Elfenlicht
Behalten wir die beiden in Erinnerung, wie wir sie kannten! Ihnen wäre das auch lieber.«
Ulric standen die Schreckensbilder seiner Kindheit wieder vor Augen. Er hatte nur seinem Vater erzählt, wie die Trolle ihn und Halgard und all die anderen Überlebenden aus dem brennenden Honnigsvald getrieben hatten. Am Ufer des Fjords waren sie wie Vieh zusammengepfercht worden. Er hatte nicht nur ein verlassenes Lager gesehen ... Er war mitten drin gewesen, als die Schlächter gekommen waren. Sie hatten auch Halgard holen wollen. Er hatte den Troll, der sie ausgewählt hatte, mit dem Dolch angegriffen, den ihm einst der Schwertmeister geschenkt hatte. Es war aussichtslos gewesen. Das Einzige, was er erreicht hatte, war, dass der Troll mit den Brandnarben auf der Brust ihn statt Halgard mitgenommen hatte. Warum er nicht geschlachtet worden war, hatte Ulric nie ganz begriffen. Es war Glück gewesen. Genauso wie es Glück gewesen war, dass die Elfe Yilvina gekommen war, um sie mitten aus dem Lager der Trolle zu befreien.
Der Thronfolger betrachtete das eingetrocknete Blut auf dem Stein. Vielleicht hatte ja auch Kadlin Glück gehabt. Mehr Glück als seine Schwester Kadlin, die zusammen mit seiner Mutter bei ihrer Flucht in die Berge umgekommen war.
»Ich werde sie finden. Ob tot oder lebendig. Ihr müsst mich nicht begleiten.« Eirik wurde bleich vor Zorn. »Glaubst du, es gäbe hier auch nur einen Mann, der weniger Mut hat als du? Was erlaubt dir, ihr Leben leichtfertig aufs Spiel zu setzen? Liegt es daran, dass du schon lange tot bist? Du ... du verdammter Wiedergänger!« Einer der Männer packte den Jäger und zog ihn von Ulric fort. Niemand sprach aus, was alle dachten. Das war ein ungeschriebenes Gesetz.
»Ich sagte doch, dass mir niemand folgen muss.«
»Herr, wenn du gehst, haben wir keine andere Wahl, als dir zu folgen«, sagte ein älterer Jäger. »Wer dich verlässt, der wird für immer Schande auf seinen Namen laden.« Er warf einen Blick auf Ulrics Schwert. »Du bist der Einzige hier, der ein Zauberschwert hat.«
Ulric verfluchte stumm die Geschichten des Skalden Vehleif. Seine Saga vom jungen Ulric Alfadasson hatte dafür gesorgt, dass jedes Kind im Fjordland darum wusste, wie Ulric mit nur sieben Jahren einen Troll getötet hatte. Und dabei hatte er das Schwert des legendären Königs Osaberg geführt, eines Helden aus alter Zeit, dessen Grab UIric auf seiner Flucht gefunden hatte.
»Ich kenne die meisten von euch seit meiner Kindheit. Ich würde für jeden dort hinaufgehen. Ich weiß, was es heißt, von Trollen gefangen zu sein. Finden wir mehr als einen von ihnen, dann ziehen wir uns zurück. Ich weiß, was ihr von mir denkt, aber ich werde kein Leben aufs Spiel setzen, um Tote zu retten.« Ulric wandte sich an Eirik. »Kennst du die Gegend hier? Was glaubst du, wo würden die Trolle lagern, wenn sie in der Nähe sind?«
Der Anführer der Jäger sah ihn finster an. »Ich war vor zwei Jahren schon einmal hier.« Er deutete zu einem Steilhang, der etwa fünfhundert Schritt östlich lag. »Dort gibt es eine große Höhle. Die Plünderer, die kommen, um das Vieh von unseren Höfen zu stehlen, benutzen sie manchmal als Lagerplatz.«
»Wie würdest du die Höhle angreifen?«
Eirik verdrehte wieder die Augen. »Gar nicht! Die Trolle brauchen nur da drinnen zu bleiben und zu warten, dass wir hineingehen. Sie werden uns einen nach dem anderen niedermachen. Sie sind Menschenfresser, Bestien. Aber sie sind nicht blöd.«
»Dann werde ich allein zur Höhle gehen und versuchen, sie herauszulocken. Du platzierst unsere Bogenschützen so, dass sie jeden Troll, der sich blicken lässt, mit Pfeilen spicken. Und sollten mehr Trolle aus der Höhle kommen, als wir töten können, dann habt ihr beste Aussichten, ihnen davonzulaufen. Als Bogenschützen müsst ihr ja nicht zu nahe heran.«
Der Anführer der Jäger sah ihn voller Verachtung an. »Das will nicht in deinen Schädel hinein, nicht wahr? Niemand kann davonlaufen, wenn es um deine Haut geht, Wiedergänger. Du bist der Sohn des Königs! Was glaubst du, was dein Vater mit uns macht, wenn wir ihm erzählen, dass wir fortgelaufen sind, als du dich mit einem Rudel Trolle angelegt hast?«
»Er wird euch dazu beglückwünschen, dass ihr mehr Verstand hattet als ich.«
»Schöne Worte, Ulric. Du musst uns nicht davon überzeugen, dass dein Vater ein gerechter Mann ist. Wir alle wissen das. Aber wird er sich daran erinnern, wenn er seinen einzigen Sohn zum zweiten Mal
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