Elfenkrieg
den Krieger trotz seiner unliebsamen Position leiden, was ihr von Ardemir lediglich ein Kopfschütteln eingebracht hätte. Ihr Freund würde darüber lachen, dass sie Veresils Augen als gütig empfand. Doch das war ihr gleichgültig. Sie wusste, dass auch die Schlangenschilde tief in ihrem Inneren ein Herz hatten. Jetzt würde sie erst mal herausfinden, was vor sich ging, und auch den legendären Eamon kennenlernen.
Veresil ging mit eiligen Schritten voraus, passierte unbehelligt die Wachen und kündigte Vinae schließlich lautstark im Empfangsraum an.
Einen Moment lang verharrte sie an der Schwelle und ließ ihren Blick über alle Anwesenden schweifen, die sich eben zu ihr umdrehten. Mit Daeron waren noch einige Schlangenschilde und Bedienstete anwesend, genauso wie die Gesandten der Königin. Ardemir und Nevliin trugen die Rüstungen der Silberritter mit dem Wappen der Königin an der Brust, was ein gewohnter Anblick war. Es waren nur leichte Harnische, da sie – anders als eine Kriegsrüstung – mehr dem Erscheinungsbild als dem Schutze dienten und somit auch bequemer zu tragen waren. Die dunkelblauen Umhänge, die sich vom Silber der Brustplatten abhoben, waren über die Schulter zurückgeworfen und mit glänzenden Broschen auf Höhe der Schlüsselbeine befestigt. Sie sahen wirklich prächtig aus und machten ihrer Königin alle Ehre. Genauso wie der dritte Mann, der bei ihnen war.
Dies war also der berühmte Eamon. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, dass er einst König gewesen war, strahlte er doch immer noch eine unbestreitbare Würde aus. Das schwarze, halblange Haar hatte er nass zurückgekämmt, um es zu bändigen, und auch er trug über wertvolle schwarze Kleidung den dunkelblauen Umhang mit Elvions Zeichen.
Neben Ardemir wirkte er unglaublich groß und überragte selbst Nevliin.
»Ah, Vinae«, erklang Daerons Stimme. »Da bist du ja. Ich habe unseren königlichen Besuchern bereits erklärt, dass du nur schwer auffindbar bist und dich ständig herumtreibst.«
»Mein Fürst.« Vinae trat nun endlich vollständig in den Raum und verbarg ihre Verwirrung hinter einem höflichen Lächeln.
»Komm.« Daeron legte seine Hand auf ihre Schulter und drehte sie zu den Besuchern um. »Ich möchte, dass du die Gesandten der Königin begrüßt, die uns mit ihrem überraschenden Besuch ehren. Liadan sendet uns noch weitere Ritter für unser Drachenproblem. Es ist furchtbar, was mit den Orakeln und Priesterinnen geschieht. Aber bitte – den Fürsten von Valdoreen kennst du ja bereits.«
Nevliin vollführte eine traditionell Valdoreener Verbeugung, die besonders ehrerbietig und elegant war, indem er ein Knie leicht beugte und seine Hand in einer weit ausschweifenden Bewegung vom Körper weg zur Seite führte. Dabei sah er ihr die ganze Zeit über in die Augen, und auch wenn sein Blick ausdruckslos war, musste Vinae lächeln. »Natürlich«, sagte sie freudig und reichte ihm ihre Hand. »Es freut mich sehr, Euch nach so langer Zeit wiederzusehen, Fürst Nevliin.«
»Die Freude ist auf meiner Seite.«
»Und Ardemir von Lurness kennst du ebenso, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht.«
»Ihr liegt richtig, Fürst Daeron«, antwortete Vinae, wobei sie nur schwer ein Grinsen unterdrücken konnte, als Ardemir mit einem verstohlenen Augenzwinkern einen Kuss auf ihren Handrücken hauchte. Am liebsten hätte sie gefragt, was dieses Spiel hier sollte, doch da trat Eamon plötzlich einen Schritt vor.
»Dies hier, meine liebe Vinae«, fuhr Daeron fort, auch wenn sie seine Stimme kaum hörte, »ist Eamon von Lurness, heimgekehrt aus seinem freiwilligen Exil in der Menschenwelt.«
»Herr Eamon«, hauchte Vinae völlig überwältigt davon, solch einer Legende gegenüberzustehen, und sank in einen tiefen Knicks. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals von solcher Ehrfurcht ergriffen gewesen zu sein. Gewiss war Nevliin ein ebensolcher Held, doch bei ihrer ersten Begegnung war sie noch ein Kind gewesen – zu jung, um sich der Ehre bewusst zusein. Doch nun stand der Mann vor ihr, der die Dunkelelfen im Wiedervereinigungskrieg angeführt hatte. Der Mann, der sich mit nur einer Handvoll seiner Ritter gegen ein ganzes Heer von Lichtelfen geworfen hatte, um die letzte Nachfahrin der Daralee zu schützen. Ein Mann, der bereits vor Jahrtausenden in den Drachenkriegen gekämpft und Ruhm geerntet hatte und der Mentor eines der bedeutendsten Ritter – nämlich Nevliins – gewesen war. Er war älter als alle Elfen, die sie
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