Elfenlicht
zählt. Und wie lange dauert es, bis du einen Krieger ausgebildet hast, Ollowain? Jahrzehnte! Selbst wenn wir unter deiner Führung Sieg an Sieg reihen, werden wir keine Schlachten ohne eigene Verluste schlagen. Wir werden uns zu Tode siegen. Es gibt nur einen Weg, dieses Dilemma zu beenden. Wir müssen ihre Weiber töten. Nur so wird unser eigenes Volk überleben, Schwertmeister.«
Erschüttert sah Ollowain, wie Katander von Uttika und Ajax, der Minotaurenfürst, beifällig nickten.
»Wenn wir Frauen und Kinder ermorden, dann sind wir zu dem geworden, was wir ausgezogen sind zu bekämpfen, Elodrin. Ich erteile hiermit den ausdrücklichen Befehl, den Mordstein zu verschonen. Ich bin ein Krieger, kein Mörder!«
»Hehre Worte, Feldherr«, entgegnete der Fürst von Alvemer zynisch. »Ich sehe in dir einen lebenden Toten, denn wer sich der Logik des Krieges nicht unterwirft, der wird vernichtet werden. Auch ich fordere dich auf, noch einmal zu bedenken, wofür wir kämpfen! Was nutzt deine Ritterlichkeit, wenn sie uns daran hindert, diese Ungeheuer zu besiegen, die nach jeder Schlacht die Toten auf der Walstatt fressen, die in Höhlen hausen und deren Schamanen sich der Blutmagie ergeben haben. Ich werde alles tun, um zu verhindern, dass die Trolle jemals den Thron Albenmarks besteigen. Alles!«
»Elodrin«, sagte Ollowain mit mühsam beherrschter Stimme. »Hiermit entziehe ich dir als kommandierender Feldherr das Kommando über die Lanzenreiter. Du wirst den Befehl über die Nachhut übernehmen, deren Aufgabe darin besteht, ihre Stellung zu halten, um den schnellen Verbänden nach dem Kampf einen sicheren Rückzugsweg offen zu halten.«
Der Seefürst erbleichte. »Damit besiegelst du das Schicksal unseres Volkes. Ganz gleich, wie glorreich dein Sieg heute sein wird. Dein Weg wird uns alle in die Vernichtung führen. Nicht die Trolle werden die Schlächter unseres Volkes sein. Du bist es, Ollowain! Du allein!«
GLAS UND SEIDE
Mishts Hand klammerte sich um den Flaggenstock. Seit er sich Melvyn und dessen Kriegern angeschlossen hatte, hatte er in mehr als einem Dutzend Scharmützeln mit Trollen gekämpft. Er war kein Feigling! Aber das hier war etwas anderes. Was er sah, machte ihm Angst.
Das Land fiel in sanften Wellen zur Ebene hin ab. Die schweren Karren hatten auf einem Hügelkamm Stellung bezogen, sodass er einen guten Überblick hatte. Das Heer der Trolle stand etwas mehr als eine halbe Meile entfernt; wogende Staubschleier verhüllten es halb vor seinem Blick. Schild an Schild standen die Trolle in weitem Halbkreis und warteten. Vor ihnen preschte die Masse der Kentaurenkrieger parallel zu ihrer Front und schoss einen wahren Hagel von Pfeilen auf sie ab. Die Pferdemänner waren es, die den Staub aufwirbelten und den Trollen den Blick auf das Gelände vor ihnen nahmen. Die Geschosse der Kentauren richteten kaum Schaden an. Selbst über die weite Entfernung konnte Misht den Einschlag der Pfeile hören. Es klang wie dumpfes Klopfen. Die zollstarken Schilde der Trolle vermochten sie nicht zu durchdringen.
Hinter den Bogenschützen der Steppe warteten die in Bronze gewappneten Krieger des Katander von Uttika. Sie waren in Einheiten zu etwa hundert Mann eingeteilt. Ihre Aufgabe sollte es sein, durch die Reihen der Trolle zu brechen, sobald sich die erste Lücke auftat. Hinter ihnen, in einer Bodensenke verborgen, standen die Streitwagen Arkadiens. Lange stählerne Sicheln funkelten an ihren Radnaben. Jeder Wagen wurde von vier Pferden gezogen. Drei Krieger standen Seite an Seite in jedem der zerbrechlichen Gefährte, die wie der Wind über die Hügel der Steppe eilen würden. Ein Wagenlenker, ein Bogenschütze und ein Kämpfer mit einer Schwertlanze, die jeden treffen würde, der dem Wagen zu nahe kam. Bunte Seidenbanner, die an Schmetterlingsflügel erinnerten, wehten von den Wagen. Die Besatzungen in ihren prunkvollen Rüstungen mit federgeschmückten Helmen und kostbaren Umhängen sahen eher aus, als wollten sie zu einem Hofball gehen, dachte Misht. Elfen konnten sich einfach nie auf das Wesentliche beschränken. Aus allem mussten sie einen Maskenball machen!
Hinter den Streitwagen warteten die Lanzenreiter. Steigbügel an Steigbügel waren die Ritter nebeneinander aufgezogen. Fünf Reihen tief standen sie, jede Reihe mehr als dreihundert Reiter breit. Sie würden zuschlagen, wenn die Trolle versuchten, sich neu zu formieren.
Ein wenig vor ihnen waren die berittenen Bogenschützen abgesessen. Sie stellten
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