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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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bezichtigt, dann haben wir uns wohl nicht geirrt. Und was das Urteil angeht, haben wir in das Dokument noch keinen Namen eingetragen. Das werde ich nun nachholen, wenn du mir Tinte und Feder bringen lässt.« Reilif holte eine zweite Schriftrolle hervor, diesmal aus dem anderen Ärmel seiner Kutte. »In Anbetracht seines Ranges hat Ollowain wohl ein Recht darauf, durch Schwert oder Beil gerichtet zu werden. Würdest du mir den Dieb bitte vorführen lassen, Herrin, damit ich ihm das Urteil der Hüter des Wissens verkünden kann?«
    »Ich fürchte, das ist im Augenblick nicht möglich. Der Schwertmeister befindet sich in Feylanviek. Er versammelt dort die Heere Albenmarks für eine Schlacht gegen die Trolle.«
    »Dann musst du Krieger schicken und ihn festnehmen lassen, Herrin.«
    Emerelle faltete die Hände und legte sie in ihren Schoß. Sie dachte an den Bericht, den Elodrin ihr über die Vorfälle während des Festes der Kentauren geschickt hatte. »Ich fürchte, du verkennst die Lage, Reilif. Nicht einmal ich hätte die Macht, ihn inmitten seiner Truppen festnehmen zu lassen. Diese Krieger sind bereit, sich für Ollowain in Stücke hacken zu lassen. Ihren Feldherrn aus ihrer Mitte zu holen, ist unmöglich.«
    »Bist du sicher, dass du noch die Herrin Albenmarks bist, Emerelle?«, fragte der Hüter des Wissens scharf.
    »Ist es klug, das herausfinden zu wollen, indem du mich beleidigst?« Emerelle erhob sich und klatschte in die Hände. Das Tor zum Thronsaal schwang auf, und Wachen erschienen auf der Schwelle. »Der Hüter des Wissens möchte zu seiner Kammer begleitet werden.«
    Reilif hob drohend die zweite Schriftrolle. »Es gibt einen Vertrag zwischen dir und Iskendria. Darin hast du dich verpflichtet, unser Recht anzuerkennen, und uns Beistand versprochen, wenn wir Flüchtigen nachsetzen. Ich fordere die uns verbriefte Unterstützung ein, Herrin! Oder gelten Gesetze und Verträge in Albenmark nicht mehr?«
    »Ich erkenne das Urteil der Hüter des Wissens an. Und ich werde Ollowain verhaften lassen, sobald er ins Herzland zurückkehrt. Als Königin bin ich dem Recht verpflichtet, selbst wenn meine Gäste sich nicht dem Gesetz der Höflichkeit verpflichtet fühlen. Ist deinen Forderungen damit Genüge getan, Reilif?«
    Der Hüter des Wissens verbeugte sich steif. »Mit deiner Erlaubnis werde ich verweilen, bis man Ollowain an mich ausliefert, Herrin.«
    »Zu den Gesetzen der Gastfreundschaft gehören neben Rechten auch Pflichten, Reilif. Ich ermahne dich, dich an deine Pflichten zu erinnern, sonst erlöschen auch deine Rechte. Du hast mein Wort als Königin, dass Ollowain an dich überstellt wird, sobald er das Herzland betritt. Und er soll in dieser Halle vor seinen Henker geführt werden. Ich akzeptiere das Todesurteil über den Schwertmeister als gültig, auch wenn ich die Art, in der euer Tribunal Urteile in Abwesenheit der Angeklagten fällt, als äußerst fragwürdig empfinde. Ich werde meine Schreiber und Rechtsgelehrten beauftragen, die Verträge mit Iskendria zu überprüfen und nach Möglichkeiten zu suchen, sie für die Zukunft aufzukündigen. In deinen Forderungen und deinem Auftreten kann ich nicht mehr den Geist jenes Iskendria entdecken, mit dem Albenmark sich einst verbunden fühlte. Du darfst nun gehen, Reilif.«
    Der Hüter des Wissens blieb ungerührt stehen. »Ich fordere das Buch zurück, das uns gestohlen wurde.«
    Emerelle spürte die Wärme des Albensteins auf ihrer Brust. Das Rauschen des fallenden Wassers war lauter geworden. Feine Gischt sprühte in den Thronsaal. »Du wirst das Buch zusammen mit dem Kopf des Schwertmeisters erhalten. Und nun erlaube ich dir, dich zurückzuziehen.«
    Der Hüter des Wissens verbeugte sich erneut. Vor der hohen Tür verharrte er. Ohne sich umzudrehen, sprach er. »Wenn ich den Thron besteige, dann bin ich in Fesseln aus Papier geschlagen. Es sind die Fesseln der Gesetze Albenmarks, und mögen sie euch auch schwach erscheinen, so binden sie mich fester als jeder Stahl, denn würde ich sie nicht achten, hieße meine Herrschaft Willkür, und ich wäre es nicht wert, weiterhin das Szepter Albenmarks zu führen. Erinnerst du dich an diese Worte, Emerelle? Du hast sie an jenem Tag gesprochen, als du zum ersten Mal auf den Thron gewählt wurdest. Sie stehen niedergeschrieben in den Geschichtsbüchern Iskendrias. Gelten sie noch für dich? Oder haben Jahrhunderte der Herrschaft das Papier deiner Fesseln zu Staub zerfallen lassen?«
    Emerelle gab sich nicht die

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