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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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gewonnen? Er ist doch schon jetzt als König, vorsichtig gesagt, ein Problem. «
    Skanga verstärkte ihre Anstrengungen, einen Albenpfad zu finden. Mit all ihren Sinnen griff sie hinaus in die Dunkelheit. Wenn der Yingiz sich so sehr bemühte, ihr jede Hoffnung zu nehmen, dann war die Rettung vielleicht schon ganz nah.
    » Also wirklich, Skanga. Glaubst du, ich bin so leicht zu durchschauen? Du beleidigst mich. Ich meine es wirklich gut mit dir. Ich bin nicht wie meine Brüder und Schwestern. Leider sind die meisten von ihnen ganz von ihren Trieben beherrscht. Sie weiden sich an deinem Leib. Und sie gieren nach deiner Seele. Im Augenblick streiten sie gerade darüber, ob sie Branbart nicht doch besser befehlen sollen,dich zu würgen. Einigen haben deine besonderen Ängste gefallen. Du weißt ja selbst am besten, woran es dich erinnert, wenn du gewürgt wirst. Deine Meisterin, Matha Naht, war schon ein übles Kraut. Also, ich habe mich nie mit Bäumen eingelassen. Ihre Seelen ... Gut, die sind wirklich außerordentlich schmackhaft. Aber mit ihnen reden ... Ich sehe in deinen Gedanken, was für eine Lehrerin sie war. Ich hätte sie auch umgebracht. Bist du übrigens sicher, dass sie wirklich tot ist? Wie heißt es noch gleich? Bäume und Minotauren haben dreizehn Leben. Du warst nie wieder dort. Der Blitzschlag und das Feuer, war das wirklich genug? Hast du sie bis in den letzten Wurzelstrunk vernichtet? «
    Beim Gedanken an Matha Nahts Wurzeln überlief die Schamanin ein kaltes Schaudern. Nicht daran denken! Das wollte dieser verfluchte Yingiz doch nur. Sie konnte fühlen, wie er in ihren Erinnerungen schwelgte. Er durchlebte ihr Leben. Suchte nach den Augenblicken des Glücks und den einsamen Stunden, in denen sie am Abgrund gestanden hatte.
    » Komm, gib uns Branbart, und wir lassen dich ziehen. « Trotzig sperrte sich Skanga gegen die Einflüsterungen. Sie hatte vor langer Zeit der Seele des Königs die Treue geschworen! In ihrem Leben hatte sie oft ihre Macht missbraucht.
    Sie hatte Schamaninnen ermordet, die vielleicht eines Tages mächtiger geworden wären als sie. Sie hatte ihre Magie genutzt, um stattliche Krieger zu blenden und auf ihr Lager zu zerren. Sie hatte aus Launen heraus Leben und Tod gewährt. Das Einzige, an dem sie immer unverbrüchlich festgehalten hatte, war ihre Treue zur Seele des Königs. Ihn nun zu verraten, würde sie zerstören. Die flüsternde Stimme wusste das.
    » Du hast also beschlossen, mit ihm zusammen unterzugehen? Ist das edel oder dumm? Du bist mir doch fremder, als ich dachte, Skanga. Sieh nur! Er blinzelt schon. Er wird nicht zögern, sich gegen dich zu wenden. Siehst du den Hass in seinen Augen? «
    Die Schamanin griff nach ihrem Stab. Branbart war schneller. Offenbar war er schon länger wieder zu sich gekommen und hatte sie durch halb zugekniffene Lider beobachtet.
    »Hör nicht auf die Stimmen. Ganz gleich, was sie sagen, sie haben nur dein Verderben im Sinn!«, zischte sie.
    Mühelos drehte der König ihr den schweren Stab aus der Hand. Dann richtete er sich auf.

VON WEISEN UND VON DER LEIDENSCHAFT

    Müde blinzelnd blickte Ollowain von der hohen Terrasse auf den Garten hinab. Die Königin hatte ihn wecken lassen und hierher gebeten. Es war eine warme Nacht. Der Frühling hatte in den drei Tagen, die seit den Ereignissen im Thronsaal vergangen waren, an Kraft gewonnen.
    Vor ihm reckten zwei Maulbeerbäume ihre dunklen Äste dem Mond entgegen und schienen einander in der vergänglichen Pracht ihres Frühlingsschmucks übertreffen zu wollen.
    Ollowain stützte sich auf das steinerne Geländer und schloss die Augen. Er jagte dem Traum nach, aus dem man ihn gerissen hatte. Lyndwyn war bei ihm gewesen. Sie waren auf einem Weg gegangen, dessen Kies unter einem Teppich aus weißen Kirschblütenblättern verborgen blieb. Sie hatten sich bei den Händen gehalten, und Lyndwyn hatte ihn mit ihren Sticheleien zum Lachen gebracht.
    In der kurzen Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, hatte es niemals einen solchen Spaziergang gegeben. Aber sie war oft in seinen Träumen bei ihm, um ihm zu schenken, was ihnen das Leben verwehrt hatte. Er klammerte sich an diese Träume. Er wollte nicht daraus aufwachen.
    »Was habt ihr im Thronsaal getan?«, ertönte eine schnarrende Stimme.
    Unwillig öffnete Ollowain die Augen. Neben ihm stand eine kleine, fuchsköpfige Gestalt in einem mohnblütenfarbenen Kleid. Sie reichte ihm kaum bis über die Knie. Aus schwarzen, funkelnden Augen blickte

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