Elfenlicht
Pferdemänner, Kobolde und Elfen starrten sie an, als sei sie irgendein Wundertier. Dabei war sie doch weit und breit die Einzige, die normal aussah.
Hufschlag ließ sie aufblicken. Graf Fenryl und einige Krieger kamen eilig den Flüchtlingszug entlanggeprescht. Die Menge rief etwas. Dutzende Hände deuteten in ihre Richtung. Fenryl sah sie ungläubig an. »Du hast den Shi-Handan getötet?« Er betrachte ihr Schwert. Auf der Klinge waren Rußschlieren. »Mit diesem Schwert?«
»Ich habe einen Geisterhund getötet. Luth hat dabei meine Hand geführt!« Der Graf hob die Brauen. »Die Königin sollte dich kennen lernen, Kadlin aus dem Fjordland!« Eine Koboldfrau kam auf sie zu und küsste ihr die Hand. Jetzt wagten sich auch die anderen näher. Fingerspitzen berührten sie. Einer der Stiermänner strich ihr sanft über das Haar.
Fenryl lächelte. »Sie halten dich für eine machtvolle Magierin. Sie glauben, etwas von deiner Kraft überträgt sich auf sie, wenn sie dich berühren.« Er wurde ernster. »Willst du lieber allein sein?«
Kadlin wusste es nicht.
DER AUFSTAND BEGINNT
Das hatte er kommen sehen! Ärgerlich zerknüllte Madrog den schmalen Pergamentstreifen. Er streute der Taube, die ihm die schlechte Nachricht gebracht hatte, ein paar Körner hin. Eine Abteilung Kentauren und Elfenritter war von der großen Heerstraße abgebogen, um hinauf in die Berge zu gelangen. Es gab nur einen Ort, zu dem sie auf diesem Weg gelangen würden. Das Jagdschloss der Gräfin Caileen.
Der Hauptmann der Spinnenmänner strich sich nachdenklich über die Stirn. Er hatte seinem Fürsten Shandral die Nachricht verheimlicht, dass er vogelfrei sei. Es war besser gewesen, dass sich der Irre immer noch für den Fürsten von Arkadien hielt. So machte er weniger Ärger.
Madrog blickte zu den Türmen und Wehrgängen. Überall patrouillierten Wachen. Das kleine Jagdschloss war fest in der Hand seiner Krieger. Entlang des Waldweges standen gut versteckt ebenfalls Wachen. Es war unmöglich, sich dem Schloss zu nähern, ohne dass er es schon Stunden vorher erfuhr. Die Wächter entlang des Weges hatten ihm die Brieftaube geschickt.
Der Unglücksvogel pickte zufrieden gurrend nach den Krümeln auf dem Mauerkranz.
Madrog blickte zum strahlend blauen Himmel. Immer wieder hatte er Elija geschrieben und ihn gewarnt. Doch der Kommandant hatte sich einfach nicht entschließen können, den Befehl zu geben. Worauf wartete Elija nur? Auf den Sieg der Trolle? Wollte er dann erst mit den Unterdrückern abrechnen? Dann würde es immer heißen, sie seien lediglich die Henkersknechte der Trolle gewesen. Von den Handlangern der Elfen wären sie zu Handlangern der Trolle geworden. So durfte es nicht enden!
Shandral hatte seine ganze Familie hier zusammengeholt. Die Idee, sich im Jagdschloss Caileens zu verstecken, war brillant gewesen, so lange die Gräfin vogelfrei gewesen war. Ihre Diener hatten damals ihre Besitzungen verlassen, um nicht in Verdacht zu geraten, einer Geächteten zu helfen. Und das große Jagdschloss in den Bergen wurde im Winter ohnehin nur von einigen Kobolden gehütet. Kobolden, die sich der großen Sache angeschlossen hatten! Niemand hatte Shandral und die Seinen hier gesucht. Doch nun war ihr Geheimnis offenbar ruchbar geworden.
Madrog betrachtete den Burghof. Er war hier schon einmal gewesen, während der Jagdzeit im Frühjahr. Die Elfen hatten das tote Wild entlang der Mauer niedergelegt und abends bei Fackellicht ihr Garn gesponnen.
Ein anderes Bild drängte sich in Madrogs Erinnerung. Die Schmiede in Feylanviek und wie Shandral sein Weib dort hinunterbringen ließ. Es war heiß. Rauch waberte in der Luft. Der Lärm war ohrenbetäubend. Fünfzig seiner Armbrustschützen waren dabei. Die meisten gehörten schon damals zu den Rotmützen. Leylin wurde von drei Kobolddienerinnen begleitet.
Die Kobolde in der Schmiede gehörten zu Shandrals Männern. Madrog hatte sie nicht gekannt. Harte Burschen mit schwieligen Händen und kalten Augen. Weiß der Henker, wo Shandral die herhatte! Vielleicht aus Langollion? Jedenfalls zögerten sie keinen Herzschlag lang, als Shandral auf eine von Leylins Dienerinnen zeigte und befahl, sie zu ergreifen.
Bis heute wusste Madrog nicht, ob Shandral Martha gezielt oder nur zufällig auswählte. Er deutete auf die Eiserne, die Kommandantin, die das Kommando über die Rotmützen in der Stadt innehatte. Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung. Shandrals Worte klangen Madrog immer noch im Ohr. »Zeigt
Weitere Kostenlose Bücher