausführungen, welche Vorteile ihr diese Verbindung bringen würde und wie sie und das Volk davon profitieren könnten, läuteten eine neuerliche Wendung in diesem Streit ein.
Denn mit einem Mal war Ardemir still, er sah Vinae einfach nur lang aus verengten Augen an, ehe er wieder zu Worten fand. »Du willst ihn also heiraten?«, fragte er sie, und seit dem Moment, da Vinae, die mittlerweile ebenso wütend wie Ardemirwar, als Antwort nickte, hatte Ardemir kein Wort mehr gesagt bis auf: »Schön, dann heirate ihn.«
Diese brodelnde Stille war beinahe noch schlimmer als das Geschrei und hielt bereits seit dem Verlassen des Waldpfades an. Aurüns klägliche Versuche, ein Gespräch mit harmlosen Themen zu beginnen, wurde von beiden ignoriert. Daher ließ sie sich auf der kleinen Lichtung vor der Höhle nur zu erleichtert aus dem Sattel gleiten.
Lieber hätte sie stundenlang Wache vor dem Krankenbett der Priesterin gehalten, als noch einen einzigen weiteren Moment in Gegenwart dieser beiden Verrückten zu verbringen. Und das mochte etwas heißen, wo ihr der Anblick der Priesterin jedes Mal vor Augen führte, was sie verloren hatte – nicht nur die Verbindung zu ihrem Volk, die Freiheit und den Frieden, sondern auch einen Mann, der niemals sein gebrochenes Herz würde heilen können.
Dieser Mann trat nun auch schon aus dem schmalen Spalt im Gestein und sah sich mit hochgezogenen Augenbrauen in der Runde grimmiger Gesichter um. Genauso wie Ardemir hatte Eamon die Silberrüstung, die ihn als Ritter der Königin auszeichnete, längst abgelegt und trug einfache Waldkleidung. Doch selbst in diesem simplen Aufzug konnte seine noble Geburt nicht verhüllt werden. Sein pechschwarzes Haar, das sich von der weißen Haut wie die Nacht vom Tag abhob, und auch die eisblauen Augen in dem weich gezeichneten Gesicht machten ihn immer noch zu einem König der Dunkelelfen.
»Vinae«, begrüßte Eamon die junge Magierin, »ich bin froh, dass du kommen konntest.«
»Sie wird nicht lange bleiben«, knurrte Ardemir und zog sein Pferd hinter sich her in den Wald.
Eamon warf Vinae einen fragenden Blick zu, doch statt einer Antwort stapfte sie ebenso einfach an ihm vorbei undverschwand im schwarzen Schlund der Höhle, um sich dem Grund ihrer Anwesenheit zu widmen.
»Angenehme Reise gehabt?« Eamon ging mit schiefem Lächeln auf Aurün zu, die soeben den Sattel von ihrem Pferd genommen hatte. »Oder sprichst du auch nicht mehr mit mir?«
Seufzend wandte sie sich ihm zu. »Wenn du nur wüsstest ...«, begann sie, und dann erzählte sie ihm die ganze Tragödie von Vinaes bevorstehender Hochzeit und Ardemirs Wutausbruch. Sie ließen sich vor der Höhle im Moos nieder und lehnten sich an den kühlen Stein in ihrem Rücken. Zu Aurüns Überraschung
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