Elfenkrieg
Mauerspalt, der gerade groß genug für sie war, ein Stück weit abwärts und gelangte in einen der verlassenen Abstellräume imKeller unter der Burg. Von hier aus war es nicht weit bis zu den Todeszellen, wo sich der offizielle Zugang zu den gefangenen Drachen befand. Diesen Zugang hatte Daeron ihr bei ihrem letzten Besuch gezeigt.
Doch Vinae musste den verfallenen Tunnel finden, in den sie bei ihrer Flucht vor den Schlangenschilden gelangt war und der sie direkt zu Gregoran geführt hatte. Dieser Tunnel war verlassen, und sie würde unbemerkt zu ihm gelangen.
Zu ihrem Glück waren auch hier beim Abstellraum kaum Elfen unterwegs, und sie musste sich nur selten mit angehaltenem Atem in einer Mauernische verstecken, bis die Wachen daran vorbeigezogen waren. Und wie es der Zufall so wollte, entdeckte Vinae in genau solch einer Nische einen schmalen Zugang – einen Durchbruch in der steinernen Wand – zum alten Haupttunnel, den sie das letzte Mal benutzt hatte.
Sie erkannte ihn sofort wieder, nachdem sie sich einige Schritte lang durch einen Felsspalt hatte zwängen müssen. Die vielen Seitentunnel, von welchen die qualvollen Geräusche der Drachen drangen, waren unverkennbar. Auch um diese würde sie sich noch kümmern müssen, doch im Moment waren sie ein zu großes Problem.
Das mulmige Gefühl, das sie beschlich, als sie die Tür öffnete und nach dem kurzen Gang in den matt beleuchteten Raum trat, überraschte sie nicht besonders. Sie hatte nicht vergessen, wie der Gefangene sie das letzte Mal davongejagt hatte und dass er der ganzen Familie Thesalis den Tod wünschte.
»Ich wusste, dass du kommst«, wurde sie bereits von der hochgewachsenen Gestalt in der Zelle begrüßt, die diesmal darauf verzichtete, sich in den wenigen Schatten zu verbergen, die das Licht der Kristalle bot. »Meine schöne Seele.«
Vinae trat näher und war fest entschlossen, sich weder Zögern noch Angst zu erlauben. »Ich wusste nicht, ob Ihr michsehen wolltet«, gestand sie und holte das Brot aus ihrer Tasche. »Ich habe Euch zu essen mitgebracht. Ich habe auch Wasser dabei.«
»Das sehe ich.« Gregoran umfasste die Gitterstäbe mit den Händen, und Vinae entging nicht, dass die Kristalle sofort einen helleren Schein annahmen. »Aber ich werde gut versorgt. Ich brauche nichts.«
»Aber Ihr müsst doch essen.« Vinae wollte ihm das Brot reichen, doch Gregoran wich zischend wie eine Schlange zurück.
»Leg es einfach dahin«, sagte er aus der entferntesten Ecke seiner Zelle. »Ich gelange schon daran.«
»Wie Ihr möchtet.« Sie kniete nieder und legte das Brot auf dem kalten Steinboden ab, wobei sie darauf achtete, dass es zwischen Kristall und Zelle lag, so dass es Gregoran auch sicher erreichen konnte. Über sein absonderliches Verhalten mochte sie sich keine Gedanken mehr machen, denn sie würde ohnehin nicht schlau aus ihm werden. Daher ließ sie sich vor den Gitterstäben nieder und bedeutete Gregoran, mit einer Handbewegung wieder näher zu kommen. Sie musste genau darauf achten, dass der Umhang den silbernen Stoff ihres Kleides verbarg, der ihren Stand als angehende Magierin, aber vor allem ihre noble Herkunft offenbaren würde.
»Ich wollte früher zu Euch kommen«, sagte sie. »Es war mir leider nicht möglich.«
»Ich weiß.« Gregoran setzte sich ihr gegenüber und lehnte sich mit dem Rücken an die Zellenwand. Seine gelbgoldenen Augen betrachteten sie nachdenklich, während er langsam mit einem Finger über die Gitterstäbe strich. »Nun erzähle mir«, brach er das kurze Schweigen, »was macht ein Mädchen wie du den lieben langen Tag? Spazierst du in der Sonne, sitzt am Brunnen und lässt dich von Minnesängern umgarnen?«
»Nichts dergleichen.« Vinae überlegte, ob sie die Geschichteder Küchenmagd weiter ausbauen sollte, doch dann fiel ihr wieder ein, dass er eine jede Lüge durchschaute. »Ich bin Heilerin«, sprach sie schließlich die unverfängliche Wahrheit aus. »In Magie und Kräuterkunde.«
»In wessen Diensten?«
»Meinen eigenen.«
»Das ist nur die halbe Wahrheit – und auch sehr ungewöhnlich. Eine Elfe niederer Geburt, die ohne einen Herrn auskommt?«
»Ich bin mir nur selbst verpflichtet. Auch wenn ich oft das Gefühl habe, ebenso nur ein Spielball von Fürsten und Königen zu sein.«
»Ja, das hast du.« Gregoran verzog seine Lippen zu einem zaghaften Lächeln. »Ich weiß, wie es ist, Macht zu besitzen und um diese beneidet zu werden. Du besitzt ebenfalls große Macht, schöne Seele, auch
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