Elfenkrieg
ihm ausstreckte. Das gierige Aufleuchten seiner Augen hatte nichts Erschreckendes, eher verführte es sie dazu, sich noch weiter zu nähern.
Langsam und ohne den Blick von ihm abzuwenden, lehnte Vinae sich vor, führte ihre Hand an den Kristallen vorbei und durch die Gitterstäbe. Gregoran wandte seinen Blick ab und starrte auf ihre Hand, die ihn beinahe berührte.
»Was tust du da?«, fragte er plötzlich mit rauer Stimme.
»Ich ... will mich verabschieden«, brachte sie schließlich hervor. »Ich muss gehen.«
»Nimm deine Hand weg.« Er sprach ruhig, aber bestimmt. »Langsam. Geh etwas zurück.«
»Aber ...«
»Tu es!«
So schnell, dass sie die Bewegung kaum wahrnehmen konnte, sprang er auf und verschwand in den Schatten der Zelle.
Vinae blinzelte verwirrt, richtete sich dann jedoch langsam wieder auf. »Bitte verzeiht«, sagte sie. Sie wusste selbst nicht, wieso sie ihn hatte berühren wollen. Vermutlich, um ihm irgendwie zu zeigen, dass sie da war.
»Du solltest jetzt gehen, schöne Seele.«
Vinae blickte auf. »Ja, Ihr habt recht.«
»Ich danke dir für deinen Besuch. Es war sehr ... anregend, mit dir zu sprechen.«
»Ich werde wiederkommen.«
»Ja, das wirst du, meine wunderschöne Seele.«
Es hatte Vinae etwas verwundert, dass Ardemir die Möglichkeit, mit ihr zu sprechen, nicht wahrgenommen hatte. Sie war nach den vielen Krankenbesuchen eigens noch etwas länger bei Ascunsela geblieben, so wie sie es ihm zugesagt hatte, doch vergebens. Es machte sie beinahe wahnsinnig, da sie ihm unbedingt von den Neuigkeiten berichten musste, auch wenn sie nur mager waren. Zumindest würde es ihr zukünftig wieder etwas leichterfallen, mit ihm zu sprechen, weil Daeron sein Versprechen anscheinend hielt und sich die Schlangenschilde tatsächlich zurückgezogen hatten. Vinae trug zwar immer noch das Armband, doch Daeron hatte ihr erlaubt, die Stadt zu verlassen, um nach den Siedlern zu sehen. Dies würde er auch zukünftig tun, wodurch sie Ardemir leichter treffen konnte. Beim nächsten Markttag würde er wieder ein Gespräch suchen, dessen war sie sicher, denn dort könnte er sich unauffällig in der Menge bewegen. Bis dahin würde sie vielleicht noch mehr herausfinden.
Mit der festen Absicht, Daeron beim gemeinsamen Abendessen auf den Zahn zu fühlen, ritt Vinae über die Brücke in den Schlosshof und ließ ihren verwunderten Blick über den herrschenden Trubel gleiten. Es dauerte etwas, bis einer der hektischen Bediensteten zu ihr kam und ihr das Pferd abnahm, während sie immer noch die vielen Silberritter der Königin betrachtete, die sich zu Daerons Schlangenschilden und Menavors herkömmlichen Wachen gesellt hatten. Knappen, Knechte und Pferde mit dem Banner Elvions tummelten sich hier am Hof, und unter all denen bemerkte Vinae plötzlich Glitnir und Schneeglöckchen – Ardemirs und Nevliins Pferde, die eben in die Kühle des Stalls geführt wurden.
»Was geht hier vor?«, fragte sie den ersten Elfen, der ihr begegnete. »Sind das Abgesandte der Königin?«
»Ja, Herrin Thesalis.« Der Elf, einer der Wachen, verneigte sich. »Sie trafen vor nicht einmal einer Stunde ein.«
»Wisst Ihr, was sie wollen?«
»Nein, Herrin.«
»Und wer sind die Abgesandten?« Vinae suchte noch einmal in der Menge nach bekannten Gesichtern, doch die Ritter gehörten lediglich zum Gefolge und waren ihr unbekannt.
»Der Fürst von Valdoreen«, antwortete der Elf sichtlich beeindruckt, »und auch der Bruder und der Vetter der Königin selbst.«
»Der Bruder?« Vinae konnte kaum fassen, was sie da hörte. Nicht nur, dass Nevliin und Ardemir einfach so ins Schloss zu Daeron spazierten – was ihrer Meinung nach mehr als töricht war – nein, es war auch noch der einstige König der Dunkelelfen dabei. Ardemir hatte ihr gesagt, dass dieser zurückgekehrt war, doch ihn zu treffen wagte Vinae sich noch nicht einmal vorzustellen.
»Danke«, sagte sie an den Elfen gewandt, ehe sie sich ihren Weg durch den Tumult suchte. Sie wollte eben die Stufen zum Eingangstor betreten, als ihr Veresil, der Hauptmann der Schlangenschilde, von den Arkadengängen winkte.
»Herrin Thesalis!«, rief er über den Lärm des Hofes und eilte die Treppe herab auf sie zu. »Herrin Thesalis.« Er verbeugte sich knapp, als er bei ihr ankam. »Fürst Daeron schickt nach Euch«, verkündete er zu ihrer Freude. »Ihr möget unverzüglich in den Empfangsraum kommen.«
»Natürlich.« Sie raffte ihr Kleid und ging neben ihm die Stufen hinauf. Sie konnte
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