Elfenkrieg
diesen Mann die Kontrolle verlieren zu lassen? Solch eine großartige Liebesgeschichte konnte es nicht gewesen sein, bei solch einem Herzen aus Stein. Schließlich lag sie hier in all ihrer göttlichen Pracht vor ihm – nackt wie bei der Geburt, und doch schien sie ihn nicht im Geringsten zu reizen. Ein grober Fehler!
»Angenehmer?«, fragte sie, sich nur schwer beherrschend. »Ihr haltet mich hier gefangen, in einer verrauchten und zugleich feuchten Höhle. Was sollte ich brauchen?« Sie streckte sich auf dem Bett aus und setzte ihren verführerischen Blick auf, welchem kein Mann widerstehen konnte. Er würde sich auf ihre Seite schlagen, niemand konnte diesem Angebot ständig ausweichen. »Sagt mir, Fürst Nevliin«, gurrte sie. »Jeder kennt Eure Geschichte, doch ich frage mich – wie lange ist es her, seit Ihr zuletzt bei einer Frau gelegen habt?«
Sie hatte es geschafft. Die schwarzen Augen nahmen einen winzigen Moment lang ein tödliches Blitzen an – Mordlust, das, was sie brauchte. Vielleicht nicht gerade im Moment, doch es war gut, zu wissen, dass diese Eigenschaft in ihm steckte.
»Vinae wird nach Euch sehen«, wiederholte der Ritter knapp, verneigte sich noch einmal und ging mit weitgreifenden Schritten auf den Höhlenausgang zu.
Die Priesterin fuhr hoch. »Und der Grogon?«, rief sie und verfluchte sich gleichzeitig für diese Frage, in der ihre Angst viel zu deutlich hörbar gewesen war. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, seit sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war. Seit sie diesem Ritter ... nahe gewesen war – ja, mit diesem Ritter stimmte etwas nicht.
Lass ihn nicht an dich heran, töte ihn, du brauchst ihn nicht, hörte sie ihre innere Stimme, doch auch wenn sie ansonsten stets auf sie hörte, hatte sie ihr in diesem Punkt noch nie nachgegeben. Der Weiße Ritter würde nützlich für sie sein. Sie konnte ihn nicht töten.
Dieser Ritter drehte sich noch einmal nach ihr um und sah ihr in die Augen, viel zu lange für ihren Geschmack. Viel zu tiefblickend, viel zu vertraut.
»Der Grogon ist weg«, sagte er mit seiner sanften Stimme, die ihr eine Gänsehaut über den gesamten Körper zog, was ihm hoffentlich entging. »Er wird Euch nichts tun – nie mehr.« Er nickte ihr noch einmal zu und verließ nun endgültig die Höhle.
Die Priesterin ließ sich zurückfallen und zog doch noch die Decke über sich. Sie fröstelte, und das, obwohl es in der Höhle angenehm warm war. Dass der Grogon fort war, konnte sie nur wenig beruhigen, denn immer noch spürte sie das lähmende Entsetzen, als der Dämon sie berührt hatte. Sie spürte, wie das Leben aus ihr gewichen war. Sie selbst war mächtiger als jeder Elf, doch ein Grogon lachte darüber nur. Er könnte sie vernichten. Darüber allerdings musste sie sich jetzt keine Gedanken mehr machen, denn der Dämon war fort.
Als Erstes musste sie herausfinden, wie sie diesen magischen Ring von ihrem Hals bekam, und verschwinden. Und dann musste sie herausfinden, weshalb das Kribbeln in ihren Adern aufgehört hatte, in jenem Moment, in dem der Ritter fortgegangen war. Sie musste wissen, woher die Bilder von ihm beim Anblick seiner Narbe gekommen waren. Sie musste wissen, weshalb ihr die innere Stimme plötzlich fremd erschien, als gehörte sie gar nicht zu ihr und wäre ein kleiner Geist, der ihr einzuflüstern versuchte. Ein Gift, das ihren Verstand befallen hatte.
Das ist Unsinn, sagte die Stimme ihr, töte den Ritter und alleanderen und dann verschwinde von hier. Sie sind es, die dich vergiften.
Die Priesterin legte ihren Arm über die Augen und versuchte, das angenehme Kribbeln in ihrem Körper noch einmal heraufzubeschwören, den Geruch wahrzunehmen ... ihn zu sehen.
Es dauerte nicht lange, bis sich alle um die Priesterin herum versammelten und sie mit Fragen zu löchern versuchten. Allen voran diese Drachenelfe, die damals von der Insel hatte entkommen können – wie sie das geschafft hatte, war ihr zwar immer noch ein Rätsel, doch es war auch unwichtig, denn diese Königin wurde für das Gelingen ihres Vorhabens nicht gebraucht.
Blieb nur zu hoffen, dass ihre Leute während ihrer Abwesenheit nicht alles verdarben.
Auch der Bruder der Elfenkönigin hatte sich an ihrem Lager eingefunden und versuchte, sich ihr gegenüber besonders kühl und distanziert zu verhalten. Doch er war weit leichter zu reizen als der sture Nevliin, und so hatte sie zumindest etwas Spaß an diesem ganzen Gefrage. Die kleine Magierin Thesalis hielt sich hingegen im
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