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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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umgeben, dick wie Eichenstämme. Und auf den Plätzen standen versteinerte Mörder und Hochverräter. Sie hatten sich im letzten Augenblick ihres Lebens alle in Pose geworfen. Manche blickten ernst, andere lächelten einen sogar an. Und sie alle wirkten so lebendig, als hätten sie eben noch geatmet.
    Ein kleiner dicker Kobold, der zu den Flüchtlingen gehörte und der erstaunlicherweise ein wenig ihre Sprache verstand, hatte sich eine Stunde Zeit für sie genommen, um ihr die Wunder von Lavianar zu erklären. Der Name des Kobolds war so unaussprechlich, dass er ihr vorgeschlagen hatte, ihn einfach nur den Schwarzen zu nennen. Er war aus einer Stadt geflohen, die von den Trollen zerstört worden war. Doch hier in Lavianar wollte er abwarten. Er sagte, er sei zu müde, noch weiter fortzulaufen.
    Der Schwarze war ein großartiger Erzähler. Er erklärte ihr die Wunder Albenmarks. Von ihm wusste sie, dass man die schlimmsten Verbrecher bestrafte, indem man sie in Stein verwandelte und auf die öffentlichen Plätze stellte. Manche verwandelte man sogar samt ihrer Pferde! Aber nur, wenn die Pferde an ihren Verbrechen beteiligt gewesen waren.
    Vom Schwarzen erfuhr sie, dass Elfen in ihrem ganzen Leben niemals wirklich arbeiteten und dass alle übrigen Bewohner Albenmarks für sie schuften mussten. Er erzählte ihr von den Wolkendrachen, die keine Jungen mehr bekommen konnten und deren gefrorene Milch man mit fliegenden Schiffen vom Himmel holen musste, damit sie nicht so viel wurde, dass sie den Blick auf die Sonne versperrte. Da diese Milch verzaubert war und nicht mehr auftaute, schnitt man sie in Blöcke und baute Häuser daraus. Deshalb waren alle Städte Arkadiens weiß, denn sie waren nicht aus Stein, sondern aus Wolkendrachenmilch errichtet.
    Am meisten beunruhigte Kadlin, was der Schwarze über die seltsamen Gestalten sagte, die man allenthalben sehen konnte. Geschöpfe, die zur Hälfte Tiere waren. Manche sahen sehr hübsch aus, und keines hatte Kadlin in irgendeiner Weise bedroht oder auch nur feindselig angesehen. Dennoch hatte ihr Anblick sie durcheinander gebracht. Es war nicht wirklich Angst ... Aber sie hatte sich in ihrer Nähe unwohl gefühlt.
    Der Kobold hatte ihr ausschweifend erzählt, dass ganz Albenmark von Magie durchdrungen sei. Daher rührte die Schönheit des Landes, doch es führte auch zu einigen Absonderlichkeiten. Als er das sagte, hatte er auf einen Mann am anderen Ende des Marktplatzes gedeutet, der zur Hälfte ein Pferd war. Manchmal, wenn man ein Tier sehr schätzt und sehr viel Zeit mit ihm verbringt, hatte der Schwarze gesagt, dann könne es geschehen, dass man eins mit ihm würde. Das gehe sehr langsam. Zunächst übernehme man ein paar Eigenheiten, bekomme ein wieherndes Lachen, das Haar wachse stärker und Ähnliches.
    Und manchmal verschmelze man mit dem Tier, so wie dieser Kentaur dort drüben.
    Kadlin hatte an Fenryl und seinen Falken denken müssen. Der Elf hatte einen sonderbaren Blick, der in eine weite Ferne zu reichen schien. Und manchmal bewegte er den Kopf wie ein Vogel. Seltsam ruckartig. Offensichtlich hatte er begonnen, eins mit seinem Falken zu werden. Ob ihm das klar war? Vielleicht sollte sie ihn warnen, wenn sie ihn das nächste Mal sah.
    Fenryl hatte darauf bestanden, dass sie und Gundaher die Stadt mit einem Flüchtlingszug verließen. Angeblich waren die Trolle noch weit entfernt. Niemand unter den Flüchtlingen wirkte sonderlich beunruhigt. Sie wollten zu einer Brücke, bei der sich das Heer der Elfenkönigin sammelte.
    Der Wagenzug auf der Straße reichte von Horizont zu Horizont. Lachende Kinder liefen neben den Karren her. Kadlin hatte es sich auf einem hohen Stapel mit Fellen bequem gemacht und blickte in den Himmel. Sie hatte kein Ziel. Fenryl hatte gesagt, es sei gut, wenn sie mit den Flüchtlingen ziehe. Also hatte sie sich darauf eingelassen. Gundaher war mit ihr gekommen. Er saß auf dem Kutschbock neben einem schweigsamen Kobold und zeichnete. All die Wunder, die er sah, versuchte er in Bildern festzuhalten. Kadlin vertraute da lieber auf ihre Erinnerung als auf etwas, das so vergänglich war wie ein paar Blatt Pergament.
    Die Sonne versank hinter einem breiten Waldstreifen. Wolken hingen wie riesige rote Fahnen am Himmel. Kadlin dachte an die fliegenden Schiffe, mit denen man die Milch der Wolkendrachen vom Himmel holte. Auf so einem Schiff würde sie gerne einmal mitfahren. Dann könnte sie die Welt sehen, wie ein Adler sie sah.
    Ein Schwarm

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