Elfenlicht
noch zwanzig Schritt entfernt. Sie gaben ihre weit gefächerte Formation auf und lieferten sich ein Wettrennen um die Gelegenheit, sie beide zu töten.
Der junge König drehte den Schwertgriff. Die Spitze der alten Klinge zeigte auf das Eis. »Es war ein wunderbares Leben mit dir, Halgard.« Das Schwert fuhr hinab. Der Stahl drang tief in das Eis. Ein Riss entstand. Der Sturmlauf der Trolle ließ das Eis noch stärker vibrieren. Aus dem Riss wurde ein Spalt, der sich schnell weiter verästelte.
Einer der Krieger, die weit vorne liefen, stieß einen Warnschrei aus. Schlitternd und rutschend versuchten die riesigen Krieger zum Stehen zu kommen.
Die Eisdecke zitterte noch stärker. Das Wasser der warmen Quelle drückte nun mit aller Kraft gegen die Eishaut des Sees.
Der Boden unter Ulrics Füßen kippte zur Seite. Wasser griff nach seinen Kleidern. Halgard hielt tapfer seine Hand. Sie tauchten in blaues Zwielicht. Die Elfenamulette schützten sie vor der Kälte.
Rings herum sahen sie große Körper in die Tiefe sinken. Über ihnen war ein Gitterwerk aus Licht. Eisschollen tanzten auf dem Wasser. Deutlich hörten sie das Bersten des Eises. Die Geräusche strampelnder Glieder. Immer weiter griff die Zerstörung um sich.
Ulric ließ das Schwert los. Er schloss Halgard in die Arme. Silberne Kugeln perlten von ihren Lippen. Sie wollten den Kampf nicht in die Länge ziehen, so hatten sie es miteinander abgesprochen. Sie atmeten aus. Die letzte Luft aus ihren Lungen vermischte sich mit den Millionen feiner Silberperichen, die mit dem warmen Quellwasser vom Grund des Sees aufstiegen.
Ihrer beider Lippen fanden sich zu einem letzten Kuss. Dann atmeten sie das dunkle Wasser ein.
WOLF UND SKORPION
Als er sah, wie die Armbrustschützen anlegten, entglitt Melvyn der Rauchtopf, den er in Händen gehalten hatte.
»Bring mich hinab! Hinab!«, befahl er Wolkentaucher in Gedanken.
Es sind zu viele, warnte ihn der mächtige Adler.
Melvyn wollte davon nichts wissen. Er spürte den Zorn und die Traurigkeit seines Gefährten, doch Wolkentaucher fügte sich und stürzte mit angelegten Flügeln dem engen Hof entgegen.
Der Wolfself löste den Ledergürtel, der ihn mit dem Himmelssteig verband, jener Holzstange, die es ihm erlaubte, mit den Adlern zu fliegen.
Überall im Hof stiegen Rauchfontänen auf. Artaxas und alle Adler seiner Kampfgefährten kreisten jetzt über dem Jagdschloss, von dem Nossew ihnen erzählt hatte. Sie wagten es nicht, ihm zu folgen. Zu erdrückend war die Übermacht der Kobolde. Sie hatten darauf gehofft, die Besatzung zu überrumpeln, die Burg mit ihren Rauchtöpfen in erstickenden Qualm zu hüllen und Leylin zu befreien, während unter den Kobolden Panik um sich griff. Eine Landung mitten unter fünfhundert kampfbereiten Armbrustschützen hingegen war Selbstmord.
Melvyn war es egal, was mit ihm geschehen würde. Aber das Leben seiner Gefährten würde er nicht leichtfertig opfern.
Wolkentaucher spreizte die Flügel und fing den Sturzflug ab. Der dichte Rauch wirbelte in Spiralen über den Hof.
Melvyn sprang vom Himmelssteig. Er rollte sich ab, um dem Aufprall an Wucht zu nehmen. Ein Stich fuhr durch seine verletzte Schulter. Aus der Rolle heraus kam er auf die Beine. Rings herum richteten sich Armbrüste auf ihn. Er ignorierte sie, so wie Hauptmann Madrog ihn ignorierte. Der Kobold ging an ihm vorbei auf die Reihe der Lehnstühle zu.
Der Rauch hatte ein faseriges Tuch vor die Leichen der Fürstenfamilie gezogen. Madrog hob die Hand.
Melvyn ging neben dem Hauptmann in den Rauch. Er sah Shandral, der grässlich zugerichtet war. Dutzende Armbrustbolzen hatten seine Brust durchschlagen. Sein Gesicht war von Geschossen zerfetzt. Melvyn erkannte den Fürsten nur noch an seinem langen, goldblonden Haar. Neben ihm saß sein jüngerer Bruder zusammengesackt in seinem Lehnstuhl. Melvyn versuchte vergeblich, den erstickenden Rauch zur Seite zu wedeln. Leylins Kopf war ihr auf die Brust gesunken. Ihre Hände hatten sich in die Lehnen gekrallt. Doch er sah kein Blut auf ihrem weißen Kleid. Sie zitterte ... Sie lebte!
Melvyn ließ sein Schwert fallen, beugte sich vor und schloss sie in die Arme. »Leylin«, stammelte er immer wieder. »Leylin!«
Ihre Hände tasteten über seinen Nacken.
»Mein Geliebter?« Ihre Stimme klang zögerlich. Ein Schluchzen ließ ihren Leib erzittern.
»Lass mich die Fürstin sehen, Wolfself«, forderte eine harsche Stimme.
Noch ganz benommen vor Glück, seine Liebste unversehrt zu
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