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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ist nur ein Spiel. Nicht die Wirklichkeit!«
    »Glaubst du?«
    So zynisch hatte sie ihn noch nie erlebt.
    Ollowain deutete auf zwei umgestürzte schwarze Spielfiguren, die isoliert auf dem Spielfeld lagen. »Der Feldherr und die Diebin, Ganda. Das sind wir. Wir sind aus dem Spiel.«
    Die Lutin fasste sich an die Schläfen. Das war das Letzte, was sie jetzt brauchte. »Ich falle fast in Ohnmacht vor Erschöpfung, und du kommst mir mit so etwas. Vielleicht ist jemand gegen den Spieltisch gestoßen. Es kann Zufall sein, dass ein paar Figuren umgestürzt sind.«
    »Es sind nur diese beiden Figuren umgestürzt.«
    »Und wo ist unser Mörder? Für den müsste es dann doch wohl auch eine Spielfigur geben.«
    »Du denkst zu kurz. Unser Mörder ist keine Figur. Es ist der Spieler der weißen Seite. Deshalb hat er alle Gesichter und zugleich keines.«
    Ganda sträubten sich die Nackenhaare. Wenn man bereit war, sich auf Ollowains Wahnvorstellungen einzulassen, waren sie in sich schlüssig. Aber sie war nicht nur eine Spielfigur auf einem Brett! »Wieso sind wir noch nicht vom Spieltisch, wenn wir geschlagen sind? So spielt man das doch, oder? Geschlagene Figuren werden vom Brett genommen.«
    »Nein, nicht immer. Es gibt drei Ereignisse, bei denen Spielfiguren neutralisiert werden, aber nicht aus dem Spiel kommen. Man legt sie dann einfach nieder. Danach hängt alles davon ab, wer den nächsten Spielzug hat. Ein solches Ereignis ist eine Zäsur im Falrach-Spiel. Beide Seiten würfeln. Wer das höhere Ergebnis erzielt, beginnt den nächsten Zug, ganz gleich, wer nach dem eigentlichen Ablauf des Spiels an der Reihe wäre. Die Zukunft hängt in diesem Augenblick von einem Würfelwurf ab.«
    Die Lutin lachte trotzig. »Dann habe ich eine gute Nachricht für dich. Ich bin sehr gut darin, beim Würfeln zu betrügen.«
    Ollowain lächelte schief. »Wer hätte gedacht, dass ich mein Leben einmal in die Hände einer Falschspielerin legen würde.« Warum hatte sie nie einen Kobold getroffen, der sie so angelächelt hatte?, dachte sie traurig. Ein wenig schelmisch, dabei offenherzig und warm. Voller Vertrauen. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war sie dem Lächeln Elijas verfallen gewesen. Kein anderer Lutin strahlte solche Zuversicht und ein solches Selbstbewusstsein aus wie er.
    Elija hatte eine Vision. Er wollte die Welt verändern. Und er war unerschütterlich davon überzeugt, dass er es schaffen würde. War man ihm nahe, war es so leicht, seinen Traum mit ihm zu teilen. Seine Kraft und sein Enthusiasmus waren ansteckend. Mit ihm zu leben, war ein einziges Abenteuer.
    Ganda hatte sehr lange gebraucht, um zu begreifen, dass Elija einzig seinen Traum liebte. Alle Weggefährten waren austauschbar. Was zählte, war allein das Ziel. Als sie das endlich verstanden hatte, war Elijas Lächeln entzaubert gewesen.
    Mit Ollowain würde es genauso sein, wenn sie ihn nur lange genug kannte, dachte sie wütend. Ihr war schwindelig.
    »Geht es dir gut?«, fragte der Elf.
    »Sehe ich vielleicht so aus?«, brachte sie noch hervor, dann gaben ihre Beine unter ihr nach.
    Irgendwie schaffte er es, sie aufzufangen, bevor sie zu Boden fiel. Er trug sie in den Armen wie ein Kind. Sie bettete ihr Haupt an seine Schulter. Lange hatte sie sich nicht mehr so geborgen gefühlt. Sie war nicht wirklich bei Bewusstsein, aber sie schlief auch nicht. Die Zeit, in der er sie trug, war wie ein Wachtraum.
    Er wollte sie in ihre Kammer bringen und ins Bett legen. Dunkel erinnerte sie sich, dass sie protestierte. Und er musste ihr wohl gehorcht haben, denn er hielt sie immer weiter im Arm. Ganda konnte sich diese bleierne Müdigkeit nicht richtig erklären. War es tatsächlich das Gift? Sie hatte doch schon so lange geschlafen!
    Die Lutin spürte, dass Ollowain sie trug. Aber seine Schritte hörte sie nicht. Es war, als schwebten sie beide. Ihre Lider waren zu schwer, um ihnen viele Blicke abzutrotzen. Nur hin und wieder blinzelte Ganda verschlafen. Dann sah sie spärlich beleuchtete Bücherwände vorübergleiten.
    Der Elf erzählte etwas. Er flüsterte. Seine Stimme schlich sich in ihr Ohr. Dort fühlte sie auch seinen warmen Atem, während er sprach. Doch irgendwo zwischen dem Ohr und ihrem Verstand ging ein Teil vom Sinn seiner Worte verloren. Es ging um einen Kobold mit Namen Labax. Er hatte in Phylangan gekämpft und im Schlaf die Begegnung mit dem rätselhaften Ungeheuer überlebt, das durch Felsen ging, während alle seine Kameraden gemeuchelt wurden.
    Ganda

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