Elfenkrieg
würden. Besonders, da es doch auch vor der Gefangennahme der Nebelpriesterin kaum noch dazu gekommen war, doch mit einem Mal hatten sich ihre alten Wunden erneut geöffnet, und entlang ihrem Unterarm floss das Blut unaufhörlich aus ihrem Körper. Der Höhlenboden, auf dem sie saß, färbte sich um sie herum bereits schwarz. Auch Eamons Tücher, die er auf die Einstiche presste, konnten den Blutfluss nicht aufhalten.
Aus welchem Grund auch immer – die Nebelleute waren zu Aurüns Seelenschwester gegangen und bedienten sich nun an ihrem Blut, dem Blut der Nachfahrin des letzten Drachenkönigs, dem Schlüssel zu seinem Herzen.
Eigentlich müsste Aurün die Eingriffe an ihrem Drachen schon gewohnt sein, doch dieses Mal gaben sich die Nebelleute nicht mit ein paar Tropfen zufrieden. Sie nahmen immer mehr, bis Aurün kaum noch ihren Kopf heben konnte und sich das flackernde Licht des Feuers an den kargen Höhlenwänden zu gespenstischen Gestalten formte.
Tropfen für Tropfen wich das Leben aus ihr. Eamons Stimme wurde mehr und mehr von einem Rauschen in ihren Ohren übertönt. Selbst Nevliin hatte sich neben ihr niedergelassenund verband den einen Arm, während sich Eamon um den anderen kümmerte. Immer wieder wechselten sie das zerrissene Leinen, das sich viel zu schnell vollsog, unermüdlich in diesem sinnlosen Kampf.
»Hört auf«, konnte Aurün nur noch krächzen. Oder dachte sie die Worte vielleicht auch nur? Schon vorhin hatte sie den beiden erklärt, dass sie so lange Blut verlieren würde, wie es Aurünliig tat, doch Eamon weigerte sich, tatenlos neben ihr zu stehen.
»Wir könnten ihr von unserem Blut geben«, hörte sie ihn dann plötzlich sagen, was sie eben noch mit einem Kopfschütteln beantworten konnte, doch Eamon ließ sich nicht so leicht von seiner Idee abbringen. »Bekommst du von unserem Blut«, erklärte er ihr, »dann wird auch der Drache wieder gestärkt. Es wäre euch beiden geholfen.«
»Nein.« Jede Silbe erforderte ein unglaubliches Ausmaß an Kraft. »Vertrage es nicht. Drachenblut. Kein Elfenblut.« Nevliin reichte ihr einen Becher Wasser, welches ihr Eamon langsam einflößte. »Wir können nur warten«, brachte Aurün schließlich heraus.
»Nein«, sagte Eamon und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Ich lasse dich nicht einfach sterben, hast du verstanden? Ich sitze nicht da und schaue zu, wie du gehst. Du bist meine Freundin, Aurün, und du wirst mir jetzt gefälligst sagen, was ich tun kann, um dich ... hierzubehalten.«
Ein Lächeln entspannte ihr verkrampftes Gesicht, und auch ihr unterkühlter Körper fand bei diesen Worten zu etwas Wärme zurück. Nein, Eamon konnte nichts tun. Starb Aurünliig, so starb auch sie selbst, und anders wollte sie es auch gar nicht haben. Ohne ihre Seelenschwester wollte sie nicht weiterleben, und von daher war diese Verbindung umso vorteilhafter. Ihnen allen war klar gewesen, dass die Gefangenschaft Aurünliigsjeden Moment Aurüns Leben kosten könnte, doch mit der Gefangennahme der Priesterin hatten sie sich in trügerischer Sicherheit gewiegt. Sie wollte Eamon all dies erklären, als aus der anderen Ecke der Höhle plötzlich ein helles Lachen erklang.
Die Priesterin hatte bisher schweigend auf dem Bett aus Moos gesessen und die drei mit Vergnügen dabei beobachtet, wie sie gegen das Unvermeidbare ankämpften. Das Lachen war der erste Laut, den sie von sich gab. Aurün hätte ihr am liebsten den Hals umgedreht.
Ein Jammer, dass Nevliin sie stets so gut bewachte, ansonsten hätte sich Aurün diese verfluchte Mörderin längst vorgenommen und Mittel gefunden, um sie zum Reden zu bringen.
Diesen Gedanken schien auch Eamon zu verfolgen, denn plötzlich sprang er auf und durchmaß die Höhle mit wenigen Schritten. Ohne langsamer zu werden, packte er die Priesterin an der Kehle und drückte sie auf das Bett. Über sie gebeugt stand er da wie ein fleischgewordener Rachegeist.
Die Priesterin schien von seinem Auftritt jedoch gänzlich unbeeindruckt zu sein; sie lächelte immer noch.
Natürlich war auch Nevliin sofort zu der Priesterin geeilt, doch er mischte sich nicht ein, blickte auf die Frau hinab, bereit, jederzeit einzugreifen, ehe Eamon zu weit ging. Oder war er vielleicht doch zur Vernunft gekommen und würde dieses Miststück endlich zum Reden bringen?
»Was macht ihr mit dem Drachen?«, brüllte Eamon die Priesterin an. »Wozu weiteres Blut? Ihr seid es doch, die es in sich aufnahm und das Herz kontrollierte. Was wollen die anderen
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