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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wollte Ollowain sagen, dass sie wusste, was für ein Geschöpf dort in der Elfenfestung umgegangen war. Doch ihre Zunge lag wie ein gestrandeter Wal hinter ihren Lippen. Unendlich schwer. Tot.
    Sie musste kurz eingenickt sein. Noch ganz benommen sah sie sich um. Sie war in dem Saal mit den vielen Lesepulten. Ganda fühlte die pulsierende Macht der Albenpfade. Der Albenstern, durch den sie eingetreten waren, lag nur ein paar Schritt entfernt.
    Ollowain kniete vor ihr. »Bist du stark genug, um uns von hier fortzubringen?« Die Lutin setzte sich auf und massierte sich mit den Händen die Schläfen. »Zaubern und einer Hornschildechse in den Hintern treten kann ich immer, egal wie ich aussehe.« Ihr war übel. Sie fühlte sich, als habe sie eine ganze Nacht durchgezecht. Ein großer Becher Milch mit zwei hineingerührten Eiern wäre jetzt gut.
    Nur zwei Öllampen brannten in der weiten, runden Halle. Beide standen ein gutes Stück entfernt. Im schwachen Licht sahen die Pulte wie große, rechteckige Schilde aus. Sie waren umringt von einer Legion von Schattenkriegern. Ganda schmunzelte. Das war albern!
    Ein dumpfes Klatschen erklang. Ollowain fuhr herum. Das Geräusch war aus dem weiten Gang gekommen, der von hier aus tiefer in die Bibliothek führte. Es hatte sich angehört, als sei ein Buch aus einem Regal gefallen.
    Ganda musste an Qualbam III. Und seine verrückten Geschichten über Bücher denken. Es war ungerecht, dass der Kobold tot war. Gestorben, weil er sie gekannt hatte. Gestorben, weil sie ihm vertraut hatte.
    Ollowain hatte den Gang erreicht. Aufmerksam sah er sich um.
    Die Lutin griff nach der Kante des nächstgelegen Stehpults und zog sich hoch. Sie war noch immer ganz wackelig auf den Beinen. Wann würde das endlich aufhören? Und wann würde sie diese fürchterlichen Kopfschmerzen los ... Aus den Augenwinkeln sah sie eine Bewegung. Ganda verlor das Gleichgewicht. Etwas hatte sie berührt. Sie taumelte zur Seite und stürzte. Ein riesiger Schatten ragte über ihr auf. Kleos! Er war mit einem langen Stab bewaffnet, an dessen Enden aufgerichtete Sensenblätter angebracht waren. »Du hast mich erschreckt ... Du ...« Sie wollte sich aufstützen und wieder aufstehen, doch sengender Schmerz schoss durch ihren linken Arm.
    Der Minotaur bückte sich und hob etwas auf. Es schien winzig in seinen riesigen Pranken. »Halt den rechten Arm hoch, dann schenke ich dir dein Leben.«
    Sie war so durcheinander, dass sie schon gehorchen wollte, als sie erkannte, was der ehemalige Hüter des Wissens aufgehoben hatte. Es war eine Hand.
    Ganda wurde es übel. Sie sah auf ihren linken Arm. Das Zwielicht bewahrte sie davor, allzu deutlich zu erkennen, was geschehen war. Der Arm endete in einem Stumpf. Es war ihre Hand, die Kleos aufgehoben hatte.
    Obwohl Ganda deutlich den Stumpf sah, weigerte sie sich, das Offensichtliche anzuerkennen. Ihre Hand ... Wieso ...
    »Den Arm!«, forderte Kleos barsch. »Du ...« Der Minotaur wirbelte herum. Metallisches Kreischen drang in Gandas Ohren. Funken stoben, wo Stahl auf Stahl schlug.
    Beängstigend schnell wirbelte der Klingenstab. Ollowain duckte sich weg. Ein Hieb, der ihm gegolten hatte, spaltete die schwere Platte eines Lesepults. In tödlichem Tanz umkreisten der Minotaur und der Elf einander.
    Dieser Kleos brauchte keine Krücke mehr. Ganda bezweifelte, dass der alte Kleos jemals mit solchem Geschick gekämpft hatte. Auch wenn sie es in der Dunkelheit nicht sehen konnte, war sie sich sicher, dass dieser Minotaur blaue Augen hatte. Es war so gekommen, wie Ollowain es vorhergesagt hatte. Ihr Feind diktierte ihnen ihre Züge. Sie waren aus dem Spiel. Der Mörder hatte gewusst, dass sie hierher kommen würden.
    Ganda bemerkte erst jetzt, dass sie in einer dunklen Pfütze saß. Ihr Armstumpf schmerzte nur wenig. Es war seltsam. Sie konnte ihn ohne Abscheu betrachten. Irgendwie erschien es ihr so, als sei das nicht wirklich ihr Arm. Ihr Arm endete in einer Hand! Dieses verstümmelte Ding gehörte nicht zu ihr!
    Unbeholfen riss sie einen Streifen vom Saum ihres Kleides. Sie musste die Blutung stillen.
    Polternd stürzte ein schweres Stehpult zu Boden. Der Minotaur versetzte dem Pult einen Tritt; schlitternd glitt es über den glatten Boden. Statt auszuweichen, sprang Ollowain auf das Stehpult, hielt mit ausgebreiteten Armen das Gleichgewicht und war mit einem Satz auf einem der anderen Pulte.
    Kleos stieß seinen Klingenstab ins Leere, schwang ihn in weitem Kreis zurück und wehrte gerade

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