Elfenlicht
Koboldvolk. Ein Troll war fast fünfmal so groß wie ein Kobold, und er wog wahrscheinlich mehr als das Zwanzigfache. Aber das schien die kleinen Krieger nicht zu beunruhigen. Die Kutscher saßen auf ihren Böcken, kauten Kautabak, schwatzten oder würfelten. Manche nahmen ein deftiges Frühstück aus Wurst, Käse und Zwiebeln zu sich. Sie alle wussten, dass sie heute gegen einen Feind antreten mussten, der sie einfach zerquetschen würde, wenn er bis zu ihren Reihen durchbrach. Aber wenn man sie in ihrer stoischen Ruhe so sah, musste man glauben, es sei ein Tag wie jeder andere. Sie störten sich auch nicht an der Anwesenheit des Feldherrn. Keiner sprang auf und salutierte oder nahm zumindest eine militärische Haltung ein. Einige der Kutscher nickten ihm zu. Das war alles. Ollowain schmunzelte. Mit dieser vermeintlichen Respektlosigkeit brachten sie Elodrin zur Weißglut. Aber der Schwertmeister wusste, er würde sich auf sie verlassen können, wenn die Schlacht begonnen hatte. Das war alles, was für ihn zählte. Er brauchte keine zackigen Paradekrieger. Er brauchte Kämpfer, die in besonnener Ruhe ihre Befehle ausführten, auch wenn rings um sie die Welt aus den Fugen zu geraten schien.
Eine keifende Stimme ließ Ollowain aufblicken. Ein Stück voraus hüpfte ein Kobold auf einer Wagenpritsche auf und ab und führte sich auf, als habe ihn die Tollwut gepackt.
»Keine Pfeife, du Missgeburt! Ich habe es euch allen oft genug gesagt! Was ist los mit dir? Hast du einen Arsch in deinem Schädel statt einem Hirn?«
Misht trampelte noch immer auf etwas herum, das Ollowain zwischen den großen bunten Seidenkugeln auf der Pritsche nicht erkennen konnte.
»Das wirst du mir büßen, du aufgeblasener kleiner Straßenräuber«, zischte der Kobold, mit dem Misht sich angelegt hatte. Der Kerl hatte ein erstaunlich breites Kreuz.
Ollowain sah, wie sich die Schultermuskeln spannten. Der Kerl hob die Fäuste. »Das war eine Meerschaumpfeife aus Vahlemer. Die war ein Vermögen wert, du Bastard.«
Misht spuckte ihm vor die Füße. »Heb eine Hand gegen mich, und ich schnitz dir aus deinem Schädel einen Pfeifenkopf!«
»Krieger«, mischte sich Ollowain ein. »Höre auf deinen Hauptmann. Dann werden wir heute siegen, und ich verspreche dir, aus Vahlemer wird man dir eine Pfeife schicken, auf der dein Name steht.«
Der aufsässige Kobold drehte sich um und sah ihn geringschätzig an. »Was soll ich mit einer Pfeife, auf der mein Name steht? Auf so eine Idee kann auch nur ein Elf kommen. Was bringt mir das an einsamen Abenden, meinen Namen anzuglotzen? Auf meiner Pfeife war ein Meermädchen, das hatte zwei Titten, da fielen dir die Augen aus dem Kopf. So eine Pfeife will ich!«
Ollowain lächelte. »Weißt du was? Wenn wir siegen, schicke ich dich auf meine Kosten nach Vahlemer in ein Hurenhaus am Hafen. Da kannst du dann solche Brüste einmal anfassen, statt dich in einsamen Nächten mit einer Pfeife zu vergnügen.«
Die Koboldkrieger rings herum brachen in grölendes Gelächter aus, während der Streithahn einen hochroten Kopf bekam.
Ollowain erhob die Stimme, sodass man ihn nun in weitem Umkreis hören konnte. »Ich weiß, dass es in diesem Heer viele Kentauren und Elfen gibt, die auf euch herabsehen. Von heute Abend an wird das anders sein. Ganz gleich welche Heldentaten meine Reiterscharen heute vollbringen: Ihr werdet es sein, die die Schlachtreihen der Feinde aufbrechen. Ihr werdet heute für Albenmark den Sieg erringen. Und so großmäulig all jene sein mögen, die auf einem Pferdearsch sitzen oder sogar selbst einen haben, sie werden im Herzen wissen, dass es die Kobolde waren, die heute die Trolle vom Feld gejagt haben. Ich vertraue auf jeden Einzelnen von euch. Macht mich stolz. Macht euch stolz! Siegt!« Wieder einmal wünschte sich Ollowain, er könnte Reden schwingen wie Lambi, der Heerführer seines Freundes Alfadas. Seine Worte hatten keinen allgemeinen Jubel bewirkt. Aber immerhin grinsten die meisten Kobolde, als sie sich auf den Kutschenpritschen wieder an ihre Arbeit machten.
»Seid ihr bereit?«
Misht rollte mit den Augen. »Ich warte immer noch darauf, dass einer auf einem Fass mit Lampenöl seine Pfeife ausklopft. Ich hätte ihnen sagen sollen, was da drin ist.«
»Nein. Lieber verliere ich eine Kutsche als die Schlacht, weil unsere Feinde ahnen, was auf sie zukommt.«
Der Kobold blickte zu dem kleinen Fass, das hinter der Kutschenpritsche festgezurrt war. »Das Zeug muss man nur scharf ankucken,
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