Elfenkrieg
war Eamon nach dieser Enthüllung kaum weniger aufgebracht als Ardemir zuvor. Aurün hatte alle Mühe, ihn davon abzuhalten, selbst in die Höhle zu stürmen und das Theater zu wiederholen. Mit einer ungewöhnlich heftigen Schimpftirade über die Fürsten und Meara Thesalis ließ er sich schließlich nur widerwillig zurück auf seinen Platz nieder.
»Vinae hat ja nicht ganz unrecht«, versuchte Aurün, an seinen Verstand zu appellieren. »Als Fürstin des Sonnentals hat sie Macht und kann weitaus mehr erreichen als bisher. Sie kann endlich das tun, was sie will, und noch dazu ist sie eine starke Verbündete. Endlich hat deine Schwester jemanden im Sonnental, dem sie vertrauen kann.«
Eamon schnaubte. »Du hörst dich ja schon genauso naiv an wie das Kind«, meinte er mit noch einem wütenden Blick zur Höhle. »Glaubt ihr etwa wirklich, Vinae kann als Fürstin auch nur den geringsten Einfluss ausüben? Gegen beide Fürsten und ihre Mutter? Allein gegen drei Ungeheuer? Das ist Irrsinn.«
»Aber sie hat sich nun einmal so entschieden, und weder Ardemir noch du könnt ihr da reinreden.«
»Das werden wir ja noch sehen.«
Nur schwer konnte sich Aurün einen wütenden Aufschreiverkneifen, stattdessen verdrehte sie nur die Augen und nahm Eamons Hände. Langsam versuchte sie, seine Fäuste zu öffnen und die verkrampften Finger zu lösen. Irgendwie musste sie zu ihm durchdringen und endlich diese massive Mauer zum Einsturz bringen, die er in ihrer Gegenwart um sich herum aufgebaut hielt. »Beruhige dich wieder«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Das Mädchen ist kein Kind mehr.« Eamon wollte protestieren, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Nein, das ist sie nicht«, wiederholte sie bestimmt. »Sieh dir an, was sie bisher alles geleistet hat, welche Verantwortung sie trägt. Sie weiß, was sie tut, Eamon, und du beleidigst sie, indem du das nicht anerkennst.«
»Ich weiß, was sie alles leistet«, knurrte er. Sofort wurden seine Hände wieder starr. »Aber das hat nichts mit dieser Entscheidung zu tun – es war ja noch nicht einmal ihre. Sie wurde dazu gezwungen.«
»Nein, das wurde sie nicht, und wenn Vinae diesen Weg gehen will, musst du sie auch gehen lassen.«
Mit blitzenden Augen fuhr er zu ihr herum. »Weißt du denn nicht, was das bedeutet? Eine Verbindung bis zum Tod? Vinae ist jung, sie kann noch ewig leben und Daeron genauso. Elfen heiraten nicht, Aurün, du weißt das genauso gut wie ich. Handelte es sich um jemand anderen als Daeron, wäre ich genauso dagegen.«
»Aber wieso?« So langsam steckte er sie mit seinem Zorn an. Ständig den Abfalleimer für seine Sorgen spielen zu müssen – für die Sorgen über diverse Frauen in seinem Leben – wurde allmählich zermürbend. Konnten sie nicht einfach nur zusammen sein? Ein einziges Mal in Harmonie Zeit miteinander verbringen? Was war es nur, dass für ihn ständig alle anderen wichtiger waren? Vielleicht meinte Eamon, Aurün sei stark genug, um jede Hürde allein zu bestehen, und dass sie ihnnicht brauche, aber da täuschte er sich. »Du kennst dieses Mädchen erst seit kurzem«, versuchte sie es noch einmal. »Lass Ardemir sich darum kümmern, er hat mehr Grund zur ...«
»Grund?« Eamon fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. Erst schien es, als wollte er noch etwas sagen, doch dann ließ er sich zurück an den Felsen sinken und lehnte den Kopf dagegen. »Ich habe dieses Land so satt«, brach es aus ihm heraus. »Hier scheint es niemals Frieden zu geben.« Er lachte voller Verbitterung auf. »Wie könnte es auch anders sein? Wir Elfen sind Künstler, und das Töten ist ebenso eine Kunst, in der wir Perfektion zu erreichen versuchen. Was würden wir tun, müssten wir unsere Schwerter weglegen? Kannst du mir das sagen? Die Menschen sind mit so viel weniger zufrieden, streben nach einem Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch, nach einer Familie und Einigkeit. Und wir? Wir sind so viel mächtiger, mit unserer Magie, unserem Geschick ... Was bliebe uns noch, müssten wir all das ruhen lassen? Wären wir mit einem Leben wie dem der Menschen zufrieden? Wozu sind wir dann, was wir sind?«
Im ersten Moment wusste Aurün nicht, was sie darauf antworten sollte. Seine Worte erschütterten sie bis tief ins Herz, denn er klang plötzlich wie der schwarzsehende Nevliin. Wie ein Mann, den nichts mehr im Leben hielt und der nur noch den Regen, nicht aber die winzigen Lichtpunkte zwischen den Wolken sah. Da sie jedoch immer an das Positive in den Dingen
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