Elfenkrieg
Silberritters mit dem Schwert in der Hand zu sehen, so bar jedes Lebens und lediglich funktionierend wie eine Marionette, doch sie konnte ihren Blick nicht abwenden.
»Ich sehe dich«, wollte sie ihm sagen, jedes Mal, wenn sie die Hand nach ihm ausstreckte, ohne ihn berühren zu können. »Ich bin ganz nah.«
Doch er spürte sie nicht, verzehrte sich genauso wie sie selbst nach dem Gegenstück, das ihnen durch Gewalt genommen worden war. Faelnuìr , die Seelenverwandtschaft allein, hätte es ihnen vielleicht nicht so schwergemacht, getrennt voneinander zu sein. Natürlich hätten sie die andere Seite ihres Seins vermisst, doch zwischen ihnen war so viel mehr gewesen. Sie hatten sich ineinander verliebt, ohne dass Faelnuìr irgendetwas damit zu tun gehabt hätte. Und diese Liebe ließ sie nun in den Flammen der Sehnsucht verbrennen, bis sie endlich wieder zueinander fanden oder sich endgültig selbst verloren.
»Und wenn es einen Weg zurück gäbe?«
Vanora blickte auf. Hatte sie eben selbst gesprochen? Oder gedacht? Oder war es jemand Fremdes gewesen?
Nur selten führte sie Gespräche mit anderen Seelen, gedanklich oder real – einzig mit jenem Sein, das einst als Glendorfil gelebt hatte, mochte sie sich hin und wieder unterhalten. Zwar war seit ihrer Ankunft bei den Sternen auch der eine oder andere gedankliche Austausch mit der Schwester ihres einstigen Lebens Daralee vonstattengegangen, doch Vanora bevorzugte die Einsamkeit.
Die anderen wussten das, spürten ihre ablehnende Energie, und niemand kam auf die Idee, sie anzusprechen. Bis jetzt.
»Wer ist da?«, fragte sie und sah sich in diesem Nichts des Weiß um. Die Seelen konnten auch die Gestalt eines früheren Lebens annehmen, doch die meisten bevorzugten es, einfach nur zu existieren und sich nicht wieder in Formen zu pressen. Daher war es nicht sehr verwunderlich, dass Vanoras Augen niemanden erblickten, und doch spürte sie eine mächtige Gegenwart. Anders als alle anderen Seelen, die sie je in ihrer Nähe vernommen hatte.
»Zeigt Euch!«
»Du wandelst in Gestalt«, hörte sie plötzlich wieder diese singende Frauenstimme überall um sich herum, »trägst immer noch einen Namen und blickst so oft in die Welt der Lebenden wie niemand sonst. Dein Sehnen zurück ins Leben hebt dich von allen anderen hier ab. Niemals zuvor ist mir eine Seele begegnet, die unzufrieden mit ihrem Los bei den Sternen ist. Noch dazu eine solch mächtige.«
»Was meint Ihr damit, es gäbe einen Weg zurück?« Obwohl sie wusste, wie sinnlos ihre Frage war, regte sich doch eine trügerische Hoffnung in ihr. Sie konnte noch nicht lange bei den Sternen sein, und doch war es ihr bereits unerträglich.
Der Gedanke daran, möglicherweise tausend Jahre oder länger in dieser Einsamkeit ausharren zu müssen, brachte sie zum Verzweifeln. So war es wohl nur verständlich, dass sie sichan den kleinsten Funken Licht in ihrer persönlichen Dunkelheit klammerte. »Von den Sternen führt kein Weg zurück.«
»Und wenn ich dir eine Möglichkeit biete?«
Vanora richtete sich auf, die plötzliche Aufregung war ebenso ungewohnt wie unpassend. Dies musste ein Trick sein, der Scherz einer grausamen Seele.
»Weißt du, wie Elvion einst entstand?«, fragte die fremde Stimme schließlich weiter, und als Vanora verneinte, lauschte sie sogleich mit immer größerem Staunen der Geschichte einer Göttin und ihrer Entmachtung.
»Und Ihr wollt jetzt wirklich behaupten, Ihr seid diese Göttin?«, fragte sie, nachdem die Fremde geendet hatte.
»Ich habe einst Elvion erschaffen, ich kann auch dich zurückschicken.«
»Wieso solltet Ihr das tun?« Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, um sich auch selbst die Enttäuschung zu ersparen, doch sie konnte kaum noch ruhig stehen. Gab es tatsächlich eine Möglichkeit? Um zu Nevliin zurückzukehren? In ihr altes Leben, das sie viel zu kurz hatte führen dürfen? Wäre es ihr möglich, mit Nevliin nach Valdoreen zu gehen, in das Land des Schnees und dort mit ihm glücklich zu werden?
»Nun«, erklang die Stimme in ihre erregten Gedanken. Offenbar wusste diese Göttin, dass Vanora bereits äußerst interessiert war. Sie war nicht gut darin, sich zu verstellen. »Ich biete dir an, zurück zu deinem Liebsten zu gehen als Vanora, das ist es doch, was du willst, oder etwa nicht?«
»Und was wollt Ihr im Gegenzug?« Es war ihr egal, sie würde alles tun, nur um endlich wieder bei ihm zu sein. Immer noch konnte sie nicht glauben, dass sich ihr tatsächlich
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