Elfenkrieg
bewegen und herumzufliegen. Das Einzige, was still hielt, waren Daeron und Vinae, die sich an den Händen hielten – für die Ewigkeit vereint, beim nächsten Vollmond.
Einer der Schlangenschilde, wohl der Anführer, begann zu applaudieren, andere Schlangenschilde und Wachen fielen ein, und schließlich klatschten auch die einfachen Leute, wenn auch ohne jede Begeisterung. So entstand doch noch so etwas wie Freudenjubel, wenn auch äußerst zurückhaltend, denn niemand konnte verstehen, wie die junge Thesalis plötzlich zur Fürstin des Sonnentals wurde. Am wenigsten Ardemir. Er verstand gar nichts mehr, und die fremde Macht in ihm nutzte dies aus, um Besitz von seinem Körper zu ergreifen.
Ardemir taumelte, spürte eine kräftige Hand, die ihn amArm packte, doch seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Sie schienen zu Feuer geworden zu sein, er verbrannte, seine Lungen glühten, er keuchte und bekam keine Luft mehr.
Eine zweite Hand packte ihn am anderen Arm. Er hörte seinen Namen, immer wieder klang er in seinen Ohren, zischend, mahnend. Es war Aurün. Sie schüttelte ihn, zerrte ihn durch die Menge.
Schatten, kühler Boden unter ihm, eine Wand in seinem Rücken, Wasser in seiner Kehle, kühl, angenehm, es breitete sich aus.
»Ardemir, geht es wieder? Ardemir, sieh mich an!«
Aurüns stechend grüne Augen nahmen vor ihm Gestalt an. Ihr rotes Haar schien ihr Gesicht wie ein Feuerball zu umrahmen, es wirkte so hell, dass es beinahe schon in den Augen schmerzte. Doch es war zumindest real, etwas, an das er sich klammern konnte. Er durfte dem Drängen der Magie jetzt nicht nachgeben, nicht hier, mitten unter so vielen Zeugen. Aurün war echt, alles andere konnte nicht wahr sein, es war ein Spiel, ein Traum.
»Geht es deinem Freund nicht gut?«, hörte Ardemir eine fremde Stimme.
Aurün wandte sich nicht um, damit ihr Gesicht weiterhin bedeckt war, und winkte nur kurz. »Alles in Ordnung. Es geht schon wieder«, sagte sie und warf Ardemir gleichzeitig einen fragenden Blick zu.
Gezwungenermaßen brachte er so etwas wie ein Nicken zustande, dann mühte er sich, auf die Beine zu kommen. »Verfluchte Hitze«, knurrte er und versuchte, den eindringlichen Blick der Drachenelfe zu ignorieren. Sich am Sattel festhaltend, gelang es ihm schließlich, aufrecht zu stehen, auch wenn er es nicht wagte, zurück zum Balkon zu blicken. Die beiden noch einmal zusammen zu sehen wäre wohl zu viel für ihn; er wolltesein Glück wahrlich nicht herausfordern. Immerhin würde die Nebelpriesterin bald erwachen, und dann hätte das Rätsel um seine Veränderung, und vielleicht sogar die Veränderung selbst, endlich ein Ende. Er musste nur noch etwas durchhalten, sich nicht ablenken lassen ...
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Aurün plötzlich die schlimmste aller Fragen. »Willst du trotzdem versuchen, mit Vinae zu sprechen?«
Ardemir atmete einmal ruhig ein und wieder aus, dann trank er noch etwas Wasser aus dem Schlauch an seinem Sattel und vermied es weiterhin, sich zum Balkon umzudrehen. Nur die Ruhe, sagte er sich immer wieder. Noch war nichts verloren, er musste nur ruhig bleiben.
»Ja«, antwortete er schließlich, wieder einigermaßen Herr seiner Sinne. »Lass uns zu dieser Ascunsela gehen. Sie wird wissen, wie wir Vinae erreichen können.«
Obwohl das neue Versteck der Priesterin ja fast schon um die Ecke von Acre lag, meinte Aurün nach ihrer Ankunft, einmal durch ganz Elvion gereist zu sein.
Auf Ardemirs Vorschlag hin hatten sie die Priesterin einfach dorthin gebracht, wo sie niemand erwarten würde: vor Menavors und Daerons Haustüre. Nun, vielleicht nicht ganz genau dahin, doch ihr neuer Unterschlupf lag nicht weit von den letzten rosa Feldern der Giftplantagen entfernt, in den bewaldeten Ausläufern des Silbergebirges, nahe dem Weltentor. Hier hatten sich Vinae und Ardemir früher stets getroffen, um ungestört Neuigkeiten auszutauschen. In den Tiefen dieser Wildnis aus Birken, Linden und Eschen gab es eine Höhle, die nun zum provisorischen Schlafgemach der Priesterin und ihrer Bewacher geworden war. Genügend Wasser bekamen sie von den vielen Bächen, welche den Hang hinab in den sanften Silberstreif und dann in den Strom Rivendel mündeten, und Nahrung erhielten sie von den wild verwachsenen Beerensträuchern, den Wurzeln und Kräutern. Ihr Weg von der Flussbrücke hinauf zur Höhle war zwar unwegsam und beinahe unmöglich zu passieren, doch Ardemir schien sich hier mit einer Art sechstem Sinn
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