Elfenkuss
hatte gerade ihren letzten Kurs, Spanisch, gehabt.
»Entschuldigung«, sagte David und hielt sie an der Schulter fest, damit sie nicht hinfiel.
»Schon gut, ich habe nicht aufgepasst.«
Im nächsten Augenblick sahen sie sich an. Laurel lächelte schüchtern, bis sie merkte, dass sie ihm im Weg stand.
»Oh, bitte schön«, sagte sie und machte den Weg frei.
»Äh … also, ich habe eigentlich auf dich gewartet.«
Er machte einen nervösen Eindruck.
»Ja, gut, ich muss nur eben …« Sie hielt das Buch hoch. »… das hier in mein Schließfach legen.«
»Ich komme mit.«
»Super.«
Sie gingen zu Laurels Schließfach, sie verstaute ihr Spanischbuch, holte ihr Geschichtsbuch heraus und schloss ab. Dann lächelte sie und sah David erwartungsvoll an.
»Ich wollte nur fragen, hast du vielleicht Lust, nach der Schule was mit mir zu unternehmen?«
Sie lächelte weiter, aber in ihrem Magen flatterte es, sie war jetzt auch nervös. Bisher hatten sie sich nur in der Schule getroffen, und Laurel merkte in diesem Moment, dass sie nicht wusste, was David gerne machte, wenn er nicht gerade Mittagspause hatte oder mitschrieb, was die Lehrer sagten. Doch es reizte sie auch, es herauszufinden. »Was hast du denn vor?«
»Hinter unserem Haus fängt gleich der Wald an – und da du so gerne draußen bist, dachte ich, wir könnten spazieren gehen. Da steht ein toller Baum, den ich dir gerne zeigen würde. Also, eigentlich sogar zwei –
das verstehst du, wenn du es siehst. Wenn du überhaupt willst, natürlich.«
»Gerne.«
»Echt?«
Laurel lächelte. »Ja, klar.«
»Schön.« Er schaute durch den Flur zum Hinterausgang. »Es ist einfacher, wenn wir hinten rausgehen.« Laurel folgte David durch die überfüllten Flure hinaus in die frische Septemberluft. Die Sonne kämpfte sich mühsam durch den Nebel, und die Luft war kühl und schwer, so feucht war es. Laurel streifte die Jacke über und war froh, dass sie statt der Shorts eine Caprihose angezogen hatte. »Es fühlt sich an, als wäre der Sommer vorbei. Jetzt kommt wohl der Herbst.«
David zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. »Sieht ganz so aus.«
Sie überquerten den Fußballplatz hinter der Schule bis zur Grant Street und bogen in die Small Avenue ein. »Wie weit ist es zu dir?«, fragte Laurel.
»Wir sind gleich da.«
Der kühle Westwind brachte den salzigen Hauch des Ozeans mit. Laurel holte tief Luft und genoss die Herbstluft. Bald kamen sie in ein ruhiges Wohnviertel, das ungefähr einen Kilometer südlich von Laurels Haus lag. »Du wohnst also bei deiner Mutter?«, fragte sie.
»Jep. Mein Dad ging, als ich neun war. Dann hat meine Mom ihren Schulabschluss nachgemacht und ist mit mir hierhergezogen.«
»Als was arbeitet sie denn?«
»Als Apothekerin.«
»Oh«, sagte Laurel. »Das ist witzig.«
»Wieso?«
»Meine Mutter ist Heilpraktikerin.«
»Was macht sie genau?«
»Sie stellt alle Arzneimittel aus Kräutern her und baut sogar einige Pflanzen selbst an. Ich habe noch nie Medizin bekommen, nicht mal Betaisodona.«
David starrte sie an. »Du machst Witze!«
»Nö. Meine Mom macht alles selbst, was wir brauchen.«
»Da würde meine Mom ausflippen. Sie glaubt, Pillen helfen gegen alles.«
» Meine Mom ist fest davon überzeugt, dass Ärzte einen umbringen.«
»Das klingt, als könnten unsere Mütter einiges voneinander lernen.«
Laurel lachte. »Wahrscheinlich.«
»Heißt das, deine Mom geht nie zum Arzt?«
»Nein, nie.«
»Dann hat sie dich zu Hause bekommen, oder was?«
»Ich bin adoptiert.«
»Ach, echt?« David schwieg kurz. »Und, kennst du deine wirklichen Eltern?«
Laurel musste fast lachen. »Nö.«
»Was ist daran so lustig?«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Versprichst du mir, nicht zu lachen?«
In gespieltem Ernst hob David die Hand. »Ich schwöre.«
»Man hat mich in einem Körbchen bei meinen Eltern vor die Haustür gelegt.«
»Das glaube ich nicht! Du machst dich über mich lustig!«
Laurel sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
David fragte fassungslos: »Ehrlich?«
Laurel nickte. »Ich bin ein Findelkind. Allerdings war ich kein kleines Baby mehr, sondern ungefähr drei. Meine Mom sagt, ich hätte um mich getreten, um aus dem Körbchen zu kommen, als sie die Tür aufmachten.«
»Du warst schon ein Kleinkind. Dann konntest du auch sprechen?«
»Oh ja, angeblich hatte ich einen komischen Akzent, den ich erst nach einem Jahr verloren habe.«
»Huh. Wusstest du denn nicht, wo du herkamst?«
»Mom sagt,
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