Elfenkuss
sonst hier sitzt, verbringt die ganze Stunde damit, Herzchen für irgendeinen Steve zu malen. Das lenkt mich echt ab.«
David lachte. »Bestimmt für Steve Tanner. Er ist super beliebt.«
»Alle fahren immer auf die gleichen Typen ab«, sagte sie und schlug das Buch auf der Seite auf, die Mr James an die Tafel geschrieben hatte.
»Würdest du wieder mit mir Mittag essen – mit mir und meinen Freunden?«, fragte er noch schnell.
Laurel zögerte. Auf die Frage hatte sie schon gewartet, aber sie hatte noch keine Antwort parat, die seine Gefühle nicht verletzen würde. Sie mochte ihn sehr und fand auch seine Freunde sympathisch, nach dem zu urteilen, was sie so mitbekommen hatte. »Eher nicht«, setzte sie an, »ich …«
»Geht es um Chelsea? Sie wollte dir nicht zu nahe treten, wegen deines Mittagessens. Sie ist einfach immer total ehrlich – wenn man sich dran gewöhnt hat, kann das echt erfrischend sein.«
»Nein, das hat nichts mit ihr zu tun, deine Freunde waren echt nett. Aber ich kann … also, ich kann diese Cafeteria nicht ausstehen. Wenn ich schon den ganzen Tag drinnen sein muss, will ich wenigstens mittags draußen sein können. Ich fürchte, nach zehn Jahren Privatunterricht kann ich mich nicht so schnell umstellen.«
»Aber du fandest sie alle ganz nett?«, flüsterte er, während Mr James für Ruhe sorgte.
Laurel nickte.
»Und wenn wir alle draußen essen würden, was meinst du?«
Laurel schwieg, während sie dem Beginn eines Vortrags über Phyla lauschte. »Das fände ich schön«, flüsterte sie schließlich.
Beim Schellen sagte David: »Wir treffen uns draußen. Ich sage den anderen nur kurz Bescheid, dann können sie mitkommen, wenn sie wollen.«
Laurel ging zu dem Platz, an dem sie und David am Vortag gegessen hatten. Nach drei Tagen kam ihr die Schule schon vertrauter vor; sie kannte sich besser aus, und auch die vielen Menschen, deren schiere Menge sie am Montag so fertiggemacht hatte, waren heute nicht mehr so schlimm.
Als sie ein halbwegs trockenes Rasenplätzchen gefunden hatte, setzte Laurel sich hin und wartete auf David. Kurz darauf kam er mit ungefähr zehn anderen Kids im Schlepptau auf sie zu. Es waren nicht alle mitgekommen, aber ein ansehnliches Grüppchen verteilte sich im Kreis und alle redeten durcheinander, genau wie in der Cafeteria.
Laurel hatte zwar anfangs Zweifel, was Chelsea anging, aber die strahlte sie einfach nur an, als sie sich neben ihr niederließ.
Wie David gesagt hatte, war Chelseas Ehrlichkeit ebenso erfrischend wie unterhaltend. Sie sprach einfach alles aus, was ihr in den Kopf kam. Am Anfang war das nicht besonders angenehm, als sie zum Beispiel
Laurel zum Thema Privatunterricht verhörte und kundtat, dass ihrer Meinung nach ein Tanktop und Shorts in der Schule ähnlich passend waren wie ein Badeanzug. Doch gleichzeitig wies sie David an, sich Gel in die Haare zu schmieren, und machte einem gewissen Max klar, dass er in Englisch durchfallen würde, wenn sie ihm nicht zum wiederholten Mal ihre Aufzeichnungen überlassen würde, weshalb Laurel ihre Bemerkungen nicht persönlich nahm.
Nach der Pause kannte Laurel die Namen von immerhin der Hälfte der Leute und hatte in mehreren Unterhaltungen mitgemischt. Chelsea und David gingen mit ihr zu ihrem nächsten Kurs, was sich völlig normal anfühlte, und als David einen Witz über Mr James machte, hallte Laurels Lachen durch den ganzen Flur. Zum ersten Mal, seit sie aus Orick weggezogen waren, hatte Laurel das Gefühl dazuzugehören.
Drei
D ie nächsten Wochen flogen in der Schule nur so dahin, etwas, das Laurel sich in den ersten, unsicheren Tagen nicht hatte vorstellen können. Sie war froh über die Begegnung mit David, sie waren in der Schule viel zusammen, und einen Kurs hatte sie auch mit Chelsea. Mittags war sie nie allein und hatte bald das Gefühl, dass Chelsea und David richtige Freunde geworden waren. Auch die Schule war okay, obwohl sie sich erst daran gewöhnen musste, im selben Tempo wie die anderen zu lernen.
Laurel gewöhnte sich auch in Crescent City ein. Es war größer als Orick, klar, aber es gab genügend Platz und die Gebäude waren nirgends mehr als zwei Stockwerke hoch. Überall, sogar vor dem Supermarkt, wuchsen hohe Kiefern und Laubbäume mit breiten Blättern. Auf den Rasenflächen spross grünes Gras, und die Ranken, die auf den meisten Gebäuden sprossen, blühten.
An einem Freitag im September prallte Laurel mit David zusammen, als sie den Klassenraum verließ. Sie
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