Elfenkrieg
einfach von allen Entscheidungen ausgeschlossen. Nur Nevliins blinden Vertrauens wegen hatte dies gelingen können, und es war nur zu offensichtlich, dass er nicht vorhatte, diesen Fehler jemals zu wiederholen – er würde niemandem mehr vertrauen. Er hatte keine Freunde mehr.
Die dunklen Abgründe seiner Augen sahen sie noch einen Moment lang an, dann wandte Nevliin seinen Blick ab und richtete ihn wieder auf die Priesterin, als wäre Vinae niemals hier gewesen und er nie aus dieser Haltung erwacht.
Sie hatte verstanden.
Es war kein Anfang und kein Ende zu sehen, alles um sie herum war Licht, nichts als weiße Leere, endlos in dieser Schönheit.
Aus ihrem Leben kannte sie solche Orte als Weiße Hallen, von denen das Reisen in verschiedene Welten möglich war. Auch innerhalb einer Welt konnte durch diese Sprünge der Dimensionen gewandelt werden, und das in nur wenigen Augenblicken.
Doch mit den Weißen Hallen Elvions hatte dieser Ort hier nichts gemein, denn von hier führten keine bunten Bilder, keine Wassergemälde, an andere Orte in die Ferne. Hier empfing einen nicht die Freiheit, hingehen zu können, wohin man wollte, denn von hier gab es kein Zurück. Wer einmal bei den Sternen war, konnte nirgends anders mehr hin, und Vanora kannte niemanden außer sich selbst, der damit nicht glücklich war.
Es war ein Ort des Friedens und der Harmonie. Die pure Essenz der Freude und Ausgeglichenheit war deutlich spürbar, und doch konnte nichts davon Vanora erreichen. Sie nahm andere Seelen in ihrer Nähe wahr, konnte sie jedoch nicht sehen. Kaum jemand behielt seine Gestalt, in der er als Elf gelebt hatte, vielmehr löste sich die Seele mit dem Tod des Körpers und dem Einzug bei den Sternen in die pure Essenz ihres Seins auf, zufrieden damit, die Ewigkeit im Einklang mit sich selbst zu verbringen. Die Erinnerungen aller Leben erschlossen sich derSeele in jenem Moment, in dem sie zu den Sternen ging, und doch spielten sie keine Rolle mehr. Nichts spielte hier irgendeine Rolle, für niemanden, bis auf Vanora.
Denn sie war immer noch Vanora . Sie hatte diese Existenz nicht losgelassen, sich mit aller Macht daran geklammert und wandelte nun zwischen den Seelen der Befreiten umher wie ein Mensch in einer Geisterwelt. Sie erinnerte sich auch an ihr früheres Leben als Daralee, doch es schien ihr, als sähe sie eine Fremde, als wären es nichts als Erzählungen über eine andere. Für sie zählte nur die eine Existenz, die kurze, aber intensive Existenz ihres letzten Lebens, denn in dieser Zeit hatte sie sich selbst gefunden, wie es andere erst bei den Sternen erfuhren. Sie hatte den Sinn ihres Seins gesehen, und doch war er ihr wieder entrissen worden, durch das Schicksal, das sie erst zusammengeführt und dann getrennt hatte.
So war es ihre Strafe für Daralees Fehler, in der Einsamkeit und Leere zu verharren, bis der eine zu ihr gelangte und auch sie endlich loslassen konnte. Gemeinsam mit ihm, verbunden und unzertrennlich. Auch sie beide würden übergehen in das bloße Sein und sich mit Wärme an das Leben erinnern, in der Gewissheit, dass es keine Macht gab, die sie jemals wieder trennen konnte.
Es gab keinen Anfang und kein Ende, das Licht war überall, doch Vanora wusste trotzdem, wohin sie gehen musste. Sie kannte die Orte, wo sich kaum Seelen aufhielten und wo sie ungestört von deren Glück warten konnte, auch wenn hier alles gleich aussah. Sie wusste nicht, wie oft sie hierherkam, wie lange sie einfach nur herumschlenderte. Hier gab es keinen Tag, keine Nacht, keinen Schlaf, der sie für wenige gnädige Augenblicke vom Schmerz befreit hätte.
Es gab lediglich das brennende Sehnen in ihrer Brust, das die anderen Seelen mieden, weshalb sie ohnehin zumeist unbehelligtwar. In solchen Momenten des Alleinseins kniete sie sich auf dem Boden nieder, der nicht zu existieren schien, und beschwor die Bilder des Weißen Ritters herauf.
Beide Handflächen auf das Licht zu ihren Füßen gelegt, gelang es ihr, zu jenen zu blicken, die sie zurückgelassen hatte, genauso, wie auch die anderen Seelen in jene Welt des Lebens sehen konnten, um ihre Lieben in Sicherheit zu wissen.
Vanora hatte keine Vorstellung davon, wie oft und wie lange sie ihn stets ansah, da es hier keine Zeit gab, doch auch wenn sein Anblick für sie jedes Mal schmerzvoller wurde, konnte sie nicht anders, als zumindest auf diese Weise zu ihm zurückzukehren. Das weinerliche Gefühl in ihrem Inneren war kaum auszuhalten – ihn in der Rüstung eines
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